| # taz.de -- Krieg in Libyen: Die Stunde der Vereinfacher | |
| > Der Konflikt in Libyen ist kompliziert. Ihn auf Erdöl-Interessen zu | |
| > reduzieren ist zwar verführerisch, aber Unsinn. | |
| Bild: „Kein Blut für Öl“ ist nun mal eine bessere Parole als „Die Lage … | |
| Der [1][Konflikt in Libyen] ist so kompliziert, dass selbst versierte | |
| Expert*innen Schwierigkeiten haben, zu erklären, wer der vielen | |
| nationalen und internationalen Akteure eigentlich warum gegen wen kämpft. | |
| Jedem Artikel und jeder Fernsehsendung müsste ein großes Schaubild | |
| beigefügt werden, um dem Inhalt halbwegs folgen zu können. | |
| Doch dann kommt Sevim Dağdelen von der Linkspartei und erklärt in der | |
| ARD-Talkshow „Anne Will“: Keine Sorge, liebe Menschen dort draußen, es ist | |
| im Grunde alles ganz einfach, denn der Kapitalismus ist schuld. Der | |
| Libyen-Konflikt sei ein „Stellvertreterkrieg der Ölkonzerne“, namentlich | |
| zwischen dem italienischem Unternehmen Eni und dem französischen Rivalen | |
| Total. Deshalb müssten sie raus aus Libyen. Problem gelöst. | |
| Natürlich würde niemand bei klarem Verstand bestreiten, dass | |
| [2][Ölinteressen in Libyen] eine durchaus erhebliche Rolle spielen. | |
| Frankreich strebt mehr Zugriff auf libysche Erdöllieferungen an, Italien | |
| will seinen bisherigen Marktanteil verteidigen. Auch für die libyschen | |
| Konfliktparteien ist der Zugang zum Öl – und damit zu Geld und Macht – von | |
| Bedeutung. Wenn es aber nur darum ginge, wäre dieser Bürgerkrieg mit | |
| internationaler Beteiligung tatsächlich zügig lösbar. | |
| Dağdelen konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich mit einer schlichten | |
| Formel in dieser unübersichtlichen Gemengelage in Szene zu setzen. Dabei | |
| dürfte auch ihr klar sein, dass in Libyen eine Reihe von Gründen | |
| gleichrangig nebeneinanderstehen. Für Europa etwa ist die Migrationsfrage | |
| viel wichtiger als Erdöl. Alle Flüchtlingsboote starten in der Küstenregion | |
| von Tripolis. Vor allem deshalb hat man die – keineswegs gewählte – | |
| Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch als Verhandlungspartner | |
| anerkannt. | |
| ## Rechtsfreier Raum für Terrorgruppen | |
| Dabei geht es nicht allein um die Flüchtenden aus Afrika südlich der | |
| Sahara. Inzwischen fürchtet die EU auch, dass die Libyer*innen selbst | |
| sich bei einer Eskalation der Kämpfe massenhaft auf den Weg nach Europa | |
| machen könnten. [3][Andere Akteure] mischen sich ein, weil Südlibyen | |
| islamistischen Terrorgruppen einen rechtsfreien und lukrativen Raum bietet. | |
| Oder weil sie außenpolitische Machtinteressen in der Region verfolgen. | |
| Eine Krise ist immer die Stunde der Vereinfacher. „Kein Blut für Öl“ ist | |
| nun mal eine bessere Parole als: „Die Lage ist kompliziert.“ | |
| 21 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
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