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# taz.de -- Steigende Mieten in Berlin: Studi-WGs nur noch für Reiche
> Nur in wenigen Städten sind Zimmer in Wohngemeinschaften für Studierende
> noch teurer als in Berlin. Und Plätze in Wohnheimen fehlen.
Bild: Ein Zimmer für höchstens 300 Euro? Davon kann man in Berlin nur noch tr…
Es ist noch gar nicht sooo lange her, da galt Berlin als Billigstandort
für Studierende. Für etwa 400 Mark bekam man Anfang der Nullerjahre meist
das große Zimmer in einer Altbau-Wohngemeinschaft, manchmal sogar mit
Balkon, plus Kosten fürs Telefon, oft per Einzelabrechnung.
Knapp 20 Jahre später – während der gesamten Zeit wurde das Land von der
SPD regiert – liegt Berlin bei den Kosten für ein WG-Zimmer auf Platz sechs
der teuersten deutschen Städte. 420 Euro kostet inzwischen eine solche
Studibude. Das hat eine am Montag vorgestellte bundesweite Untersuchung des
Berliner Moses Mendelssohn Instituts ergeben.
Damit ist die Stadt in Sachen WG ähnlich teuer geworden wie Hamburg und
Stuttgart (beide laut der Studie im Schnitt 450 Euro) sowie Köln (ebenfalls
420 Euro). Lediglich Frankfurt am Main (480 Euro) und München (600 Euro)
liegen noch markant darüber. Berlin lässt inzwischen auch alle etablierten
Studierendenstädte im Südwesten Deutschlands wie Freiburg, Tübingen und
Heidelberg hinter sich. Günstige Zimmer gibt es vor allem im Osten
Deutschlands noch; am billigsten sind sie laut der Studie in Chemnitz mit
aktuell 230 Euro – angesichts der aktuellen politischen Lage dort könnte
sich sogar noch etwas nach unten tun.
Besonders erschreckend im Fall Berlins ist der drastische Preisanstieg
(siehe auch Grafik): Noch 2013 kostete ein WG-Zimmer lediglich 335 Euro und
lag damit nur knapp über dem bundesweiten Schnitt. Seitdem sind die
Zimmerpreise laut der Untersuchung um 25 Prozent gestiegen.
„Die Wohnsituation für Studierende in Deutschland hat sich 2018 weiter
verschlechtert“, bilanziert das Moses Mendelssohn Institut für die gesamte
Republik. Die Begründung: „In vielen Städten sind die Grundstücks- und
Immobilienpreise einfach zu hoch, um im privaten Segment noch Mieten
darzustellen, die ins studentische Budget passen. Und die finanzielle
Förderung von Bund und Ländern ist dort bisher kaum ein ausreichender
Anreiz, doch zu bauen“, sagt Stefan Brauckmann, Direktor des Instituts.
Das trifft zu guten Teilen auch auf Berlin zu. Zwar hat der damalige
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) 2013 insgesamt [1][5.000
Wohnheimplätze für Studierende versprochen]. Davon sei man aber „noch
meilenweit entfernt“, kritisiert Katrin Schmidberger, grüne Sprecherin für
Stadtentwicklung und Wohnen. Sie sei „total unzufrieden“ mit der Situation.
„Eigentlich bräuchten wir einen neuen Schlachtplan für
Studierendenwohnungen“, so die Grüne.
Ein Ansatz wäre laut Schmidberger, das Berliner Studierendenwerk wieder
stärker beim Bau von Wohnungen zu unterstützen. Das steht aber im
Widerspruch zur bisherigen Politik des rot-rot-grünen Senats. Der hatte
entschieden, dass Wohnungen für Studis von den sieben landeseigenen
Wohnungsbaugesellschaften gebaut werden sollen. Jene seien aber angesichts
der vielen Wünsche aus der Politik – schließlich sollen sie auch noch
Tausende Wohnungen jährlich fertigstellen – „überfordert“, sagt
Schmidberger: „Wir müssen mehrgleisig fahren.“
Tatsächlich hat das Studierendenwerk derzeit lediglich zwei Projekte im Bau
– mit 50 beziehungsweise 86 Einheiten, sagt dessen Sprecherin Jana Judisch.
Mit etwas Glück werden sie noch rechtzeitig zum Sommersemester 2019 fertig.
Weitere Planungen für den Bau neuer Wohnheimplätze gebe es zwar; sie seien
aber noch wenig konkret.
Dabei wird die Lage seit 2010 stetig schwieriger – bis dahin musste das
Studierendenwerk angesichts des guten freien Wohnungsmarkts nicht einmal
eine Warteliste für die aktuell 9.428 Plätze führen. Derzeit bewerben sich
gut 4.000 Menschen für ein Zimmer ab Anfang Oktober oder November; die
Wartezeit beträgt laut Judisch ein bis drei Semester. „Das ist abhängig von
der Lage: Nicht die billigsten Wohnheime sind die begehrtesten, sondern die
in zentraler Lage“, berichtet sie. Die Kosten betragen im Durchschnitt 227
Euro warm, plus 10 Euro für den Internetanschluss.
Insgesamt gibt es in Berlin rund 180.000 Studierende an den staatlichen,
kirchlichen und privaten Hochschulen. „Wir brauchen mehr studentischen
Wohnraum“, fordert deswegen auch Judisch. Zuletzt seien vor allem die
privaten Anbieter in die Bresche gesprungen. Entstanden sind dabei aber oft
hochpreisige Einzimmerappartements.
Und auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind nicht unbedingt
die billigsten Anbieter. So erweitert die Howoge gerade ihr
Studierendenwohnheim in der Eichbuschallee nahe dem Plänterwald. 110
vollmöblierte Single- oder Double-Appartements gibt es dort bereits, 260
kommen dazu, berichtet eine Sprecherin. Mietkosten derzeit: 442 Euro
inklusive Internet.
## Studis in die MUFs?
Die Grünen-Politikerin Schmidberger fordert deswegen, stärker gemischte
Wohnprojekte anzugehen. So könnten etwa in großen sogenannten MUFs, in die
nach aktuellen Planungen vor allem Flüchtlinge einziehen sollen, auch
Studierende einen Platz zum Wohnen finden.
3 Sep 2018
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[1] /Wohnheimplaetze-fuer-Studierende/!5041625
## AUTOREN
Bert Schulz
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