Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Plan für Nahost: Warten auf den „Jahrhundertdeal“
> Mit Spannung wird Trumps Plan für Israel und Palästina erwartet. Neben
> Netanjahu kommen auch die Siedlerführer nach Washington.
Bild: Netanjahu am Montag bei Trump. Dienstag will der US-Präsident seinen Nah…
Tel Aviv taz | So glücklich wie an der Seite des US-Präsidenten dürfte man
Israels Ministerpräsidenten lange nicht gesehen haben. Benjamin Netanjahu
ist von Korruptionsvorwürfen gebeutelt und bereits zum zweiten Mal an einer
Regierungsbildung gescheitert. Doch am Montag strahlte er bei seinem
Empfang im Weißen Haus aufgeregt wie ein kleiner Junge, der ein besonders
schönes Geschenk von seinem Onkel erwartet.
Am heutigen Dienstag soll der lang angekündigte Nahostplan enthüllt werden,
der für Frieden zwischen Israel und den Palästinenser*innen sorgen soll,
von Trump auch als „Deal des Jahrhunderts“ bezeichnet. „Wir werden
Geschichte schreiben“, sagte Netanjahu im Vorfeld des Treffens.
Neben Netanjahu traf sich Trump auch mit dessen Kontrahenten Benny Gantz
vom Bündnis Blau-Weiß bereits am Montag in Washington, um auch ihm den Plan
vorzustellen. Ein*e Vertreter*in von palästinensischer Seite war am Montag
nicht dabei und soll auch bei der für Dienstag angesetzten Präsentation
nicht anwesend sein.
[1][Ausgearbeitet wurde der Friedensplan] unter der Leitung von Jared
Kushner, dem leitenden Berater und Schwiegersohn von Trump. Das Weiße Haus
hatte den ersten, [2][ökonomischen Teil des Plans] bereits im Juni 2019
vorgestellt, dabei aber politische Details weitgehend ausgeklammert. Es
wird angenommen, dass der Deal der wohl einseitigste und proisraelischste
ist, der jemals von einer US-Regierung vorgelegt wurde.
Das Timing der Ankündigung kritisieren viele Israelis als erneutes
Wahlkampfgeschenk an Netanjahu und als Versuch, von [3][seinen
Korruptionsaffären] abzulenken. Die Regierungsbildung in Israel ist bereits
[4][zweimal gescheitert]. Neuwahlen sind für den 2. März angesetzt.
Die Enthüllung des Plans hat Trump ausgerechnet auf den Tag gelegt, an dem
ein Ausschuss des israelischen Parlaments über Netanjahus Immunitätsantrag
diskutieren wollte. Am Dienstagmorgen zog Netanjahu seinen Antrag auf
Immunität vor Strafverfolgung aber überraschend zurück. Er wolle das
„schmutzige Spiel“ beenden, schrieb er auf seiner Facebook-Seite.
Die Generalstaatsanwaltschaft reagierte sofort und reichte die
Anklageschrift gegen Netanjahu beim Bezirksgericht in Jerusalem ein, wie
das Justizministerium am Dienstag mitteilte.
## Gantz witterte eine Falle
Vor dem Treffen am Montag war lange unklar gewesen, ob Benny Gantz die
Einladung des US-Präsidenten annehmen würde. Das blau-weiße Bündnis hatte
eine Falle befürchtet – etwa dass Trump und Netanjahu den Rivalen Gantz als
drittes Rad am Wagen präsentieren würden.
Gantz hatte deshalb auf Einzelgespräche der beiden israelischen Kandidaten
mit Trump gepocht, um das zu vermeiden. Nach seinem Gespräch mit Trump am
Montag – getrennt von Netanjahu – sprach sich Gantz dann für den Nahostplan
aus. Der Plan sei ein „bedeutender und historischer Meilenstein“. Er würde
ihn als Ministerpräsident umsetzen, sagte Gantz und fügte hinzu, dass er in
Übereinkunft mit den Palästinenser*innen und Israels Nachbarstaaten
umgesetzt werden müsse.
An der für Dienstag angesetzten Pressekonferenz, auf der der Plan bekannt
gegeben werden soll, wird Gantz aber wohl nicht teilnehmen. Er wollte zu
dem Zeitpunkt bereits zurück in Israel sein, ursprünglich um an der
Beratung des Parlaments über Netanjahus Immunität teilnehmen zu können.
## Siedlerführer mit dabei
Netanjahu wird bei seinem Besuch in Washington von einer Gruppe von
Anführern der Siedlerbewegung begleitet – unter anderem von David Alhajani,
dem Vorsitzenden des Yescha-Rats, der Dachorganisation für die
Selbstverwaltung der Siedlungen im Westjordanland.
Die Siedlerführer hatten vorab ihre Unterstützung für den Plan verkündet,
zeigten sich aber am Dienstag kritisch, weil dieser Berichten zufolge die
Bildung eines palästinensischen Staats vorsieht. In einer Stellungnahme
Alhajanis hieß es am Dienstag, Vertreter der Siedler seien „sehr
beunruhigt“, nachdem sie in Washington Vertreter der USA getroffen hätten.
