# taz.de -- Wirtschaft nach Corona: Schnell viel grünes Geld | |
> Der Thinktank „Agora Energiewende“ schlägt vor: 100 Milliarden für | |
> effiziente Industrie, mehr Erneuerbare und EU-Projekte. | |
Bild: Davon bräuchte es für eine grüne Wende mehr | |
BERLIN taz | Schnell, dick und grün – so soll nach den Vorstellungen des | |
Thinktanks „Agora Energiewende“ die [1][Wiederbelebung der deutschen | |
Wirtschaft nach der Coronakrise] aussehen. Mit einem Paket von 100 | |
Milliarden Euro wollen die ExpertInnen die Energieversorgung, die | |
Industrie, den Verkehr, die Gebäude und die Infrastruktur auf grünen | |
Wachstumskurs bringen und aus der Corona-Rezession auf den Weg zur | |
geplanten Klimaneutralität einschwenken. Das Konzept „Der doppelte Booster“ | |
ist ausdrücklich als „Impulspapier“ konzipiert und offen für weitere | |
Vorschläge, es liegt der taz vor. | |
Mit den detaillierten Vorschlägen greift die Agora früh in die Debatte ein, | |
wie die vielen Milliarden, die derzeit für den [2][Wiederaufbau] | |
bereitgestellt werden, überhaupt ausgegeben werden sollen. Gleichzeitig | |
sollen so die schlimmsten Auswirkungen der kommenden Rezession gemildert | |
werden, die das Frühjahrsgutachten der Bundesregierung gerade vorhergesagt | |
hat. | |
Und das Konzept will auch die Fehler der Vergangenheit vermeiden, wenn im | |
nächsten Jahr das Wachstum wieder anspringen sollte. Für Agora-Chef Patrik | |
Graichen ist klar: „Wir müssen so investieren, dass wir die | |
Klimaneutralität 2050 im Blick behalten. Nur so vermeiden wir | |
Fehlinvestitionen, die die nächste Wirtschaftskrise auslösen könnten.“ | |
Im Einzelnen sollen die Maßnahmen umfassend sein, schnell umsetzbar, und | |
das Kapital müsse frisch sein und nicht durch höhere Steuern oder | |
Subventionsabbau gegenfinanziert werden. So solle der Staat 22 Milliarden | |
einsetzen, um den Strompreis für Haushalte um 20 und für die Industrie um | |
25 Prozent zu senken, die EEG-Umlage solle um 5 Cent pro Kilowattstunde | |
sinken. Der erhoffte Effekt: mehr Geld für Konsum und Investitionen, mehr | |
Anreiz für den Umstieg auf stromintensiven Verkehr und Heizungen. | |
## Geld für grüne Technik | |
15 Milliarden sollten nach den Agora-Vorstellungen in grüne | |
Industrieanlagen fließen: Effizientere Anlagen wie CO2-arme Hochöfen, | |
ökologisch produzierter Wasserstoff und eine neue grüne Stahlindustrie | |
könnten bis zu 50 Prozent subventioniert werden. In die Bauwirtschaft solle | |
der Staat weitere 20 Milliarden Euro pumpen: eine hohe Abwrackprämie soll | |
Ölheizungen gegen elektrische Wärmepumpen austauschen. Die Hilfen sollen | |
auch die Sanierung von Bundesgebäuden voranbringen und Gebäudesanierung im | |
großen Maßstab seriell möglich machen. | |
Für den [3][Verkehrsbereich] sind ebenfalls 15 Milliarden eingeplant. | |
Genaue Vorstellung wird die Agora Verkehrswende Mitte April präsentieren. | |
Deren Chef Christian Hochfeld sagt aber bereits, das Kapital solle vor | |
allem in Projekte fließen, die etwa Busse und Handwerksfahrzeuge | |
modernisieren, öffentliche und private Pkw-Flotten umrüsten oder die | |
E-Mobilität im ländlichen Raum unterstützen. „Hier könnte staatliches Geld | |
schnell wirksame Impulse für wirtschaftliche Wiederbelebung und | |
Verkehrswende setzen“, so Hochfeld. | |
Weitere 13 Milliarden Euro sieht Agora Verkehrswende für Investitionen in | |
die Erneuerbaren vor. Beim Solarstrom müsste dafür der umstrittene | |
Förderdeckel verschwinden und Anlagen auf Freiflächen gefördert werden; | |
beim Wind sieht das Konzept Chancen für den forcierten Ausbau durch weniger | |
Abstand zu Funkanlagen, bei der Verlängerung der Lebensdauer auf 30 Jahre | |
oder beim Ersatz bestehender Anlagen durch neue, leistungsfähigere. Geld | |
soll auch in neue intelligente Netze fließen, in die Fortbildung der | |
Angestellten, Hilfen für Stadtwerke und in einen Eigenkapitalfonds, aus dem | |
sich Start-ups bedienen können. | |
Schließlich soll Deutschland nach diesen Vorstellungen auch auf EU-Ebene | |
groß einsteigen. Der [4][Green Deal] der EU-Kommission brauche neue Regeln | |
für die Beihilfen und mit 15 Milliarden solle Deutschland gemeinsame | |
europäische Projekte vorantreiben: Etwa den Aufbau von Batterieproduktion, | |
eine neue Solarindustrie, grünen Wasserstoff und Stahl oder Ladestationen | |
für E-Autos. Es gehe darum, nach den Sofortmaßnahmen ein Paket zu schnüren, | |
das „auf einen Pfad mit einer Richtung bringt: Zukunftsfähigkeit“, heißt | |
es. | |
9 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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