# taz.de -- Mietendeckel für Berlin: Druck auf Rot-Rot-Grün | |
> Enteignungsinitiative übergibt Unterschriften. Ein geplanter Mietenstopp | |
> verpflichtet zugleich zu mehr Neubau. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Eine Unterschrift mehr für die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteig… | |
Der [1][Mietendeckel], seit Januar im Gespräch und in dieser Woche | |
Streitthema Nummer eins in Berlin, gilt bislang als Belastung oder – je | |
nach Sichtweise – berechtigte Gängelung von Vermietern. Eine Sache gerät | |
dabei in den Hintergrund: Das Vorhaben eines Mietenstopps bedeutet, falls | |
der Senat die Eckpunkte dafür tatsächlich am kommenden Dienstag beschließt, | |
für die rot-rot-grüne Koalition zugleich eine große Verpflichtung – nämli… | |
in weit größerem Stil zu bauen als bisher. | |
Denn die Begründung für den Mietendeckel war stets: Man müsse für mehr | |
Wohnungen sorgen, um dem Mietenanstieg beizukommen, komme aber mit dem | |
Bauen nicht in ausreichendem Maße nach. Also müsse man die Preise | |
einfrieren, um einige Jahre Zeit zum Aufholen zu haben, damit sich die | |
Preisspirale nicht noch stärker dreht. Fünf Jahre lang Mieterhöhungen zu | |
verbieten galt und gilt weithin als hinnehmbar, zumal schon bislang nur | |
alle drei Jahre eine Erhöhung um höchstens 15 Prozent erlaubt ist. Das | |
konnte man als eine Art Akt der Zwangssolidarität verkaufen, die für ein | |
besseres Miteinander sorgen soll. | |
Damit hat sich die Koalition aber selbst unter Druck gesetzt. Schon an die | |
bisherigen Bauziele, die im Koalitionsvertrag von SPD, Linkspartei und | |
Grünen vereinbart sind, kommt der Senat nicht heran. Da stellt sich | |
naturgemäß die Frage, wieso die Landesregierung in Person der zuständigen | |
Senatorin Katrin Lompscher künftig in der Lage – und willens – sein sollte, | |
das zu ändern. Zumal es genug Stimmen gibt, die Lompscher und ihrer | |
Linkspartei vorhalten, an Neubau gar nicht wirklich interessiert zu sein, | |
eher im Gegenteil daran, ihre Wählerschaft nicht durch Baukräne in der | |
Nachbarschaft zu vergrätzen. | |
## Kein Unterschriftenrekord | |
Diese Kopplung beim Mietendeckel – einfrieren einerseits, bauen | |
andererseits – war und ist aber der entscheidende Unterschied zum | |
[2][parallelen Volksbegehren], das alle Unternehmen mit mehr als 3.000 | |
Wohnungen in Berlin enteignen lassen will. Denn dieser Weg sieht kein | |
Junktim mit Neubau vor, sondern einen reinen Eigentumswechsel bei | |
bestehenden Wohnungen. | |
Die Unterstützung für das Volksbegehren scheint unterdessen etwas | |
abzuflauen. Noch im Januar hielten es in einer Umfrage 55 Prozent aller | |
Berliner – inklusive eines Drittels der Anhänger von CDU und FDP –, für | |
richtig, Großvermieter zu enteignen. Das ließ erwarten, dass das | |
Volksbegehren nicht bloß keine Mühe haben würde, die in der ersten Stufe | |
nötigen 20.000 Unterstützungsunterschriften zusammenzubekommen, um in die | |
nächste Stufe zu gelangen. | |
Nein, es schien auch darauf hinauszulaufen, dass das Enteignungsprojekt den | |
bisherigen Unterschriftenrekord brechen würde. Den hatte im Juni 2016 das | |
Fahrrad-Volksbegehren aufgestellt mit rund 105.000 binnen vier Wochen | |
gesammelten Unterschriften, von denen letztlich fast 90.000 gültig waren. | |
Tatsächlich aber hat die Enteignungsinitiative am Freitag mit rund 77.000 | |
weniger Unterschriften zur Prüfung bei der Senatsverwaltung für Inneres | |
eingereicht – was angesichts der intensiven, teils auch überregionalen | |
Berichterstattung über die Deutsche Wohnen, über zu hohe Mieten und | |
Enteignung überrascht. | |
15 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Mietendeckel-in-Berlin/!5599961 | |
[2] https://www.dwenteignen.de/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
R2G Berlin | |
Mietenwahnsinn | |
Mietendeckel | |
Gentrifizierung | |
Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen | |
Grüne Berlin | |
Bundesjustizministerium | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Berlin-Neukölln | |
Mietendeckel | |
Mietenwahnsinn | |
Katrin Lompscher | |
Katrin Lompscher | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Grüne wollen anderen Mietendeckel: Der Deckel in Grün | |
Die Grünen wollen beim Mietendeckel nachbessern: Energetische Sanierungen | |
sollen leichter möglich sein, Genossenschaften nicht gedeckelt werden. | |
Neue Justizministerin zur Wohnungskrise: Lambrecht nicht gegen Enteignungen | |
SPD-Bundesministerin Christine Lambrecht will private Wohnungsvermieter | |
notfalls enteignen. Beifall kriegt sie dafür von der Linkspartei. | |
Kommentar Mietendeckel in Berlin: Der überfällige Griff zur Notbremse | |
Trotz handwerklicher Fehler ist der Mietenstopp des Berliner Senats der | |
erste richtige Schritt. Jetzt müssen weitere folgen. | |
Mietendeckel in Berlin: Angst vor der eigenen Courage | |
Kurz vor der Senatssitzung kommt insbesondere aus der SPD scharfe Kritik am | |
Mietendeckel. Womöglich wird er nicht wie geplant verabschiedet. | |
Last-Minute-Mieterhöhungen: Jetzt nur nicht in Panik geraten | |
Bevor der Senat am Dienstag wohl den Mietendeckel beschließt, haben viele | |
noch schnell eine Mieterhöhung bekommen – so auch unsere Autorin. | |
Kommentar Mietendeckel in Berlin: Zu billig | |
Der Mietendeckel ist erfreulich für MieterInnen. Aber Suchenden oder jenen, | |
denen eine Eigenbedarfskündigung droht, ist damit nicht geholfen. | |
Mietenstreit in Berlin: Deckeln und Enteignen | |
Am Freitag werden die Unterschriften des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen | |
enteignen“ übergeben. Der Berliner Senat kontert mit einem Mietendeckel. | |
Mietendeckel in Berlin: Hysterie um den Deckel | |
Privateigentümer, Genossenschaften und der Markt – alle drehen durch. Ein | |
Aufruf jetzt die Mieten zu erhöhen kommt aber wohl zu spät. | |
Mietendeckel in Berlin: Der beste aller Deckel | |
Per Gesetz sollen die Mieten in Berlin ab 2020 für fünf Jahre eingefroren | |
werden. Zusätzlich soll auch eine Mietobergrenze definiert werden. |