| # taz.de -- Bafög-Reform Im Bundestag: Mietkosten bleiben ein Problem | |
| > Der Bundestag debattiert über höhere Bafög-Sätze. Der Linkspartei und den | |
| > Grünen gehen die Pläne nicht weit genug. | |
| Bild: Nach der Vorlesung noch jobben kann anstrengend sein | |
| Berlin taz | Während an den meisten Unis aktuell noch Semesterferien sind, | |
| standen die Studierenden am Freitag im Fokus der Bundestagsdebatte. Auf der | |
| Tagesordnung: Die geplante Bafög-Reform von Bundesbildungsministerin Anja | |
| Karliczek (CDU). Während die Regierungsparteien die Novelle als Beitrag zu | |
| mehr Bildungsgerechtigkeit lobten, gingen vor allem Linke und Grüne die | |
| Pläne der Groko teils hart an. | |
| Mit der Novelle will die Regierung Studierende und SchülerInnen aus sozial | |
| schwachen Familien stärker unterstützen. Die staatliche | |
| Ausbildungsförderung soll damit wieder attraktiver werden. | |
| Auf der einen Seite sind so viele Studierende wie noch nie an deutschen | |
| Hochschulen eingeschrieben; zum Wintersemester 2018/19 waren es nahezu 2,9 | |
| Millionen. Auf der anderen Seite aber sinkt die Zahl der jungen Menschen, | |
| die für ihr Studium einen Kredit beim Staat beantragen, seit Jahren | |
| kontinuierlich. Laut Statistischem Bundesamt erhalten lediglich 12,7 | |
| Prozent aller Studierenden Bafög – zwischen 2013 und 2017 ein Minus von 200 | |
| 000 Personen. | |
| Die Reform von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will diesem | |
| Trend entgegenwirken. Sie sieht unter anderem eine stufenweise Anhebung der | |
| Bafög-Bedarfssätze vor, eine Steigerung der Mietzuschüsse und eine Anhebung | |
| der Freibeträge für die Eltern. | |
| ## Höchstsatz soll auf 861 Euro steigen | |
| Der Förderhöchstsatz soll nach diesen Plänen um 17 Prozent von derzeit 735 | |
| Euro auf künftig 861 Euro monatlich steigen. Zugleich soll die | |
| Wohnpauschale für Bafög-BezieherInnen, die nicht bei den Eltern wohnen, | |
| erhöht werden – von 250 Euro auf 325 Euro im Monat. Diese Wohnpauschale ist | |
| ebenso wie der Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in dem | |
| Höchstsatz enthalten. Für die Wohnpauschale findet man aber in manchen | |
| Metropolen kaum noch eine Wohnmöglichkeit. | |
| Das Dauerbrenner-Thema Wohnen bildete denn auch einen Schwerpunkt der | |
| Bafög-Debatte. Das hatte auch mit Karliczek selbst zu tun. Hatte diese doch | |
| zuletzt für Irritationen gesorgt, als sie in einem Spiegel-Interview gesagt | |
| hatte, dass Studierende, die Bafög beziehen, doch schlicht in weniger teure | |
| Uni-Städte ziehen könnten. | |
| Die Opposition griff dies dankbar auf. Als „bemerkenswert kaltschnäuzig“ | |
| kommentierte etwa die Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke die Aussage der | |
| Ministerin. Zugleich stellte sie die Frage, ob es dann künftig nur noch | |
| Unis mit reichen und solche mit armen Menschen gebe. „Das kann nicht sein!“ | |
| Es sei Job der Regierung, dafür zu sorgen, dass man als StudierendeR am | |
| Hochschulort wohnen und studieren kann, sagte Gohlke. Kai Gehring von den | |
| Grünen nannte die Aussagen der Ministerin „zynisch“. | |
| ## Wohnraum bleibt zu knapp | |
| Dabei gestand die Ministerin zu Beginn der Debatte selbst ein, dass mit der | |
| geplanten Erhöhung der Wohnpauschale das Mietenproblem für Studierende nur | |
| bedingt zu lindern ist. „Der Wohnkostenzuschlag kann keine Lösung für | |
| knappen Wohnraum in Großstädten liefern“, sagte sie. Es sei nur ein erster | |
| Schritt. | |
| Auch an anderen Stellen ließ die Opposition kein gutes Haar an der | |
| Bafög-Reform. So wurde die lediglich stufenweise Erhöhung der Beiträge | |
| moniert. Die Bedarfssätze sollen im Herbst 2019 um fünf und 2020 um weitere | |
| zwei Prozent steigen. „Warum kommen die Erhöhungen nicht sofort?“, fragte | |
| Gehring. Auch die Freibeträge sollten sofort und regelmäßig steigen. | |
| Überhaupt geht ihm die Groko nicht weit genug: „Das ist eine Alibi-Nummer.“ | |
| Gehring sprach sich für ein völlig neues Zwei-Säulen-Modell aus: Die eine | |
| Säule sieht einen Zuschuss für alle Studierenden vor, die andere einen | |
| Bedürftigen-Zuschuss für jene mit kleinem Geldbeutel. | |
| ## Eltern liegen über Freibeträgen | |
| Als großes Problem gelten die Freibeträge: Viele Studierende beantragen | |
| kein Bafög, weil die Einkommen ihrer Eltern über den bestehenden | |
| Freibeträgen liegen. Aktuell beträgt die Freigrenze für verheiratete Eltern | |
| zusammen nur 1715 Euro netto im Monat, für Alleinerziehende 1145 Euro. Die | |
| Freibeträge sollen in drei Staffelungen angehoben werden – 2019 um sieben, | |
| 2020 um drei und 2021 um sechs Prozent. Damit sollen auch solche Studenten | |
| gefördert werden, deren Eltern bislang zu viel für eine Förderung verdient | |
| haben. | |
| Für die Linke ist das zu wenig. „Die große Masse der Studenten geht leer | |
| aus, weil die Freibeträge sich nicht substanziell erhöhen“, sagte Gohlke. | |
| Auch komme die Reform zu spät und falle zu gering aus. | |
| Ähnlich wie ihr grüner Kollege spricht sie sich für eine grundlegende | |
| Bafög-Reform aus, die auch die Existenzsicherung garantiere. „Machen Sie | |
| das Bafög zum Instrument für sozialen Ausgleich“, appellierte sie an die | |
| Adresse der Regierungsfraktionen. | |
| ## Zwei Drittel jobben nebenher | |
| Tatsächlich wächst der finanzielle Druck auf Studierende kontinuierlich. So | |
| hatte die 21.Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2017 ergeben, dass | |
| 68 Prozent der Studierenden nebenher jobben. | |
| Kritik an der Bafög-Reform kommt auch von den Studierenden selbst. | |
| Verschiedene Studierendenverbände haben eine Online-Petition gestartet, in | |
| der sie deutliche Nachbesserungen fordern. „Mit der anstehenden Novelle hat | |
| die Bildungsministerin die Chance verspielt, grundlegende Fehlentwicklungen | |
| zu korrigieren und das Bafög wieder für deutlich mehr Studierende | |
| zugänglich zu machen“, erklärte Julie Göths von den Juso-Hochschulgruppen. | |
| 5 Apr 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Godeck | |
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