# taz.de -- Volksparteien in der Krise: Die Schwäche der Mitte | |
> Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg sind mehr als regionale Ereignisse. | |
> Sie zeigen: Der Osten ist die Zukunft des Westens. | |
Bild: Macht die Mitte glücklich? Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschme… | |
Sachsen und Brandenburg werden [1][weiterhin von Demokraten regiert]. Also | |
Entwarnung? Alles nicht so schlimm? Nichts wäre törichter. Dies ist der | |
letzte Weckruf. Die SPD in Brandenburg und die CDU in Sachsen haben von | |
taktischen Vernunftwählern profitiert, die im letzten Moment verhindern | |
wollten, dass die AfD stärkste Partei wird. | |
Die Erfolge der SPD in Brandenburg und auch der Union in Sachsen sind | |
gewissermaßen geliehen. Und weder SPD noch CDU haben für die Zukunft eine | |
brauchbare Idee, wie das Bündnis von rechtsextremen und rechtskonservativen | |
Kräften effektiv bekämpft werden kann. | |
Der zweite Irrtum lautet: Das war nur eine Ostwahl, Ausdruck von notorisch | |
Beleidigten, die mittels AfD ihren Protest gen Westen adressieren. Dieses | |
Motiv spielt zwar eine Rolle, doch das ist kein Grund für Selbstberuhigung. | |
Abgehängte Regionen und gefühlte Globalisierungsverlierer gibt es auch im | |
Westen. Und der Osten ist, was Parteipolitik angeht, Avantgarde. Dort sind | |
die Bindungen an die Parteien loser, man wählt eher mal Protest und | |
situativer. Genau das lässt sich seit Langem auch im Westen beobachten – | |
und zwar in zunehmendem Maße. | |
## Die neuen Konfliktlinien | |
Die beiden Wahlen zeigen: Die neue Konfliktlinie verläuft, auch wenn die | |
Grünen unter ihren Erwartungen blieben, zwischen weltoffenen, ökoliberalen | |
Städtern und gefühlten Verlierern in der Provinz, die Heimat, Nation und | |
Abschottung wollen. Die Mitte, der magische Ort bundesrepublikanischer | |
Politik, der Ort, an dem Wahlen gewonnen und verloren werden, beginnt sich | |
aufzulösen. | |
Die alten bundesrepublikanischen Volksparteien SPD und CDU werden in dieser | |
Lage langsam zerrieben. Ihre einzige Chance, diesen schleichenden Prozess | |
zu stoppen oder zu verlangsamen, ist: Sie müssen unterscheidbarer werden. | |
Die Union muss konservativer werden, mit mehr Antennen für Provinz und | |
kulturelle Verlierer. Die SPD muss statt dem routinierten „sowohl als auch“ | |
deutlich linker auftreten. | |
Die Mitte, so die nur scheinbar paradoxe Botschaft dieser Wahl, muss sich | |
polarisieren, um Mitte bleiben zu können. | |
25 Sep 2019 | |
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[1] /Wahlen-in-Sachsen-und-Brandenburg/!5622169 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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