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# taz.de -- Sondierungsgespräche in Sachsen: Noch ein instabiles Dreieck
> In Sachsen haben die Regierungsgespräche für eine
> CDU-Grünen-SPD-Koalition begonnen. Die Stimmung ist gut. Konfliktthemen
> gibt es aber reichlich.
Bild: Sondierungstrio: Dulig (SPD), Kretschmer (CDU) und Meier (Grüne) am Mont…
Dresden taz | Während der Pressestatements der Verhandlungsführer erlosch
plötzlich die Beleuchtung im Ständehaus, seit 1907 Tagungsort des alten
sächsischen Landtages. Als schlechtes Omen für die am Montag begonnenen
Sondierungen von CDU, Grünen und SPD zur Regierungsbildung in Sachsen muss
das nicht gelten. Zu heiter erschienen zumindest Ministerpräsident Michael
Kretschmer (CDU) und sein bisheriger Wirtschaftsminister Martin Dulig
(SPD). Beide Parteien haben schon zweimal koaliert und Flexibilität im
Umgang miteinander geübt.
„Politik muss Freude machen!“, sagte Kretschmer und wirkte immer noch
erleichtert über den für die CDU glimpflichen Wahlausgang am 1. September.
Martin Dulig stand ihm kaum nach und schwärmte von einer
„Gestaltungsgemeinschaft“. Etwas gebremster wirkten nur die beiden Grünen
Katja Meier und Wolfram Günther.
Auf den in Sachsen noch regierungs- und koalitionsunerfahrenen
Bündnisgrünen lastet der größte Anpassungsdruck. Sie gehen nun einmal bei
Energiewende, Klimaschutz und Bildungsreformen am weitesten. Man sei nicht
„fünftes Rad am Wagen“, sondern rede auf Augenhöhe, beeilte sich Katja
Meier deshalb zu versichern.
Es gibt zu dieser Kenia-Konstellation ja auch keine Alternative. Ein
Zusammengehen mit der AfD hatte die Union ebenso ausgeschlossen wie eine
Koalition mit der Linken. Trotz einiger Stänkereien in den Kommunen hält
sich zumindest die Parteispitze daran. Der Optimismus zum
Sondierungsauftakt im Ständehaus wirkt also ein bisschen inszeniert.
Inhaltliche Differenzen könnten ebenso eine gesunde Skepsis rechtfertigen.
Der Dauerkrach in der Kenia-Koalition von Sachsen-Anhalt gibt ein warnendes
Beispiel.
## Grüne bringen zehn Punkte mit
Eine Woche vor der Wahl hatten die Bündnisgrünen noch eine
Zehn-Punkte-Agenda aufgestellt, mit der sie auch in die Sondierungen gehen.
Die erste heiße Kartoffel ist ein Transparenzgesetz für freien Zugang zu
staatlichen Informationen. Bis 2030 soll Sachsen zudem vollständig mit
Strom aus erneuerbaren Energiequellen versorgt werden.
Einer Frauenparität war die CDU schon mit einer für ihre Verhältnisse
sensationellen „Reißverschlussliste“ für die Landtagswahl entgegengekomme…
Sozialer Wohnungsbau, mehr lebendige Polizisten statt Videoüberwachung,
reduzierter Flächenverbrauch, gentechnik- und pestizidfreie Landwirtschaft
lauten weitere Reizbegriffe. Ein 365-Tage-Mobilitätsticket für den ÖPNV
hatte hingegen die Dresdner CDU auch schon im Wahlprogramm.
Die Union hat keine neuen Prämissen für die Sondierungen oder mögliche
Koalitionsverhandlungen formuliert. Wohl aber die SPD, die trotz ihrer 7,7
Stimmenprozente ein erstaunliches Selbstbewusstsein an den Tag legt. Die
Sozis sehen sich als das soziale Korrektiv, als die Anwälte der
Gerechtigkeit in einer angestrebten Koalition.
## Teilweise konsensfähig
Vieles scheint konsensfähig, etwa die Stärkung einer aufgeschlossenen
Zivilgesellschaft, Demokratie von unten, eine menschenfreundliche
Digitalisierung oder die gleichmäßige Entwicklung von Stadt und Land. Wie
ein Angebot an die Grünen klingt die Absicht, in Sachsen „Vorreiter beim
Klimaschutz“ zu werden, obschon die SPD stets für einen vorsichtigen
Kohleausstieg plädierte.
Auch das Eintreten für mehr Tarifbindung und Mitbestimmung klingt im
ostdeutschen Niedriglohnland Sachsen eher nach Selbstkritik. Das von
Grünen, SPD und Linken mitgetragene Volksbegehren für längeres gemeinsames
Lernen in der Schule dürfte hingegen der CDU einige Verrenkungen
abverlangen.
2009 und 2014 gab es schon einmal Sondierungsgespräche von CDU und Grünen,
die nicht getragen haben. Jetzt sei die Atmosphäre besser, sagte die Grüne
Katja Meier, und ihr Doppelspitzenpartner Wolfram Günther sprach von einer
neuen, aufgeschlosseneren Politikergeneration bei der CDU. Am 27. September
und 3. Oktober werden die jeweils zehnköpfigen Sondierungsteams erneut
zusammensitzen. Die Landesvorstände sollen dann bis Mitte Oktober über die
Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden, bei den Grünen am 12.
Oktober. „Es kann auch Neuwahlen geben“, raunte Wolfram Günther vorsichtig.
17 Sep 2019
## AUTOREN
Michael Bartsch
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