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# taz.de -- Hans-Georg Maaßen in Sachsen: Werte-Union macht AfD-Wahlkampf
> Bei einer CDU-Wahlveranstaltung in Radebeul muss man sich fragen, ob
> nicht doch die AfD eingeladen hat. Der Ex-Verfassungsschutzchef schürt
> Ängste.
Bild: Der Landtagspräsident und sein Stargast: Matthias Rößler (rechts) und …
Radebeul taz | Man musste sich nach den zwei Stunden im „Goldenen Anker“ zu
Radebeul noch einmal vergewissern, ob diese Wahlveranstaltung zur
Landtagswahl in Sachsen wirklich als eine der CDU deklariert war.
Eingeladen hatte Matthias Rößler, bei sechs Landtagswahlen unangefochtener
Platzhirsch im Wahlkreis an der Elbe, ehemals „Patriotismusbeauftragter“
der Sächsischen Union, als Landtagspräsident aber seit zehn Jahren
zurückhaltender mit politischen Äußerungen.
Zu punkten hoffte er mit seinem Gast Hans-Georg Maaßen, ehemals
Verfassungsschutzpräsident, [1][wegen zu offener Inschutznahme ausfälliger
Demonstranten in Chemnitz geschasst], seit einiger Zeit wieder offensiver
mit politischen Äußerungen. Er gilt als einer der Wortführer der
ultrakonservativen „Werte-Union“ in der CDU.
Alle äußeren Anzeichen und die allermeisten Wortmeldungen aber sprachen für
eine sortenreine AfD-Veranstaltung. Unter den 200 Gästen fand sich kaum ein
Jugendlicher, dafür in der Mehrzahl alte Männer. In der AfD ist das
weibliche Geschlecht nahezu unbekannt, doch auch hier saßen nur wenige
Vertreterinnen mehr im Saal. Ebenso wie die AfD-Bundestagsabgeordneten Jens
Maier und Detlev Spangenberg. Etwa jeder zweite der 17 Fragesteller outete
sich als bekennender AfD-Anhänger. „Jeder sieht an Maaßen, was in
Deutschland mit einem passiert, wenn er die Wahrheit sagt“, rief Maier in
den Saal und erntete den stärksten Beifall des Abends überhaupt.
Wohlgemerkt – auf einer CDU-Veranstaltung!
Pegida- und AfD-Anhänger hätten sich im Saal zu Hause gefühlt. So
apokalyptisch wurde das Chaos im Land beschworen, ein Land, „in dem Mord
und Totschlag herrscht“ und eine „Maulkorbdiktatur“ sowieso. Und schuld an
allem sind „die Ausländer“. Und die SPD und die Grünen. Und alle, die eine
andere Meinung haben.
Ganz in AfD- und Pegida-Manier wurde eine junge Fragestellerin mit Rufen
wie „Mikro aus“ niedergebrüllt, die es gewagt hatte zu sagen, dass sie sich
wie auf einer AfD-Veranstaltung fühle. Sie hatte außerdem die Bemerkung
gewagt, dass Sicherheit immer subjektiv empfunden wird, dass auch Menschen
dunkler Hautfarbe angegriffen werden und Angst haben, und dass es keine
absolute Sicherheit geben könne.
## Hans-Georg Maaßen war in seinem Element
Denn es ging um die Innere Sicherheit an diesem Abend, ein Thema, mit dem
die in die Defensive geratene sächsische Union wieder Stimmen holen möchte.
Ein prima Köder für die Hysteriker und die typisch sächsischen
Zukunftsangsthasen. Hans-Georg Maaßen war in seinem Element. Die Deutschen
seien im Vergleich zu ihren Nachbarn, bei denen Nachrichtendienste eine
bessere Reputation genießen, noch viel zu wenig besorgt um ihre Sicherheit.
Der Verfassungsschutz brauche mehr Befugnisse, den „vollen Werkzeugkasten“,
um mit den technischen Mitteln der Gegner Schritt zu halten.
Online-Überwachung [2][mittels Staatstrojaner zählt er dazu]. Die „Gegner“
sind für Maaßen vor allem Salafisten und islamistische Gefährder. Aber auch
eine in der bürgerlichen Mitte gewachsene Radikalisierung und Bereitschaft
zur Gewalt konstatierte der ehemalige oberste Verfassungsschützer. Was ihm
in der Diskussion die Kritik eintrug, er vergesse den Linksextremismus.
Woraufhin Maaßen auch ein „Brückenspektrum“ zwischen linksliberalem
Bürgertum und Linksextremisten diagnostizierte.
Selbstverständlich nutzte der Stargast der Werte-Union die Gelegenheit,
mehrfach die Merkelsche Flüchtlingspolitik und die inkonsequente
Abschiebepraxis zu kritisieren, ja zu verspotten. „Unser Ziel muss sein,
dass die Zahl der Asylsuchenden deutlich zurückgeht – sonst droht eine
Spaltung der Gesellschaft“, machte er die Migranten für die zunehmende
Verrohung im Land verantwortlich. Und diese Migranten verschleierten zu
Hunderttausenden ihre Identität und würden sich Sozialleistungen
betrügerisch erschleichen.
Nur Lob und Beifall für Maaßen. Einer trug ihm sogar die Kanzlerschaft in
der Merkel-Nachfolge an. Ermuntert kiekste er dann sogar noch gegen die
dritte Gewalt: „Manche Richter sind nicht in der bitteren Realität unserer
Sicherheitslage angekommen!“ Ein Unternehmer unterhalb des
Altersdurchschnitts wagte es, diese gefühlte Panik der beharrlich sinkenden
Kriminalitätsstatistik gegenüberzustellen. Maaßen ging nicht auf die Frage
ein.
## Eine Koalition mit den Grünen sei „nicht denkbar“
Schließlich ging es noch um die Optionen zur Sachsenwahl am 1. September.
Nein, die AfD sei noch kein Koalitionspartner für die CDU, versicherte
Maaßen artig, aber man wisse ja nicht, wohin sie sich entwickele. Vorerst
sei sie ein „gäriger Haufen“, in dem es „Vernünftige, Radikale und Ande…
gebe. Aber eine Koalition mit den Grünen sei ja nun erst recht „nicht
denkbar“.
Landtagspräsident Rößler brachte sogar eine Minderheitsregierung ins Spiel,
wenn denn schon keine CDU-Alleinregierung wie in den goldenen
Biedenkopf-Zeiten mehr möglich sei. „Je mehr Koalitionäre, desto mehr
politischer Stillstand“, warnte er.
Das Gespräch der Journalisten und der wenigen kritischen Zuhörer drehte
sich anschließend um die Frage, wie relevant dieser „Flügel“ der Union is…
Wäre diese sächsische Werte-Union repräsentativ für die Gesamtpartei,
würden CDU und AfD noch am Wahlabend freudig aufeinander zugehen. Und der
nächste sächsische Ministerpräsident hieße dann entweder Jörg Urban von der
AfD oder Matthias Rößler von der Werte-Union.
2 Aug 2019
## LINKS
[1] /Bericht-ueber-Abloesung-Maassens/!5533293
[2] /Groko-will-Verfassungsschutz-aufruesten/!5481402
## AUTOREN
Michael Bartsch
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