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# taz.de -- Proteste in Irland nach Todesfall: Polizisten erschießen Nigerianer
> Der 27-Jährige war mit einem Messer bewaffnet, er starb auf dem Weg ins
> Krankenhaus. Seitdem gibt es in einigen irischen Städten Mahnwachen.
Bild: „Justice 4 George Nkencho“: Mahnwache in Dublin
Dublin taz | Wenn man schießen muss, so hat man gelernt, soll man auf die
größte Fläche schießen“, sagt Sheelagh Brady, eine ehemalige irische
Polizistin, die jetzt bei der Sicherheitsfirma SAR arbeitet. Und die größte
Fläche sei nun mal der Oberkörper. „Der Polizei wird beigebracht, zu
schießen, um die Gefahr abzuwenden, und nicht um zu töten“, sagte sie am
Wochenende.
Das Ergebnis ist aber oft dasselbe. So auch vorigen Mittwoch. Die letzte
Stunde des schwarzen Nigerianers George Nkencho, der als Kind mit seiner
Familie nach Irland gekommen war, ist mehr oder weniger vollständig von
Passanten mit Handys aufgezeichnet worden. Der 27-Jährige hatte um die
Mittagszeit in einem Supermarkt im Westen Dublins den Geschäftsführer
verprügelt, den Laden verlassen und ein Messer gezogen. Die herbeigerufene
Polizei verfolgte ihn langsam mit dem Auto.
Der offizielle Name der Polizei lautet „Garda Síochána na hÉireann“ – …
Hüter des Friedens von Irland. Es gibt sie seit 1922, als Irland nach dem
Unabhängigkeitskrieg zum Freistaat wurde. Die Polizei ist nahezu
unbewaffnet, nur 19 Prozent besitzen eine Dienstwaffe.
Die unbewaffneten Beamten riefen ihre bewaffneten Kollegen zu Hilfe.
Nkencho hatte inzwischen den Vorgarten des Hauses erreicht, in dem die
Großfamilie wohnt. Nachdem Taser und Pfefferspray keine Wirkung zeigten,
feuerte ein Polizist vor den Augen von Nkenchos Mutter fünf oder sechs
Schüsse ab. Zwei trafen Nkencho in den Arm, zwei in die Brust. Er starb auf
dem Weg ins Krankenhaus.
## „Wie konnten 15 Polizisten nicht einen Mann entwaffnen?“
Die Polizisten behaupteten, sie fürchteten, Nkencho würde sie mit dem
Messer angreifen oder eine Geisel nehmen, wenn sie ihn ins Haus entkommen
ließen. Wen hätte er als Geisel nehmen sollen? Seine Mutter? Emmanuel
Nkencho, der jüngere Bruder, fragt: „Warum konnten 15 Polizisten nicht
einen einzigen Mann entwaffnen?“ Sein Bruder sei ein herzensguter Mensch
gewesen, aber er litt seit einigen Jahren unter schweren psychischen
Problemen. „Er ging nicht viel raus, höchstens mal zum Laden. Mein Bruder
hat nie jemanden behelligt.“ Und er war nicht vorbestraft.
Seit der Erschießung Nkenchos gibt es in verschiedenen irischen Städten
Mahnwachen mit Plakaten, auf denen „Justice for George“ oder „Black Lives
Matter“ steht. Bisher ist alles mehr oder weniger friedlich geblieben.
„Nigerians in Diaspora“, eine Organisation des nigerianischen
Außenministeriums, bezeichnete die tödlichen Schüsse als „kaltschnäuzig u…
niederträchtig“. Aber sie rief auch dazu auf, Ruhe zu bewahren und die
offizielle Untersuchung abzuwarten.
3 Jan 2021
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Black Lives Matter
Polizei
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Black Lives Matter
Schwerpunkt Frankreich
Black Lives Matter
Irland
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