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# taz.de -- Brandenburger Landtag: AfD stellt Vizepräsidenten
> Rechter Vize: Der Brandenburger Landtag hat mit Galau zum ersten Mal
> einen AfDler als Stellvertreter der Präsidentin Liedtke (SPD).
Bild: Als Protest gegen die AfD brachten linke Abgeordnete die Wolfsfigur von R…
Potsdam taz | 36 mal Ja sind es schließlich. 36 Zustimmungen, die einen
AfD-Abgeordneten zum Vizepräsidenten machen, zum ersten Mal im
Brandenburger Landtag. Überraschend sachlich geht diese historische Wahl
vor sich im nüchtern weißen, kastenartigen Plenarsaal, der in so starkem
Gegensatz zur historischen Schlosshülle des Parlaments steht. Es hat etwas
von: Geht nicht anders, steht der AfD eben rechtlich zu. 23 Sitze hat die
Partei selbst, 13 Jastimmen sind also von anderen Fraktionen gekommen.
Andreas Galau ist der Mann, den die AfD-Fraktion erfolgreich für das Amt
nominiert hat. Ob es für ihn reichen würde, war vor diesem Mittwochmorgen
offen gewesen. In der vergangenen Wahlperiode fiel der heute 51-Jährige
vier Mal durch, als er Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission
werden sollte – jenes Gremium, das den Verfassungsschutz kontrollieren
soll.
Als Grund galt, dass Galau, der auch mal Mitglied bei CDU und FDP war, von
1987 bis 1990 der Partei „Die Republikaner“ angehörte. Andererseits war
Galau bereits seit 2017 einfaches Präsidiumsmitglied. Der als liberal
eingeordnete CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte vor der Wahl: „Wenn ich
mir die AfD-Fraktion angucke, fällt mir niemand ein, bei dem ich sagen
würde: Bei dem kann ich mir das eher vorstellen als bei Galau.“
Die Linksfraktion hingegen machte schon zu Wochenbeginn klar, dass sie
Galau ablehnen würde. Von der SPD hieß es, kein AfDler werde ihre Stimmen
bekommen – „egal wer da antritt“ – allerdings mochte man den eigenen Le…
nicht vorschreiben, ob sie mit Nein stimmen oder sich enthalten sollten.
Und Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher hatte angekündigt: „Wir
werden ihn nicht aktiv mitwählen, aber ich denke, es gibt eine ganze Menge
Enthaltungen.“
## Anderer AfD-Kandidat fällt durch
Und weil für die Wahl keine absolute Mehrheit der 88 Mitglieder nötig ist,
sondern Galau bloß mehr Ja- als Neinstimmen braucht, reichen diese 36
Stimmen gegen 20-mal Nein und 31 Enthaltungen. Alles andere hätte die
Landespolitik auf Eis gelegt: Anders als im Bundestag, wo seit 2017 diverse
AfD-Kandidaten für das Vize-Amt durchgefallen sind, ist in Brandenburg in
der Verfassung festgeschrieben, dass der zweit- und drittstärksten Partei
ein solcher Posten zusteht. In diesem Fall sind das AfD und CDU, die die
frühere Justizministerin Barbara Richstein aufstellte, die 74 Ja- und neun
Neinstimmen bekommt. Ohne zwei Vizepräsidenten wäre der Landtag nicht
konstituiert gewesen und hätte in den nächsten Monaten, nach Ende der am
Montag begonnenen Gespräche über eine Kenia-Koalition, auch keinen neuen
Ministerpräsidenten wählen können, der vermutlich wieder Dietmar Woidke von
den Sozialdemokraten sein wird.
In der letzten Reihe der Unions-Fraktion sitzt währenddessen der Mann, der
selbst gern Regierungschef geworden wäre. Ingo Senftleben verlor nicht nur
die Landtagswahl und muss ein Wahlergebnis-Tief der CDU von 15,6 Prozent
verantworten, er kam mit einem Rücktritt auch seiner Abwahl als Fraktions-
und Parteichef zuvor.
Stark an seinem Abstieg beteiligt war die frühere CDU-Landeschefin Saskia
Ludwig. Und während andere Abgeordnete im Saal bewusst auf Distanz zur AfD
gehen, tätschelt Ludwig auf dem Weg zur Abstimmungskabine einem AfD-Mann,
auch er in der letzten Reihe, die Schulter.
Während Galau gewählt wird, fällt ein anderer AfD-Bewerber hingegen durch:
Daniel Freiherr von Lützow, der Beisitzer im Präsidium werden wollte. Über
ihn hatte auch CDU-Fraktionschef Redmann am Dienstag ganz klar geurteilt,
er sei „ein Rechtsxtremist“. Dennoch bekommt auch von Lützow fünf Stimmen
mehr, als die AfD-Fraktion Sitze hat.
## Zwischenrufe bei Eröffnungsrede
Eröffnet hat diese Sitzung ebenfalls eine AfDlerin: Weil kein anderes
Mitglied älter ist, steht und sitzt zu Beginn die 73-jährige Cottbuser
Abgeordnete Marianne Spring-Räumschüssel als Alterspräsidentin vor den
Abgeordneten – so wie vor fünf Jahren schon an gleicher Stelle der damalige
AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. Die sorgt erst für Geraune im Saal und
schließlich für empörte Zwischenrufe. „Keine AfD-Rede!“, fordert ein
Abgeordneter, SPD-Fraktionschef Bischoff ruft: „Unwürdige Eröffnung“.
Spring-Räumschüssel redet knapp zehn Minuten, sieht dabei die AfD als
ausgeschlossen, das politische Klima „immer mehr belastet durch Vorgaben
der politischen Korrektheit“ und meint schließlich: „Wer nicht mit dem
Mainstream schwimmt, wird in die rechte Ecke gestellt.“
Die kurz darauf gewählte neue Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD, 60)
hingegen fordert eine Kultur des „Streitens, ohne zu verletzen“. Das
entspannt nach dem Beinahe-Eklat bei der Eröffnungsrede die Stimmung wieder
etwas. Wenig später ist auch Galau gewählt, ohne jede hörbare ablehnende
Reaktion auf das Ergebnis.
Bundesweit ist das kein Novum: In Sachsen-Anhalt stellt die AfD schon seit
2016 einen von zwei Vizepräsidenten, in Hamburg besetzt sie einen von sechs
solcher Posten. An Liedtke liegt es nun, mit Galau einen Arbeitsmodus zu
finden. Eines macht sie ganz allgemein schon an diesem Vormittag klar:
„Neutralität im Amt der Präsidentin bedeutet für mich nicht, keine Position
zu beziehen.“
25 Sep 2019
## AUTOREN
Stefan Alberti
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