# taz.de -- Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen: Der Agent Provocateur | |
> CDU-Chefin AKK lässt über einen Parteiausschluss des | |
> Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen spekulieren. In Sachsen gibt | |
> es noch eine andere Debatte. | |
Bild: Schrei nach Aufmerksamkeit: Hans Georg Maaßen tut alles, um im Gespräch… | |
BERLIN taz | Nun ist er wieder in aller Munde: Hans-Georg Maaßen. Mit einer | |
[1][Interviewäußerung] löste CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer | |
Spekulationen aus, dem Ex-Verfassungsschutzchef könnte ein | |
Parteiausschlussverfahren drohen. CDU-Größen übten Kritik, Maaßen konterte, | |
Kramp-Karrenbauer relativierte. Und Maaßen ist wieder Top-Thema. Schon | |
wieder. | |
Das ist durchaus erstaunlich für einen, der derzeit gar keinen Posten mehr | |
inne hat – außer Sprachrohr einer erzkonservativen CDU-Splittergruppe zu | |
sein, der Werteunion. Aber schon seit Wochen lässt Maaßen kaum eine | |
Gelegenheit zur Provokation aus. Und nun ist es ausgerechnet die | |
CDU-Parteichefin, die Maaßen wieder auf die große Bühne hievt. | |
In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe hatte Kramp-Karrenbauer | |
erklärt, es gebe „aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus der Partei | |
auszuschließen“. Bei Maaßen aber sehe sie „keine Haltung, die ihn mit der | |
CDU noch wirklich verbindet“. Ein angedrohter Parteiausschluss? Maaßen | |
erklärte prompt, es sei ihm „ein Rätsel“, wer der CDU-Chefin „geraten h… | |
solche Gedankenspiele zu formulieren“. Nicht er habe sich mit seinen | |
Positionen von der CDU entfernt, sondern die Partei sei unter Merkel „weit | |
nach links gerückt“. Auch in der CDU wurde Kritik laut. | |
Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring erklärte den Vorstoß als „nicht | |
sonderlich hilfreich“. „Das Konzept der Volkspartei lebt vom Diskurs um den | |
besten Weg.“ CDU-Generalsektär Paul Ziemak stellte klar, in der CDU als | |
Volkspartei „werden unterschiedliche Meinungen vertreten – und das ist auch | |
gut so“. Kramp-Karrenbauer erklärte schließlich, sie sei mal wieder | |
missverstanden worden. Sie habe an keiner Stelle „ein | |
Parteiausschlussverfahren gefordert“. In der CDU könne „jeder seine eigene | |
Meinung haben, das macht uns aus“. | |
## Gier nach Aufmerksamkeit | |
Maaßen dürfte die Aufmerksamkeit gefallen. Denn zuletzt schien er diese wie | |
gierig zu suchen. Im vergangenen Jahr war er als Verfassungsschutzchef in | |
den Ruhestand versetzt worden, nachdem er die rechten Ausschreitungen in | |
Chemnitz relativierte und über „linksradikale Kräfte“ in der SPD | |
fabulierte. Seit Wochen nun drängte Maaßen mit Auftritten und Interviews | |
wieder an die Öffentlichkeit – und mit populistischen Ausfällen. Mal | |
feuerte er gegen SPD, Grüne und Linke („sozialistische | |
Menschenexperimente“), mal gegen die Medien („Inzucht in den | |
Redaktionsstuben“), dann gegen Seenotretter („Shuttleservice nach Europa“… | |
Maaßens Ziel nach eigenem Bekunden: eine „Politikwende“ innerhalb der CDU. | |
Eine konservativere Parteipolitik, mit härterer Sicherheits- und | |
Migrationspolitik. Und immer wieder kokettiert Maaßen, seit 1978 | |
CDU-Mitglied, auch mit einem politischen Amt. In Interviews danach gefragt, | |
will der 56-Jährige dazu „weder ja noch nein“ sagen. Oder schlicht: | |
„Schauen wir mal.“ Eine Absage klingt anders. In Sachsen war deshalb | |
bereits eine andere Debatte entbrannt: Könnte Maaßen hier gar Innenminister | |
werden? | |
## „Unqualifizierte Querschüsse aus Berlin“ | |
Tatsächlich sprang auch Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer | |
Maaßen nun schnell bei. „Bei aller berechtigten Kritik an Hans-Georg Maaßen | |
– wir schließen niemanden aus der CDU aus, nur weil er unbequem ist“, sagte | |
er der Bild. Die sächsische Werteunion sprach gar von „unqualifizierten | |
Querschüssen aus Berlin“. „Wie kann man nur so gedankenverloren sein, einer | |
Gallionsfigur der Konservativen in der CDU, der in Sachsen bei vielen | |
Menschen höchste Anerkennung genießt, mit Parteiausschluss zu drohen?“ | |