„Wir können keinem Plan zustimmen, der die Bildung eines palästinensischen
Staats beinhaltet, der eine Bedrohung des Staats Israel wäre und eine
größere Bedrohung in der Zukunft“, schrieb Alhajani. Er forderte von
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, jeglichen Plan abzulehnen, der die
Bildung eines palästinensischen Staats beinhaltet.
Inwieweit ein eigenständiger Staat der Palästinenser im US-Plan wirklich
vorgesehen ist, ist bislang allerdings unklar. Von der Zweistaatenlösung,
die seit Jahrzehnten als Grundlage für eine politische Lösung des
Nahostkonflikts dient, hatte sich die US-Administration unter Trump immer
weiter entfernt. Aktuellen Medienberichten zufolge soll aber von einer
begrenzten Autonomie der Palästinenser mit einer Art Roadmap hin zu
erweiterter Selbstbestimmung die Rede sein.
Yossi Dagan, der Vorsitzende des Regionalrats von Samaria im
Westjordanland, reiste unabhängig von Netanjahu und seiner Entourage nach
Washington. Der [5][rechte Hardliner] traf sich mit verschiedenen
US-Republikanern und Evangelikalen, um gegen die Möglichkeit eines
palästinensischen Staates als Folge des Friedensplans zu mobilisieren.
## Palästinenser*innen wollen Plan ablehnen
Die Palästinenser*innen haben bereits ihre Ablehnung des Plans angekündigt.
Die palästinensische Autonomiebehörde hat den Kontakt zur US-Regierung
abgebrochen, nachdem Trump im Dezember 2017 die US-Botschaft von Tel Aviv
nach Jerusalem verlegt und damit Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt
hat. Für die Palästinenser*innen, die Anspruch auf Ostjerusalem als
Hauptstadt eines zukünftigen palästinensischen Staates erheben, war dies
nicht hinnehmbar.
Die kanadisch-palästinensische Anwältin und frühere Rechtsberaterin des
Verhandlungsteams der palästinensischen Autonomiebehörde sagte gegenüber
der taz: „Der Plan ist kein Friedensplan, sondern die Erfüllung von
Netanjahus Wunschzettel. Es geht darum, die Besatzung neu zu verpacken.“
Für Mittwoch werden im Westjordanland an verschiedenen Checkpoints sowie im
Jordantal Proteste erwartet. Sowohl Netanjahu als auch Gantz haben in den
vergangenen Wochen immer wieder eine Annexion des Jordantals angekündigt.
Es wird davon ausgegangen, dass eine Annexion des Gebiets auch im
Friedensplan vorgesehen ist.
28 Jan 2020
## LINKS
[1] /Debatte-Israel-Palaestina/!5600090
[2] /Nahost-Konferenz-in-Bahrain/!5605057
[3] /Israels-Premier-vor-dem-Staatsanwalt/!5630799
[4] /Regierungsbildung-in-Israel-gescheitert/!5649430
[5] /Pressetrip-in-Israel-und-Palaestina/!5620199
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Donald Trump
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Palästina
Jared Kushner
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Palästinenser
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Jared Kushner
## ARTIKEL ZUM THEMA
Israelischer Diplomat über Nahostplan: „Es herrscht die reine Macht“
In Trumps Plan für Israel und Palästina sieht der Diplomat Ilan Baruch
einen Paradigmenwechsel. Er warnt vor einer Annexion palästinensischer
Gebiete.
Nahost-Friedensplan ohne Palästinenser: Falscher Handschlag
Den Palästinenser*innen wurde in Abwesenheit ein Staat ohne Kontrolle über
die Grenzen versprochen. Sie haben schon bessere Angebote abgelehnt.
Reaktionen auf US-Friedensplan: Palästinenser eindeutig dagegen
In der Ablehnung des Friedensplans von US-Präsident Trump sind sich alle
palästinensischen Fraktionen einig. Das kommt selten vor.
Trumps Plan für den Nahen Osten: „Tausendmal nein!“
Der US-Präsident und sein Schwiegersohn Jared Kushner preisen ihren
Nahostplan als „Deal des Jahrhunderts“. Die Palästinenser sehen das anders.
Trumps Nahost-Plan: Ostjerusalem als Hauptstadt?
US-Präsident Donald Trump hat seinen lange erwarteten Plan für Israel und
die palästinensischen Gebiete nun in Washington vorgestellt.
USA zu Israels Siedlungspolitik: Die Siedler und ihre Freunde
Der US-Schritt, Israels Siedlungspolitik nicht mehr als illegal zu
betrachten, stößt weltweit auf Kritik. Dahinter stehen Trumps
Nahost-Hardliner.
Nahost-Konferenz in Bahrain: Startschuss mit Dämpfer
Mit einer Investment-Konferenz wollen die USA den Grundstein legen für
Frieden in Nahost. Doch zwei Parteien fehlen: Israelis und Palästinenser.
Debatte Israel-Palästina: Trumps Schwiegersohn auf Irrwegen
Jared Kushner sieht in der Wirtschaftsförderung die Lösung für den
Nahost-Konflikt. Die politischen Knackpunkte ignoriert er.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.