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# taz.de -- USA zu Israels Siedlungspolitik: Die Siedler und ihre Freunde
> Der US-Schritt, Israels Siedlungspolitik nicht mehr als illegal zu
> betrachten, stößt weltweit auf Kritik. Dahinter stehen Trumps
> Nahost-Hardliner.
Bild: Bibi unterwegs in der Westbank, 19.11.19
Kaum hatte US-Außenminister Mike Pompeo den Schritt verkündet, bedankte
sich sein Botschafter in Israel begeistert: Präsident Trump und Pompeo
hätten „wichtige Arbeit“ geleistet, die „den Friedensprozess voranbringe…
werde, twitterte David Friedman an seine Kollegen in Washington. Auch
Israels Premier Benjamin Netanjahu dankte der US-Regierung. Eine
„historische Fehlentscheidung“ sei endlich korrigiert worden.
[1][Was Pompeo zuvor verkündet] hatte, wäre vor wenigen Jahren noch
unvorstellbar gewesen. Die US-Regierung, erklärt er, sehe im israelischen
Siedlungsbau im palästinensischen Westjordanland keinen Verstoß gegen das
Völkerrecht. Der Siedlungsbau sei „nicht per se unvereinbar mit
internationalem Recht“.
Unter Palästinensern wie auch in Europa sorgte der Schritt für
Kopfschütteln und Entsetzen. Die Palästinenserführung in Ramallah warf
Israel vor, mit den Siedlungen palästinensisches Land zu stehlen und die
Bewegungsfreiheit der Palästinenser einzuschränken. Die USA trügen „die
volle Verantwortung für jegliche Auswirkungen dieses gefährlichen
Schritts“.
Auch Ägypten und Jordanien, die einzigen arabischen Länder, die mit Israel
Frieden geschlossen haben, verurteilten die Entscheidung scharf. Amnesty
International teilte mit: „Die US-Regierung hat der Welt angekündigt, dass
die USA und Israel über dem Recht stehen.“
## EU-Linie unverändert
Die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, stellte klar, dass Brüssel
dem Schritt der USA nicht folgen werde. „Die Position der Europäischen
Union zur israelischen Siedlungspolitik in den besetzten
Palästinensergebieten ist klar und bleibt unverändert: Alle
Siedlungsaktivitäten sind nach dem Völkerrecht illegal und unterhöhlen die
Tragfähigkeit der Zwei-Staaten-Lösung und die Perspektiven für einen
dauerhaften Frieden.“
Israel hatte das Westjordanland und Ostjerusalem im Sechstagekrieg 1967
erobert. Bis vor kurzem hatten die USA wie auch die EU eine politische
Lösung des Konflikts angestrebt, an deren Ende ein palästinensischer Staat
stehen sollte.
Während Brüssel weiter an der Zweistaatenlösung festhält, scheint sich die
US-Administration unter Trump vollends von ihr verabschiedet zu haben. Nach
und nach waren bereits Ausdrücke wie „zwei Staaten“ oder „Besatzung“ a…
dem US-Regierungssprech verschwunden.
Als eines der Haupthindernisse für einen Palästinenserstaat gilt die
israelische Siedlungspolitik. Seit Jahrzehnten siedelt Jerusalem eigene
Staatsbürger in dem besetzten Gebiet an. Heute leben mehr als 600.000
Siedler im Westjordanland und Ostjerusalem.
## Trumps Trio Infernale
Durch die Landnahme sowie damit einhergehenden Infrastrukturprojekten –
etwa Straßenbau, um die Siedlungen ans israelische Kernland anzubinden –
wird die palästinensische Bevölkerung zunehmend in dicht bevölkerte
Enklaven verdrängt.
Dies sehen neben der EU auch die UN als illegal an. 2016, in den letzten
Tagen der Obama-Ära, hatte der UN-Sicherheitsrat den sofortigen Stopp des
Siedlungsbaus gefordert und die Siedlungspolitik als „eklatanten Verstoß“
gegen das Völkerrecht bezeichnet. Die USA enthielten sich damals, legten
also kein Veto ein. Trotzdem baut Israel die Siedlungen seither stark aus.
Ermutigt sieht sich die Netanjahu-Regierung durch Trump. Während die USA
früher als Vermittler auftraten, hat Trump von Anfang keinen Zweifel
gelassen, auf wessen Seite er steht – was sich auch in seinem
Personaltableau zeigt: Als Architekten seiner Nahostpolitik gelten drei
Hardliner, die den Siedlern alles andere als kritisch gegenüberstehen:
Neben Botschafter Friedman sind dies Trumps Berater Jared Kushner sowie der
Nahostbeauftragte Jason Greenblatt, der Ende Oktober aus dem Amt schied.
## Großzügige Spenden
Diplomatische Erfahrung hatte Friedman nicht, als ihn Trump 2017 zum
Botschafter machte. Dafür aber war der Anwalt Präsident des Vereins
American Friends of Bet El Institutions, einer US-Fundraising-Organisation,
die nach Recherchen der israelischen Zeitung [2][Haaretz] Millionen
US-Dollar für Siedlungsprojekte einwarb.
In der Siedlung Bet El nahe Ramallah, für die auch Trump persönlich im Jahr
2003 10.000 US-Dollar gespendet hatte, ist Friedman ein großer Name; auf
zahlreichen Plaketten danken ihm die Siedler für seine großzügigen Spenden.
Friedman habe „klargemacht, dass er eine kleine Minderheit von israelischen
und amerikanischen Extremisten ansprechen und die Mehrheit der Israelis
ignorieren wird, die weiter Frieden anstreben“, [3][sagte] Daniel C.
Kurtzer, ehemals US-Botschafter in Israel, über seinen Nachfolger.
Als weniger radikal, aber nicht minder unterstützend gilt Jason Greenblatt.
„Ich habe nichts gefunden, was ich kritisieren könnte“, sagte er in einem
CNN-Interview über seine Nähe zur Regierung von Netanjahu, nachdem dieser
im September ankündigte, Teile des Westjordanlandes zu annektieren.
## Wenig überraschende Kehrtwende
Jared Kushner wiederum hat enge Verbindungen sowohl zur Siedlerbewegung
selbst wie auch zu Netanjahu persönlich. Über die Kushner-Familienstiftung
wurden jährlich mehrere Millionen US-Dollar an Projekte in den Siedlungen
gespendet.
Mit Netanjahu ist die Familie so eng verbunden, dass Kushner den heutigen
Ministerpräsidenten seit Kindheitstagen kennt (und einst sogar sein
Kinderzimmer räumte, um für den Übernachtungsgast Netanjahu Platz zu
machen, wie die [4][New York Times erfuhr]).
Vor diesem Hintergrund kommt die jüngste Kehrtwende der Trump-Regierung,
die eine Abkehr von mehreren Jahrzehnten US-Nahostpolitik bedeutet, wenig
überraschend. Sie folgt auf die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt
Israels, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem sowie die
Anerkennung der israelischen Annexion der Golanhöhen.
19 Nov 2019
## LINKS
[1] https://www.state.gov/secretary-michael-r-pompeo-remarks-to-the-press/
[2] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-fund-headed-by-trump-s-ambassa…
[3] https://www.nytimes.com/2016/12/16/world/middleeast/david-friedman-us-ambas…
[4] https://www.nytimes.com/2017/02/11/us/politics/jared-kushner-israel.html
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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