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# taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Unspektakulärer Durchbruch
> Auf dem Berlin-Gipfel wurde ein Weg hin zum Frieden in Libyen skizziert.
> Man versprach sich einander, die militärische Unterstützung zu beenden.
Bild: Ein Kämpfer auf Seiten der Regierung in Tripolis an der Front gegen die …
Berlin taz | Nach neun Monaten Krieg um Tripolis haben sich die Staats- und
Regierungschefs von zwölf Ländern und Vertreter mehrerer internationaler
Organisationen auf die Eindämmung des Konflikts in Libyen geeinigt. Die
Teilnehmer des internationalen Libyen-Gipfels im Berliner Kanzleramt
vereinbarten am Sonntag unter anderem die zukünftige Einhaltung des
UN-Waffenembargos gegen das Land, ein Ende der ausländischen Einmischung
sowie konkrete Schritte hin zu einem dauerhaften Waffenstillstand.
Gastgeberin Angela Merkel und Bundesaußenminister Heiko Maas stellten nach
dem dreistündigen Treffen einen Katalog von 55 sogenannten
Schlussfolgerungen vor, die von Experten seit September letzten Jahres
erarbeitet worden waren. „Wir können feststellen, dass sich alle einig
sind, das Waffenembargo respektieren zu wollen“, sagte Bundeskanzlerin
Merkel mit zufriedener Miene vor den zahlreichen aus dem Ausland
angereisten Journalisten.
So unspektakulär, wie sie zusammen mit UN-Generalsekretär António Guterres
und dem Chef der UN-Libyen-Mission, Ghassan Salamé, die Ergebnisse
aufzählte, war auch die Konferenz verlaufen. Dabei standen bei dem
Fototermin des Gipfels die internationalen Unterstützer der libyschen
Kriegsparteien nebeneinander, die nach UN-Angaben allein während des Kriegs
um Tripolis seit April für 150.000 Flüchtlinge und mehr als 1.000 Tote
verantwortlich sind.
Auch eingeladen – aber für die Öffentlichkeit unsichtbar – blieben die
libyschen Widersacher, General Chalifa Haftar und Premierminister Fajis
al-Sarradsch. Die Autokolonne des 76-jährigen Kommandeurs der sogenannten
Libyschen Nationalarmee (LNA) war schon lange wieder in das weiträumig
abgesperrte Hotel zurückgekehrt, als Premierminister Sarradsch seinen
derzeitigen Hauptförderer im Kanzleramt traf, den türkischen Präsidenten
Recep Tayyip Erdoğan.
## Symbolischer Sieg für die Kanzlerin
Ein Treffen mit Haftar hätte Sarradsch heftige Kritik von den ihn
schützenden Tripolis-Milizen eingebracht. Erdoğan hatte dagegen keine
Berührungsängste mit dem in Libyen auf Haftars Seite stehenden russischen
Präsident Wladimir Putin. Beide hatten eine Woche zuvor [1][vergeblich
versucht], Haftar und Sarradsch in Moskau zur Unterzeichnung eines
Waffenstillstandes zu bewegen.
Haftar unterschrieb nicht, stoppte im Anschluss aber immerhin seinen
Angriff auf die Hauptstadt und gönnte der deutschen Kanzlerin nun einen
symbolischen Sieg. Unklar bleibt, zu welchem Preis dieser erkauft wurde.
Haftar jedenfalls unterschrieb auch in Berlin keine Waffenruhe.
Doch immerhin benannte er erstmals fünf Namen für ein Militärkomitee, das
aus Offizieren beider Lager bestehen wird und ab nächster Woche unter
Leitung der UN vertrauensbildende Maßnahmen erörtern soll.
## Wirtschaftsreformen und eine Neuwahl
UN-Generalsekretär António Guterres dürfte das Gipfelresultat am meisten
Kopfschmerzen bereiten. Seine mit einem schwachen Mandat ausgestattete
UN-Mission für Libyen, UNSMIL, ist nun für die Umsetzung des beschlossenen
politischen Prozesses verantwortlich: Er muss das libysche Parlament, den
Staatsrat und die Regierung für Wirtschaftsreformen, eine Neuwahl und die
Einhaltung der Gesetze motivieren. Milizen sollen aufgelöst und
ausländische Söldner ausgewiesen werden.
Unter den 55 in Berlin beschlossenen Punkten ist neben der Einhaltung des
Waffenembargos auch der Erhalt der Einheit Libyens und die Zusammenlegung
der beiden getrennten Zentralbanken und staatlichen Ölgesellschaften.
Sanktionen gegen den Bruch des Abkommens können erst erfolgen, wenn der
UN-Sicherheitsrat das Berliner Papier bestätigt.
Außenminister Maas bot an, dass der innerlibysche Dialog mit einem Treffen
in Berlin fortgesetzt werden könne; er wirkte wegen der butterweichen
Abschlussformulierungen ähnlich nüchtern wie die Kanzlerin: „Wir haben uns
heute den Schlüssel besorgt, mit dem wir den Libyen-Konflikt lösen können.
Jetzt geht es darum, diesen auch ins Schloss zu stecken und umzudrehen.“
20 Jan 2020
## LINKS
[1] /Krieg-in-Libyen/!5652490
## AUTOREN
Mirco Keilberth
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Diplomatie
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