[2][Mit drei Auftritten bei CDU-Abgeordneten hatte Maaßen zuletzt im | |
sächsischen Landtagswahlkampf mitgemischt.] Er wolle der Partei helfen, | |
erklärte der frühere Geheimdienstler. Und die Bild raunte zuletzt, Maaßen | |
könnte neuer sächsischer Innenminister werden. Die sächsische Werteunion | |
tritt dafür ganz offen ein. „Natürlich wäre das aus Sicht der sächsischen | |
Werteunion absolut wünschenswert“, sagt deren Landeschef Ulrich Link. „Herr | |
Maaßen ist aufgrund seiner Berufserfahrung einer der führenden Innen- und | |
Sicherheitsexperten in Deutschland.“ | |
Wenn, dann könnte Maaßen einen Innenminister-Posten wohl tatsächlich am | |
ehesten in Sachsen ergattern. Der Landesverband gilt als der konservativste | |
in der CDU. Und nur hier scheint nach der Wahl eine Regierungskonstellation | |
denkbar, die Maaßen tatsächlich ernennen würde: eine CDU- | |
Minderheitsregierung, in der die Christdemokraten alle Ministerposten | |
stellten. Oder gar eine CDU-AfD-Regierung – die Ministerpräsident | |
Kretschmer allerdings kategorisch ausschließt. Andere Koalitionspartner, | |
allen voran Grüne und SPD, dürften einen Minister Maaßen kaum mittragen. | |
## Politisch unkalkulierbar | |
Und Maaßen hat in Sachsen durchaus seine Anhänger. Seine Auftritte in | |
Radebeul, Riesa und Lampertswalde waren gut besucht. „Das Thema Innere | |
Sicherheit liegt den Menschen ganz besonders am Herzen“, sagt | |
Werteunion-Landeschef Link. Über Jahrzehnte sei die CDU die Partei der | |
Inneren Sicherheit gewesen. „Mit Herrn Maaßen könnte die CDU an diese | |
Tradition wieder anknüpfen.“ Auch einer der sächsischen Gastgeber, CDU-Mann | |
Matthias Rößler, lobt Maaßen als „glänzenden Sicherheitsexperten“. „A… | |
Fachmann gibt es an ihm keinen Zweifel.“ Rößler hat in der Partei Gewicht: | |
Er ist Landtagspräsident, Abgeordneter seit 29 Jahren. Rößler sagt aber | |
auch: Jetzt gehe es um Wahlkampf, nicht darum schon über Ministerposten zu | |
diskutieren. | |
Ministerpräsident Kretschmer legte sich dagegen jüngst bereits fest. | |
„Nein“, antwortete er dem Deutschlandfunk, ob Maaßen für ein Ministeramt … | |
Sachsen infrage komme. Für diese Ämter gebe es in Sachsen genügend „richtig | |
gute Leute“. | |
Auch andere sächsische CDU-Funktionäre halten von der Idee nichts. Man habe | |
mit Amtsinhaber Roland Wöller, ebenfalls CDU, einen guten Minister, heißt | |
es dort. Zudem gehörten zu den Aufgaben des Innenministers auch die | |
Kommunale Verwaltung, Baurecht, Landesentwicklung. Und hier höre es mit | |
Maaßens Expertise auf. Obendrein ist Maaßen selbst der sächsischen | |
CDU-Spitze politisch zu unkalkulierbar. „Es gibt keinerlei solcher | |
Planspiele“, heißt es dort. | |
Auch Sachsens CDU-Innenexperte Rico Anton geht auf Distanz. Maaßen habe | |
zwar „in einem speziellen Bereich langjährige Erfahrung“. Er habe aber | |
zuletzt „nicht nur politisches Gespür bewiesen“. Für Anton entscheidend: | |
„Wir brauchen jemanden, der sich vor Ort, in der sächsischen Innenpolitik | |
auskennt.“ Amtsinhaber Wöller mache dabei eine „sehr gute Politik“. „I… | |
wünsche mir, dass er weitermacht.“ | |
## „Konservative Importe“ braucht Sachsen nicht | |
Tatsächlich hat Wöller, seit Ende 2017 im Amt, derzeit ein gutes Standing | |
in der sächsischen Union. Gerade erst brachte er ein umstrittenes | |
Polizeigesetz durchs Parlament, die Polizeibeamten hat er auf seiner Seite. | |
Zudem hat er einen engen Draht zu Kretschmer, beide kennen sich schon aus | |
der Jungen Union. Unwahrscheinlich also, dass der Ministerpräsident Wöller | |
fallen ließe. | |
Was aber, wenn Kretschmer nach einem schlechten Wahlergebnis abdanken muss? | |
Für Maaßen könnte das eine Restchance sein. Die jetzige Rückdeckung in | |
Teilen der CDU und das Zurückrudern von Kramp-Karrenbauer könnte ihm dabei | |
sogar helfen. Sachsens CDU-Innenexperte Anton aber hält dagegen: „Es fehlt | |
uns nicht an fähigem Personal in Sachsen, dass wir einen Import bräuchten.“ | |
18 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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