| # taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: 55 Knackpunkte | |
| > Putin, Erdoğan und Co. wollen sich auf einen 55-Punkte-Plan einigen. Erst | |
| > dann sollen die angereisten Widersacher dazugeholt werden. | |
| Bild: Wer steht bei wem? Merkel und die für die Konferenz angereisten Politike… | |
| Berlin taz | Zwei Männer fehlen, als sich die TeilnehmerInnen des | |
| Libyen-Gipfels am Sonntag um kurz vor 15 Uhr der internationalen Presse | |
| vorstellen. Die beiden libyschen Widersacher – General Chalifa Haftar und | |
| Premierminister Fajis al-Sarradsch – sind zwar in die deutsche Hauptstadt | |
| gekommen; ihre Rolle auf der Berliner Konferenz ist aber unklar. | |
| Zu weiteren für den Nachmittag angesetzten Gesprächen sollten sie erst | |
| geladen werden, nachdem sich die Vertreter von EU, UN, der Afrikanischen | |
| Union sowie zahlreiche Staats- und Regierungschefs auf einen vorliegenden | |
| Entwurf eines 55-Punkte-Plans zur Beilegung des [1][Konfliktes in Libyen] | |
| geeinigt haben. | |
| Neben den Anführern der beiden libyschen Kriegsparteien reisten der | |
| russische Präsident Wladimir Putin, der türkische Präsident Recep Tayyip | |
| Erdoğan, Ägyptens Staatschef Abdelfattah al-Sisi, Frankreichs Präsident | |
| Emmanuel Macron, der italienische Premier Guiseppe Conte sowie sein | |
| britischer Amtskollege Boris Johnson und US-Außenminister Mike Pompeo nach | |
| Berlin. Auch die Arabischen Emirate, Algerien, China und die Republik Kongo | |
| sind vertreten. | |
| Die am späten Nachmittag erwartete gemeinsame Gipfelerklärung dürfte dem | |
| ebenfalls anwesenden UN-Generalsekretär António Guterres Kopfschmerzen | |
| bereiten. Wenn die hochkarätigen Teilnehmer aus Berlin wieder abgereist | |
| sind, wird es die UN-Mission in Libyen (UNSMIL) sein, die für die Umsetzung | |
| der Beschlüsse verantwortlich ist. | |
| ## Vorherige Fehler vermeiden | |
| Von deutschen Diplomaten war im Vorfeld zu hören, dass man die Fehler der | |
| vorherigen Libyentreffen in Paris und Palermo nicht wiederholen wolle. Dort | |
| waren Chalifa Haftar, der Kommandeur der sogenannten Libyschen | |
| Nationalarmee (LNA), sowie Libyens Premierminister Fajis al-Sarradsch zwar | |
| zu fototauglichen Absichtstreffen erschienen. Zurück in Libyen setzten sie | |
| die gemachten Zugeständnisse aber nicht um. | |
| Die Berliner Erklärung soll die umfangreichsten Beschlüsse seit dem | |
| Friedensabkommen von Shkirat 2015 beinhalten. Unter den auf fünf Vortreffen | |
| auf Expertenebene vorbereiteten 55 Punkten ist eine ausdrückliche Würdigung | |
| des türkisch-russischen Versuchs, einen Waffenstillstand in Libyen zu | |
| etablieren. Haftar hatte bei einem [2][Treffen in Moskau vor fünf Tagen] | |
| die zweiseitige Waffenstillstandserklärung nicht unterschrieben, seine | |
| Offensive auf die libysche Hauptstadt Tripolis aber trotzdem eingestellt. | |
| ## Nächster Schritt: Libysch-libysche Gespräche | |
| Die deutschen Diplomaten legen den Konferenzteilnehmern ein Dokument zur | |
| Unterzeichnung vor, in dem „alle betroffenen Parteien aufgefordert werden, | |
| ihre Anstrengungen zu verdoppeln, eine Deeskalation und einen dauerhaften | |
| Waffenstillstand zu erreichen.“ | |
| Gefordert werden der Abzug von schwerer Artillerie und Kampfflugzeugen von | |
| den Frontlinien. Ein Gefangenenaustausch soll als vertrauensbildende | |
| Maßnahme dienen. Unklar bleibt bislang, wie die ebenfalls erwähnte | |
| Entwaffnung und Auflösung der Milizen umgesetzt und überwacht werden soll. | |
| Die mehrseitige Forderungsliste soll im nächsten Schritt im Rahmen einer | |
| libysch-libyschen Konferenz in Libyen erörtert werden. | |
| Während die Staatschefs am Samstag und Sonntag in Autokonvois durch das von | |
| 4.600 Polizisten gesicherte Berlin fuhren, fuhr UNSMIL-Chef Ghassan Salamé | |
| mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Flughafen Tegel in sein Hotel. | |
| Dort äußerte sich der libanesische Diplomat vorsichtig optimistisch zur | |
| geplanten Gipfelerklärung. Er bestätigte außerdem Medienberichte, nach | |
| denen die Türkei syrische Freiwillige zur Unterstützung der | |
| Einheitsregierung von Sarradsch geschickt hat. In einem Interview mit der | |
| Zeitung Al-Sharq al-Awsat hatte Salamé zuvor gefordert, dass alle | |
| ausländischen Kämpfer entsprechend einem von UNSMIL ausgearbeiteten | |
| Sicherheitsplan Libyen verlassen sollen. | |
| ## Demos vor dem Reichstag | |
| Zu Beginn der Konferenz im Berliner Kanzleramt demonstrierten am | |
| Sonntagnachmittag kleine Gruppen von Libyern auf dem nahegelegenen Platz | |
| der Republik vor dem Reichstagsgebäude. Eine Gruppe um den ehemaligen | |
| libyschen Botschafter in Berlin, Ali Masednah al-Kothany, forderte von den | |
| Konferenzteilnehmern, Haftars LNA zu unterstützen. Eine andere Gruppe | |
| forderte die Untersuchung von Kriegsverbrechen der von Haftar befehligten | |
| Armee. | |
| Die beiden Kontrahenten Sarradsch und Haftar werden in Berlin wohl nicht | |
| direkt aufeinandertreffen und auch die Gipfelerklärung nicht | |
| unterschreiben. Es geht zunächst um eine Willensbekundung ihrer | |
| internationalen Unterstützer. | |
| Sarradsch forderte in einem Interview mit der Welt am Sonntag eine | |
| UN-Friedenstruppe für Libyen, sollte Haftar seine im April gestartete | |
| Offensive auf Tripolis fortsetzen. | |
| Haftars Anhänger blockieren seit Freitag die ostlibyschen Ölhäfen. Ein | |
| Sprecher einer mit Haftar verbündeten ostlibyschen Stammesallianz, Mohammed | |
| Drissi, sagte, man wolle die gerechte Verteilung des Öleinkommens und den | |
| Abzug der syrischen Kämpfer aus Tripolis erreichen. | |
| Die Aussage des deutschen Außenministers Heiko Maas vor den zahlreich | |
| angereisten Journalisten aus aller Welt vor Beginn der Konferenz klang denn | |
| auch fast wie eine Entschuldigung: „Die Konferenz kann nur ein erster | |
| Schritt auf dem Weg zum Frieden in Libyen sein.“ | |
| 19 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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