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# taz.de -- Neues Sicherheitsgesetz in Frankreich: Demo fürs Polizistenbild
> Künftig sollen Franzosen Polizisten im Einsatz nicht mehr filmen dürfen.
> Journalistinnen und Journalisten sehen dadurch ihre Arbeit in Gefahr.
Bild: Demokratisches Rollen
Paris taz | Tausende Menschen haben am Wochenende in Frankreich gegen den
Passus eines neuen Gesetz demonstriert, das Filmaufnahmen von Polizistinnen
und Polizisten verbietet. Allein am Samstag gingen in Paris 22.000
Menschen, darunter zahlreiche Journalistinnen und Journalisten, auf die
Straße. Die Nationalversammlung hatte den Passus am Freitagabend in erster
Lesung verabschiedet. Es stellt das Filmen unter Strafe, wenn die Aufnahmen
die körperliche oder seelische Unversehrtheit von Beamten verletzen
könnten. Wer solche Bilder veröffentlicht, dem drohen nun ein Jahr
Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro.
Der Artikel zielt gegen all jene, die mit ihren Aufnahmen zeigen wollen,
wie die Polizei Gewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten einsetzt.
„Wir sind hier, um die Freiheit, zu sprechen und zu verteidigen“, sagte
Edwy Plenel von der investigativen Internetplattform Mediapart bei einer
Kundgebung in Paris. Sogar in der Regierungspartei La République en Marche
(LREM) sowie bei deren Koalitionspartner Modem regte sich Widerstand gegen
das Projekt. Die Modem-Abgeordnete Laurence Vichnievsky sah darin eine
„unverhältnismäßige Verletzung der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit“.
Der Abgeordnete der linken Partei La France Insoumise, Eric Coquerel, hatte
noch gewarnt: „Wenn dieses Gesetz durchkommt, erhält die Polizei das Recht,
zu verhindern, dass sie vor Ort gefilmt wird.“
Selbst der Appell der Menschenrechtsbeauftragten Claire Hédon hatte vor der
Abstimmung in der Nationalversammlung jedoch nichts gebracht: 146
Abgeordnete hatten für den Passus zu „globaler Sicherheit“ gestimmt, 24
dagegen. In letzter Minute hatte die Regierung dabei den Zusatz
hinzugefügt, dass die Informationsfreiheit durch den Text nicht
beeinträchtigt werde.
Die Regierung reagierte auf die Kritik, indem sie LREM-Fraktionschef
Christophe Castaner vorschickte. [1][Der schrieb in einem Beitrag für die
Zeitung Journal du Dimanche:] „Zu einem Zeitpunkt, wo man für eine
Zeichnung sterben kann, wollen wir euch, liebe Journalisten, sagen, dass
wir weiter eure Freiheit verteidigen, zu schreiben und uns aufs Korn zu
nehmen.“
Gewalt gegen Demonstrierende wurde vor zwei Jahren bei den Kundgebungen der
„Gelbwesten“ besonders deutlich: Damals verloren mehr als 20 Menschen ein
Auge durch Hartgummigeschosse der Polizei. Zahlreiche Fotos und Videos
zeigten die Polizeigewalt, die sich auch gegen Unbeteiligte richtete.
## Innenminister gießt Öl ins Feuer
Kritik an dem Gesetz kam auch vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen.
Der Chefredakteur der Zeitung Le Monde, Jérôme Fenoglio, [2][schrieb
außerdem in einem Leitartikel]: „Die von Emmanuel Macron berufenen
Regierungen und der Präsident selbst haben größte Schwierigkeiten, die
Informationsfreiheit zu respektieren.“
Die Äußerungen von Ex-Inneminister Castaner stehen im Gegensatz zu denen
seines Nachfolgers Gérald Darmanin. Er hatte Artikel 24 vorangetrieben. Der
politische Ziehsohn von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hatte sogar noch
gefordert, dass sich Journalistinnen und Journalisten vor der
Berichterstattung über Demonstrationen bei den zuständigen Präfekten
akkreditieren sollten. Mehr als 40 Medien reagierten darauf und schrieben:
„Es braucht keine Akkreditierung, um unseren Beruf frei im öffentlichen
Raum auszuüben.“
22 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.lejdd.fr/Politique/tribune-la-lettre-damour-de-christophe-casta…
[2] https://www.lemonde.fr/idees/article/2020/11/20/respecter-la-liberte-d-info…
## AUTOREN
Christine Longin
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Protest
Polizeigewalt
Paris
Sicherheitsgesetz
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