# taz.de -- Linke-Politikerin über Leopoldina-Papier: „Wir stehen vor einem … | |
> Doris Achelwilm, Bundestagsabgeordnete der Linken, kritisiert das | |
> Leopoldina-Papier: Die spezielle Perspektive von Frauen bleibe | |
> unberücksichtigt. | |
Bild: Wieder nicht bedacht: schlecht bezahlte Krankenschwester in der Intensivp… | |
taz: Frau Achelwilm, Sie kritisieren, das Gremium der Leopoldina, das die | |
Stellungnahme zum Umgang mit Corona verfasst hat, bestehe aus 24 Männern | |
und 2 Frauen. Kommt es nicht eher auf Fachkompetenz an als auf das | |
Geschlecht? | |
Doris Achelwilm: Das ist kein Gegensatz. Diese Krise betrifft alle – und | |
Frauen an vorderster Front. Im Papier der [1][Leopoldina] schlägt sich das | |
aber weder zahlenmäßig noch inhaltlich nieder. Fragen, die viele Frauen | |
anders aufgegriffen hätten, bleiben außen vor. | |
Mundschutz oder nicht hat nichts mit Geschlecht zu tun. | |
Das kommt darauf an. Der Schulbetrieb soll laut Empfehlung mit großem | |
Abstand der Kinder und Mundschutz wieder aufgenommen werden. Wie soll das | |
in Grundschulen funktionieren? Das zu fragen, hätte ein diverser | |
aufgestelltes Gremium besser gekonnt. In diesem Bereich ist die | |
Expertinnenschaft eher weiblich. Auch eine pädagogische Perspektive hätte | |
geholfen. | |
Ist es aus Frauenperspektive nicht sinnvoll, die Grundschulen wieder zu | |
öffnen? | |
Sofern es funktioniert. Wir brauchen aber auch eine Debatte, wer bis dahin | |
die zusätzlichen Aufgaben zu Hause übernimmt – das hätte das Papier doch | |
auch mal behandeln können. Genau wie die Situation von Pflegekräften. | |
Beides betrifft weit überwiegend Frauen, aber beides fehlt. Dieses Papier | |
ist ein Signal dafür, dass wir gleichstellungspolitisch vor einem Backlash | |
stehen. Dabei müssten wir die Krise nutzen, um für die Zukunft besser | |
gewappnet zu sein. | |
Was heißt das? | |
Frauenpolitik ist kein Beiwerk, sondern betrifft mindestens die Hälfte der | |
Gesellschaft. Wir müssen auch vor diesem Hintergrund das Kurzarbeitergeld | |
erhöhen. Frauen werden durchschnittlich schlechter bezahlt. Für viele wird | |
Kurzarbeit Armut bedeuten. Der [2][Gender Pay Gap] wird sich durch Corona | |
vergrößern. Den zu „systemrelevant“ erklärten Verkäuferinnen sollte nic… | |
nur Applaus geklatscht werden, sondern wir brauchen bessere Lohnstrukturen | |
und höhere Tarifbindungen. | |
Das Wort „Frauen“ kommt im gesamten Papier genau einmal vor. Häusliche | |
Gewalt wird gerade mal erwähnt. Welche Themen fehlen noch? | |
Eine geschlechtersensible Gesundheitspolitik, geflüchtete Frauen und der | |
Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zum Beispiel. Frauen müssen jetzt in | |
Krisenstäben und an zentralen Entscheidungen paritätisch beteiligt werden, | |
um bei all diesen Themen fortschrittliche Weichen zu stellen. | |
Ungleichheiten, speziell zulasten von Frauen, müssen sichtbar werden. Das | |
ist keine Frage, die wir in ferner Zukunft nachsteuern können. Das muss | |
jetzt passieren. | |
Sehen Sie dafür Chancen? | |
Wir fordern das ein. Nur weil manche meinen, auf Geschlechterverhältnisse | |
komme es jetzt nicht an, kann es nicht sein, dass Frauen als Verliererinnen | |
aus der Krise hervorgehen. | |
15 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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