# taz.de -- CDU in Sachsen: Heimatflair zum Wahlkampfstart | |
> Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer begann am Montagabend die | |
> Überlebensschlacht der CDU im Görlitzer Wahlkreis. Es gab Bratwurst und | |
> Bier. | |
Bild: Für ihn geht es in Sachsen um die Wurst: Ministerpräsident Michael Kret… | |
DRESDEN taz | Mit einem Heimspiel sind Sachsens Ministerpräsident Michael | |
Kretschmer und mit ihm die arg zerzauste Sächsische Union am Montag in den | |
Landtagswahlkampf gestartet. Ginge es nach der Stimmung im Landkino mit | |
Pilgerherberge der evangelischen Gemeinde Arnsdorf, würde Kretschmer seinen | |
heiklen Wahlkreis Görlitz am 1. September locker gewinnen. | |
Hier bei den Königshainer Bergen hat er mal gewohnt, viele Gäste erzählen | |
freundliche Geschichten über seine Hilfsbemühungen für das gar nicht so | |
flache Umland der Neiße-Metropole. Aber im 20 Kilometer entfernten Görlitz, | |
wo er Stadtrat war, lauern mit den Direktkandidaten Sebastian Wippel (AfD) | |
und Franziska Schubert (Grüne) zugleich die Hauptkonkurrenten der CDU. | |
Nur ein stilles Bündnis von Links bis Union [1][verhinderte im Juni | |
AfD-Wippel als Görlitzer Oberbürgermeister]. Solche Bündnisse „Alle gegen | |
die AfD“ aber sind weder in Görlitz noch sonst in Sachsen in Sicht. Sie | |
seien Parteien auch nicht zuzumuten, sagt der Ministerpräsident und | |
CDU-Landeschef im Gespräch mit der taz. | |
In Görlitz wird es zum Dreikampf kommen. Die Chancen für AfD-Direktmandate | |
steigen im ganzen Freistaat unabhängig von der [2][am Donnerstag | |
anstehenden Verfassungsgerichtsentscheidung] zu ihrer auf 18 Plätze | |
limitierten „Short List“. | |
Zu Beginn seiner Tour durch alle 60 Wahlkreise spult Michael Kretschmer | |
seine bekannten Werbeblöcke herunter und grenzt sich heftig von der AfD, | |
vorsichtiger von den Grünen ab. Mit rechten Inhalten setzt er sich kaum | |
auseinander. Ihn stören mehr der Stil und die Unappetitlichkeiten der AfD. | |
Zum Beispiel, dass ihre Landesvorsitzenden von Brandenburg und Sachsen | |
jüngst in Cottbus den „Auftakt der Jagdsaison“ verkündeten. | |
## „Partei der Vernunft und der Mitte“? | |
„Beschimpfungen wie ‚Volksverräter‘ und ‚Deutschlandhasser‘ gehen gar | |
nicht“, verteidigt er sich. „Wehret den Anfängen!“, wendet er sich zugle… | |
vehement gegen jegliche Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten, | |
als das Publikumsgespräch auf Homosexuelle kommt. | |
Grünem Öko-Rigorismus setzt Kretschmer die CDU als „Partei der Vernunft und | |
der Mitte“ entgegen, die nicht gleich den Weltuntergang beschwört und ihn | |
mit „Ökosteuern“ verhindern will. | |
Den Aufreger der vergangenen Tage schlechthin streift er nur mit der | |
Bemerkung, ihn störe die Verklärung der DDR. Offenbar sah die Landespartei | |
Abgrenzungsbedarf gegenüber der Linken und derem Demokratischen Sozialismus | |
wie einst im Stil der Rote-Socken-Kampagne. „Sozialismus hat nur für Leid | |
gesorgt. Egal, ob national oder ‚real existierend‘“, [3][war eine | |
Facebook-Collage überschrieben], die verfallene Görlitzer Häuser neben das | |
zerbombte Dresden stellte. Diese Gleichsetzung von NS-Diktatur und | |
SED-Herrschaft empörte auch viele Bürger, etwa in einer MDR-Umfrage. | |
Die positiven Botschaften Kretschmers und seiner CDU kann man fast schon | |
soufflieren. Es sind zuerst die Wiederentdeckung der ländlichen Räume, der | |
Glaube an eine blühende Lausitz nach dem Kohleausstieg, die Lehrerfrage und | |
ein höheres Sicherheitsgefühl durch mehr Polizisten. „Der Westen hat uns | |
übernommen, und wir sind die Leidtragenden“, macht sich ein älterer Herr im | |
Auditorium Luft. „Wer hat den Eindruck, dass er heute schlechter lebt als | |
in der DDR?“, kontert Kretschmer. Außer einem „Wir leben anders“ rührt … | |
kein Finger. | |
Ansonsten aber herrscht im Hof des Landkinos bei Bratwurst und Freibier | |
aufgeräumte Stimmung, keine Panik vor dem 1. September. „Die Alternative | |
ist keine Alternative“, bekunden Dorfbewohner am Zaun. Mehr als drei | |
Stunden spricht Kretschmer im Kinosaal und draußen am Tresen mit den | |
Leuten. Auf solche angstfreien konservativen Wähler, die in Arnsdorf bei | |
weitem nicht alle CDU-Mitglieder waren, setzt die auf derzeit 26 Prozent | |
zurückgefallene Union. „Das ist eine Sachsenwahl, es geht nicht um Berlin | |
oder Brüssel“, grenzen sich der Ministerpräsident und ein Teil seiner | |
Zuhörer vom wenig förderlichen Erscheinungsbild der Bundespartei ab. | |
23 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kein-AfD-Buergermeister-in-Goerlitz/!5603184 | |
[2] /Sachsens-Landeswahlleiterin-unter-Druck/!5612867 | |
[3] https://www.facebook.com/CDU.Sachsen/photos/a.244611729083265/1092094081001… | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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