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# taz.de -- Rassistische Gewalt in Brasilien: Im Parkhaus totgeprügelt
> Am Donnerstag kam João Beto in Porto Alegre durch Wachmänner eines
> Supermarktes ums Leben. Die Tat hat eine hitzige Rassismus-Debatte
> ausgelöst.
Bild: Bei einer Anti-Rassismus-Demo in Sao Paulo am Tag nach dem Tod von João …
BERLIN taz | Mit voller Wucht schlagen die zwei Männer immer wieder auf den
Kopf von João Alberto Silveira Freitas. Auch als er schon am Boden liegt,
prügeln sie weiter auf ihn ein. Einer der Männer kniet sich auf seinen
Hals. Wenige Minuten später ist der 40-Jährige Schwarze, von allen nur João
Beto genannt, tot. Ein Handyvideo zeigt die Tat, die sich am Donnerstag in
der südbrasilianischen Hafenstadt Porto Alegre ereignete.
[1][Das Video] sorgt in Brasilien für Empörung und hat eine hitzige Debatte
über [2][Rassismus] ausgelöst. Die zwei weißen Sicherheitsmänner der
französischen Supermarktkette Carrefour wurden nach einem Streit zwischen
João Beto und einer Kassiererin gerufen. Beto war mit seiner Frau im
Supermarkt, um für das Abendessen einzukaufen. Die Wachmänner führten João
Beto in ein Parkhaus, wo sie die Prügelorgie starteten. Als João Betos Frau
ihrem Mann helfen wollte, wurde sie ebenfalls attackiert, wie sie in einem
Fernsehinterview berichtete.
Einer der Täter ist ein Militärpolizist außer Dienst, der nebenbei als
Wachmann im Supermarkt arbeitete. Die beiden Männer wurden verhaftet, die
Mordkommission ermittelt. Die leitende Polizistin in dem Fall erklärte
jedoch, dass es keine Anzeichen für eine rassistische Motivation gebe. Der
Vater des Opfers widerspricht in einem Interview mit der Tageszeitung Folha
de São Paulo: Sein Sohn sei Opfer von Rassismus geworden. Auch in sozialen
Medien sprachen viele Brasilianer*innen von einem „rassistischen Mord“ und
verglichen den Fall mit dem [3][Mord an George Floyd]. Der schwarze
US-Amerikaner wurde im Mai von Polizisten in Minneapolis getötet.
Carrefour verurteilte das Vorgehen der Wachleute und kündigte an, die
Zusammenarbeit mit der betreffenden Wachschutzfirma zu beenden. Es ist
jedoch nicht der erste Skandal in einem Laden des Unternehmens: Im August
machte der Fall eines Carrefour-Mitarbeiters die Runde, der in einer
Filiale starb. Die Leiche des Mannes wurde mit einem Sonnenschirm bedeckt
und der Supermarkt für mehrere Stunden offen gehalten. In sozialen Medien
berichteten zahlreiche User*innen zudem von Rassismuserfahrungen in
Carrefour-Filialen.
Besonders zynisch: Der gewaltsame Tod von João Beto ereignete sich einen
Tag vor dem Tag des Schwarzen Bewusstseins, einem Nationalfeiertag in
Brasilien, der an die brutale Sklavenzeit erinnern soll. In mehreren
Städten gingen wie jedes Jahr tausende Menschen auf die Straße, um gegen
Rassismus zu protestieren. Viele Aktivist*innen forderten Gerechtigkeit für
João Beto. In São Paulo stürmten Demonstrant*innen mehrere Filialen von
Carrefour, demolierten die Einrichtung und legten Brände.
[4][Präsident Jair Bolsonaro] meldete sich per Twitter zu Wort, erwähnte
die tödliche Prügelattacke jedoch nicht direkt und erklärte, Brasiliens
Probleme lägen „jenseits von Rassenfragen“. Zudem griff er antirassistische
Demonstrant*innen an und schrieb: [5][„Euer Ort ist auf dem Müll.“]
Vizepräsident Hamilton Mourão erklärte derweil, dass es keinen Rassismus in
Brasilien gebe.
Die Vorsitzende der Vereinten Schwarzenbewegung MNU, Iêda Leal, kritisierte
diese Aussagen scharf. „Wir befinden uns im Jahr 2020 und die Bevölkerung
leidet unter einem strukturellen Rassismus.“, sagte die Aktivistin der
Tageszeitung O Globo. „Solche Aussagen führen dazu, dass sich der Rassismus
in unserer Gesellschaft noch verstärkt.“
21 Nov 2020
## LINKS
[1] https://g1.globo.com/rs/rio-grande-do-sul/playlist/videos-homem-negro-morre…
[2] /Rassismus-und-Geotagging-in-Brasilien/!5257787
[3] /Politische-Gewalt-in-den-USA/!5710798
[4] /Proteste-gegen-Brasiliens-Praesidenten/!5687881
[5] https://twitter.com/jairbolsonaro/status/1329970666901282816
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Black Lives Matter
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Brasilien
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