# taz.de -- Wohnungsnot zum Semesterstart: Überfüllte Wartelisten, hohe Preise | |
> In Berlin stehen mehr als 4.000 Studierende auf den Wartelisten, in | |
> München sind es 10.000. In vielen Städten fehlt das Bauland für neue | |
> Wohnheime. | |
Bild: Zum Wohngipfel Ende September im Kanzleramt demonstrierten auch Tausende … | |
Wenn Studierende Glück haben, beginnt das erste Semester an einer | |
Universität für sie mit einer ergiebigen Orientierungswoche, neuen | |
Bekanntschaften, Spaß – und mit einem Zimmer. Doch ein Dach über dem Kopf | |
ist vielerorts Luxus geworden, und wird es mehr und mehr. Zum Start des | |
Wintersemesters 2018/2019 in dieser Woche haben Hunderte Studierende in | |
mehreren Städten Deutschlands noch keine Bleibe gefunden. | |
In Berlin stehen mehr als 4.200 Studierende auf der Bewerberliste für | |
Wohnheime des Studierendenwerks, im vergangenen Jahr waren es zum gleichen | |
Zeitpunkt rund 3.800. Das sind Studierende, die warten müssen, weil noch | |
keine der insgesamt 9.427 Plätze, die das Studierendenwerk anbietet, wieder | |
frei geworden sind. Die Zahlen steigen seit Jahren. „Der Wohnungsmarkt in | |
Berlin hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert“, sagt Jana | |
Judisch, Sprecherin des Berliner Studierendenwerks. Vor zehn Jahren standen | |
Wohnheime zum Teil noch leer, doch „diese Zeiten sind endgültig vorbei“. | |
Die Hauptstadt sei vom allgemeinen Trend längst betroffen. Das Phänomen der | |
Wohnungsnot sei vielleicht neuer als in München, Stuttgart oder Hamburg, | |
jetzt aber nicht minder dramatisch. „Die meisten Studierenden wollen | |
eigentlich in einer WG leben, aber weil der freie Wohnungsmarkt in Berlin | |
derart angespannt ist, kommen sie dann doch zu uns. Seit fünf, sechs Jahren | |
steigen diese Zahlen“, sagt Judisch. | |
In München stehen aktuell rund 10.000 Bewerber*innen auf der Warteliste. | |
Das dortige Studentenwerk betreibt 30 Wohnheime mit fast 11.000 Plätzen in | |
München, Freising und Rosenheim. All diese Wohnheimplätze sind vermietet. | |
Freie Zimmer werden nahtlos weitervermietet. Auch in Hamburg und | |
Studierendenstädten wie Heidelberg und Münster ist die Lage angespannt, die | |
Wartelisten sind lang. | |
## 1.000 Plätze bis 2025 | |
Mehr als 40 Studierende leben in Freiburg gerade in einer Notunterkunft. | |
„Falls notwendig, werden wir Anfang November noch einmal eine Kampagne | |
starten, um die Freiburger*innen dazu zu bewegen, an Studierende zu | |
vermieten“, sagt die Sprecherin des Freiburger Studierendenwerks, Renate | |
Heyberger. „Im letzten Jahr hat das ganz gut geklappt.“ | |
Zwischen zehn und 16 Studierende können derzeit auf Stockbetten in | |
Schlafsälen schlafen, die das Studierendenwerk Anfang Oktober in den | |
Wohnheimen eingerichtet hat. „Die sollten bis Mitte, Ende November aber | |
wieder geschlossen sein“, hofft Heyberger. In den vergangenen Jahren habe | |
das Studierendenwerk – mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg – | |
rund 1.000 Wohnheimplätze gebaut, bis zum Jahr 2025 sollen weitere 1.000 | |
folgen. Doch „das größte Problem in Freiburg sind mangelnde Flächen in | |
Hochschulnähe“. Und so spitzt sich die Lage weiter zu. | |
Auch in München und Köln fehlt das Bauland für neuen Wohnraum. „Wir | |
benötigen schlicht mehr Grundstücke, die fordern wir auch von der Politik“, | |
sagt Klaus Wilsberg, Pressesprecher des Kölner Studierendenwerks. 5.000 | |
Wohnungen gehören zu seinem Bestand, aber allein zum Wintersemester | |
beginnen in Köln knapp 6.000 Erstsemester mit ihrem Studium. Ebenso viele | |
Anfragen hat das Studierendenwerk erhalten. In den kommenden vier, fünf | |
Jahren sollen weitere 1.000 Plätze entstehen. Dennoch, so Wilsberg, „reicht | |
es hinten und vorne nicht“. Rund 2.100 Bewerber*innen stehen auf der | |
Warteliste des Kölner Studierendenwerks. | |
Obwohl die maximale Mietzeit in den Wohnheimen drei Jahre beträgt, | |
verlassen zu wenige Studierende die Zimmer, als dass es für die Neuen auch | |
nur grob reichen würde. Und: So schnell wie in diesem Jahr waren die frei | |
gewordenen Zimmer nie zuvor gleich wieder weg. | |
## Strukturschwache Regionen werden beliebter | |
„Wir erwarten von der Stadt, mehr dafür zu tun, den Bestand zu vergrößern | |
und die Lage zu entschärfen.“ Studierende seien eine große Gruppe, die | |
häufig vergessen werde, wenn es um bezahlbaren Wohnraum gehe, beklagt | |
Wilsberg. Dabei bräuchten sie gerade den. „Es ist, noch, nicht so, dass | |
Studierende unter Brücken schlafen müssen, aber schlimm genug ist die | |
Situation allemal“, sagt Wilsberg. | |
Das bestätigt auch eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft. | |
Demnach prüfen Erstsemester zunehmend, an welchem Studienort sie sich ohne | |
elterliche Unterstützung überhaupt noch ein Studium leisten können – und | |
kommen dabei auf Regionen, die bislang für die meisten keine Option waren, | |
wie etwa das Ruhrgebiet. | |
10 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Hanna Voß | |
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