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# taz.de -- Wohnraum für Studierende in Berlin: SPD sucht Wohnheim-Plätze fü…
> 1.500 Plätze zu wenig: Beim Studi-Wohnraum hinkt Berlins Regierungschef
> Müller den Zielen hinterher. Genau das kritisierte er am
> Koalitionspartner.
Bild: Nicht nur die Studierenden, auch die SPD sucht noch nach einer Idee gegen…
Berlin taz | Die linke Bausenatorin Katrin Lompscher musste viel einstecken
in letzter Zeit: Wegen der [1][verfehlten Bauziele] war sie Zielscheibe von
nicht wenig Oppositionskritik. Die CDU stellte einen Missbilligungsantrag,
weil Lompscher für ein „investorenfeindliches Klima“ sorge. Unbeliebt ist
sie auch bei [2][Immobilienwirtschaft] und IHK, die ihr ein „mangelhaftes“
Zeugnis ausstellte.
Und natürlich war sie viel gebashter Punchingball von Journalist*innen, die
nicht müde wurden, Lompschers Wohnungspolitik zum Abriss freizugeben. Und
ja, die Bausenatorin baut wohl 5.000 Wohnungen weniger, als im
Koalitionsvertrag vereinbart war (30.000).
Bemerkenswert dabei: Besonders [3][der Koalitionspartner SPD] hielt sich
nicht gerade mit Kritik zurück. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller
setzte der linken Bausenatorin vergangenen [4][Sommer eine Frist für ein
Konzept] zum weiteren Ankurbeln des Wohnungsbaus, auch SPD-Innensenator
Andreas Geisel stänkerte hier und da. Dass das Bauressort davor seit 1996
von der SPD geführt wurde, unter anderem auch von Müller und Geisel – also
in der Zeit, als die Wohnungsfrage zur entscheidenden sozialen Frage der
Stadt wurde –, störte dabei nicht. Langjährige [5][SPD-Baupolitiker
forderten sogar Lompschers Kopf]. Mantraartig wiederholten SPD-Genoss*innen
dabei den Satz, man müsse „bauen bauen bauen“ – zuletzt etwa Raed Saleh
[6][am Rande einer SPD-Klausur].
Interessant ist dabei, dass es der Absender selbst nicht besser macht.
Berlins Regierungschef Müller ist nämlich als SPD-Wissenschaftssenator
selbst für die Schaffung von Wohnraum verantwortlich. Seine Aufgabe wäre,
neue Wohnheimplätze für Studierende bereitzustellen und – Überraschung –…
schafft es nicht.
## 4.200 Studierende auf Wartelisten
5.000 Plätze waren bis 2020 versprochen. Eine Hälfte davon sollten die
städtischen Wohnungsbaugesellschaften bauen, für die wiederum die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (wieder Lompscher, Linke)
zuständig ist, die andere Hälfte die [7][nach privatwirtschaftlichen
Prinzipien betriebene Berlinovo] unter der Zuständigkeit der
Senatsverwaltung für Finanzen (Matthias Kollatz, SPD).
Tatsächlich haben die Wohnungsbaugesellschaften bisher gerade einmal 185
Plätze fertiggestellt, wie es auf taz-Anfrage heißt. Im Bau seien 575
weitere Wohnraumplätze. Die Berlinovo habe 141 Plätze in der Storkower
Straße fertiggestellt, weitere 344 in der Gotthardstraße angekauft und 139
seien im Bau. Der große Rest befinde sich in „verschiedenen
Planungsschritten“.
Laut Senatskanzlei werden bis Ende 2020 rund 1.500 Plätze weniger fertig
als geplant. Man schaffe es bis dahin, nur 3.572 Plätze statt der sogar
schon von Wowereit 2013 versprochenen 5.000 Wohnheimplätze zur Verfügung zu
stellen. Daran halte man allerdings weiter fest. Es dauere nur länger: bis
2022 nämlich.
Der zuständige Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach
(SPD), sagt dazu: „Die eingetretenen Verzögerungen bei den Bauprojekten
sind unerfreulich.“ Man arbeite aber weiter mit den anderen
Senatsverwaltungen und Baugesellschaften und „mit Nachdruck“ an der
Umsetzung. Unter anderem habe es mit allen Beteiligten seit Dezember 2017
drei Strategietreffen gegeben.
