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# taz.de -- Rechte in Italien: Salvini im Auftrieb
> Regierungschef Conte hat mit seiner Corona-Politik an Beliebtheit
> gewonnen. Doch das rechte Bündnis trumpft.
Bild: Ihres Sieges so gut wie sicher: Italiens rechte Politiker bei der Kundgeb…
„Heute steht auf diesem Platz die Mannschaft, die Italien in den kommenden
Jahren regieren wird.“ Matteo Salvini gab sich am Samstag bei der
[1][Kundgebung der italienischen Rechten] in Rom sicher. Die Tage der
Regierung unter Ministerpräsident Giuseppe Conte sind gezählt, lange vor
dem regulären Ende der Legislaturperiode im Jahr 2023.
Und dann werden die Rechtsparteien unter der Führung von Salvinis stramm
rechtspopulistischer und ausländerfeindlicher Lega das Ruder übernehmen.
Ganz genauso sieht das seine Verbündete und Rivalin im Rechtslager,
[2][Giorgia Meloni], die Anführerin der postfaschistischen Fratelli
d’Italia (FdI) – „Brüder Italiens“. „Wir sind das Volk!“, rief sie…
gelte es, Italien von einer Honecker- oder Maduro-Diktatur zu befreien.
Schaut man bloß auf die Popularitätswerte des Regierungschefs Conte, dann
scheint die Hoffnung der Salvini-Meloni-Rechten, sie werde bald das Ruder
in Rom übernehmen, einigermaßen aberwitzig. Eine Mehrheit der italienischen
Bürger*innen billigt ihrem Ministerpräsidenten zu, in der Covid-Krise einen
guten Job gemacht zu haben, in einer Krise, die Italien früher und härter
als andere europäische Länder erwischt hatte.
Und doch ist der Optimismus der Rechten nicht auf Sand gebaut, denn sie hat
einen wichtigen, wenn auch [3][unfreiwilligen Alliierten: die
Regierungsparteien]. Erst im August 2019 hatten das Movimento 5 Stelle (M5S
– 5-Sterne-Bewegung) und die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) zu
einer Koalition gefunden, nachdem der damalige Innenminister Salvini die
Koalition M5S-Lega hatte platzen lassen, um schnelle Neuwahlen zu erreichen
und nach der ganzen Macht zu greifen.
## M5S und PD sollten strategisch kooperieren
Salvini war damals so sicher, dass nur Neuwahlen die Lösung sein könnten,
weil Fünf Sterne und PD einander in tiefem Hass verbunden waren. Doch
angesichts der Aussicht, die Lega könne die Geschicke Italiens lenken,
vergaßen M5S und PD ihren Hass und hoben ihre Koalition unter Conte aus der
Taufe. Dass die allerdings ein reines Negativbündnis war, war ihrem Wirken
immer wieder anzusehen: Jede Entscheidung wurde zum endlosen, oft
ergebnislosen Gezerre unter den Partnern.
Dann kam Covid – und fast über Nacht veränderte sich das Klima in der
Koalition. Ob der Lockdown, ob die schnell verabschiedeten Notstandshilfen
für Arbeitnehmer*innen, für Selbstständige, für Unternehmen: PD und M5S
zogen ohne große Reibungsverluste an einem Strang. Dieses neue Klima gefiel
im Land. Nicht nur Conte, auch die gesamte Regierung war populärer denn je
und konnte sich in ihrem Krisenmanagement auf breiten Konsens in der
Bevölkerung stützen.
Schon damals allerdings fiel auf, dass dieser Zuspruch wenig an den
parteipolitischen Präferenzen der Italiener*innen änderte: Die Rechte blieb
in allen Umfragen unverändert stark. Zwar gibt Salvinis Lega Monat für
Monat Punkte ab, liegt nur noch bei 25% statt der bei den Europawahlen 2019
erreichten 34%. Doch dieser Abstieg kam nicht dem Regierungslager zugute,
sondern Salvinis Bündnispartnerin Meloni, deren Postfaschisten auf nunmehr
15% aufgestiegen sind.
Würde heute gewählt, so würde die Rechte siegen. Die regierende Koalition
hat dagegen bloß zwei Gegenmittel: gute Arbeit liefern und zugleich ein
strategisches Bündnis zwischen M5S und PD zu zimmern. Doch von beidem ist
sie weit entfernt. Da ist zum einen die Tatsache, dass viele der
Krisenhilfen immer noch nicht bei den Bürger*innen angekommen sind.
Schwerer wiegt, dass sich die Regierung schwertut, konkrete Linien für ihr
Wiederaufbauprogramm zu definieren.
All dies ist Wasser auf die Mühlen Salvinis und Melonis. Schon im September
haben sie beste Chancen, der Regierungskoalition einen schweren Schlag zu
versetzen. Dann wählen sieben der 20 Regionen Italiens, und die
Regierungsparteien haben schon deshalb keine guten Karten, weil sie fast
überall nicht, wie die Rechte in einer Allianz, sondern als Rivalen
antreten werden. In Rom dagegen sind sie zu ihrer Routine aus
Vor-Covid-Zeiten, zur wechselseitigen Blockade, zum tiefen gegenseitigen
Misstrauen zurückgekehrt. Salvini hat allen Grund, optimistisch zu sein.
5 Jul 2020
## LINKS
[1] /Rechte-Demonstration-in-Rom/!5698178
[2] /Giorgia-Meloni-von-Fratelli-dItalia/!5486403
[3] /Regierungsbildung-in-Italien/!5620786
## AUTOREN
Michael Braun
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