Dass das Problem drängt, bestreitet indes niemand: Zum Wintersemester 18/19
standen mehr als [8][4.200 Studierende auf der Warteliste,] im Jahr zuvor
waren es noch 3.800. Die Studierendenzahlen nehmen zu (aktuell 190.000) und
die Wartezeit für einen bezahlbaren Wohnheimplatz beträgt ein bis drei
Semester.
Auf dem freien Wohnungsmarkt haben Studierende mit wenig Geld längst keine
gute Chancen mehr: Das [9][Moses Mendelssohn Institut geht von 420 Euro
aus], die Studis im Schnitt für ein WG-Zimmer in Berlin hinlegen müssten.
Seit 2010 ist laut dem Institut der deutschen Wirtschaft die Miete in
Berlin für eine studentische Musterwohnung (30 qm, durchschnittliche
Ausstattung, nicht zu weit weg von der Uni) [10][um 67 Prozent gestiegen].
Nicht zuletzt deswegen gibt es mittlerweile auch private Studierendenheime
mit allerdings saftigen Preisen. Im Wedding etwa bietet [11][Youniq
„Studentenwohnung mit +“ an]. Das heißt: Einzimmerapartments zwischen 514
und 1.119 Euro. Die Nutzung eines Fitnessraums und der „Washing Lounge“
kosten noch einmalig 480 Euro extra. Ähnlich teuer dürfte auch das
[12][Student Hotel am Alex] werden, das im September öffnet und reiche
Studierende mit Instagram-Optik und wenig sagenden Sinnsprüchen locken
will. Bafög-Bezieher*innen werden sich beides nicht leisten können.
Christian Gräff, CDU-Bausprecher, sieht Müller nun in der Pflicht, einen
berlinweiten „Aktionsplan für studentisches Wohnen zu erarbeiten“: „Das
Klima, das dieser Senat erzeugt hat, Neubau und damit stabile Mieten zu
verhindern, wirkt sich auch auf studentisches Wohnen aus.“
## „Jeder Platz ein Erfolg“
Freuen kann sich Wissenschaftssenator Müller, dass die Koalitionspartner
nicht so austeilen wie seine Genoss*innen: Wissenschaftssprecherin
Catherina Pieroth von den Grünen sagt: „Für uns ist jeder neu geschaffene,
bezahlbare Wohnheimplatz ein Erfolg.“ Es gebe halt die gleichen
Schwierigkeiten wie bei „allen anderen Zielgruppen“.
Und bei der Linken fühlt man sich auch mitverantwortlich für die „extrem
unbefriedigende Situation“: „Studierende teilen dieses Problem mit vielen
anderen Gering- oder Durchschnittsverdienern“, sagt der Abgeordnete Tobias
Schulze, Linken-Sprecher für Wissenschaft. Man arbeite daran, alle Mittel
zur Dämpfung des Mietniveaus und zum Neubau preiswerten Wohnens zu nutzen.
Und Ina Czyborra, Sprecherin für Wissenschaft der SPD-Fraktion im
Abgeordnetenhaus, relativiert gleich die Kritik an Lompscher mit, wenn sie
sagt: „Es ist halt das gleiche Problem wie überall mit dem Wohnungsbau:
kompliziertes Baurecht, steigende Baupreise und verknappte Bauwirtschaft.
Uns betreffen dieselben Faktoren wie die Bausenatorin.“
*In einer vorherigen Version dieses Artikels fehlte der konkrete Hinweis
darauf, dass neben der Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung auch
weitere Senatsverwaltungen für die Umsetzung des Senatsbeschlusses zum
Ausbau studentischen Wohnraums zuständig sind: Für den Bau durch die
städtische Baugesellschaften ist die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklungen und Wohnen verantwortlich, die Senatsverwaltung für
Finanzen für die Umsetzung des Ausbaus bei Berlinovo.
11 Mar 2019
## LINKS
[1] /Lompscher-zieht-Bilanz/!5566962
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[3] /Berliner-Senat-in-Klausur/!5514604
[4] /Mehr-Neubau-in-Berlin/!5529312
[5] /Kampagne-gegen-Linken-Senatorin/!5517275
[6] /Berliner-SPD/!5563679
[7] /Die-Immobiliengesellschaft-Berlinovo/!5460623
[8] /Wohnungsnot-zum-Semesterstart-/!5542148
[9] /Steigende-Mieten-in-Berlin/!5529878
[10] https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Report/PDF/2018/IW-Re…
[11] https://www.youniq.de/de/mieten/mullerstr-34
[12] https://www.thestudenthotel.com/berlin/#semester
## AUTOREN
Gareth Joswig
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