Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Seehofers Eckpunkte: Einwanderung ohne Spurwechsel
> Jahrzehntelang hat sich die Union gegen ein Einwanderungsgesetz gewehrt.
> Nun geht Seehofer in die Offensive. Die aktuelle Debatte kommt darin
> nicht vor.
Bild: Diese beiden Geflüchteten haben einen Ausbildungsplatz
Berlin dpa | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nach einem
Bericht des Handelsblatts Eckpunkte für ein Einwanderungsgesetz vorgelegt.
Damit will die Bundesregierung, [1][wie im Koalitionsvertrag beschlossen],
qualifizierten ausländischen Fachkräften den Zuzug nach Deutschland
erleichtern. Eine endgültige Einigung in der großen Koalition steht aber
noch aus.
Kriterien für die Einwanderung sollen dem Bericht zufolge die
Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse, der Nachweis eines konkreten
Arbeitsplatzangebots und die Sicherung des Lebensunterhalts sein. Ein
Punktesystem, wie es die SPD 2016 in einem eigenen Gesetzentwurf
vorgeschlagen hatte, werde nicht erwähnt.
Das Papier sei bereits mit dem Wirtschafts- und dem Arbeitsministerium
abgestimmt und solle schnellstmöglich im Kabinett beraten werden, berichtet
das Handelsblatt. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte allerdings, es
handele sich „noch nicht um eine endabgestimmte Version“.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bestätigte dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (Freitag), Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium hätten
sich auf Eckpunkte geeinigt. Details seien allerdings noch zu klären: „Da
sind die Gespräche noch nicht abgeschlossen.“ Heil forderte großzügige
Regelungen für Ausländer, die in Deutschland kein dauerhaftes Bleiberecht
haben. „Wir müssen schauen, dass wir uns nicht aus ideologischen Gründen
selbst ein Bein stellen und die Falschen wieder zurückschicken.“
## Diskussion um den „Spurwechsel“
Dem Handelsblatt zufolge gibt es in dem Entwurf keine Erwähnung des derzeit
[2][heftig diskutierten „Spurwechsels“ vom Asylsystem in den Arbeitsmarkt].
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich dafür
ausgesprochen, auch abgelehnten Asylbewerbern durch das Zuwanderungsgesetz
Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu verschaffen, wenn sie integriert seien
und eine Ausbildung abgeschlossen hätten.
Union-Fraktionschef Volker Kauder sagte der Passauer Neuen Presse
(Donnerstag), die Koalition werde das „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ jetzt
schnell auf den Weg bringen. Er halte aber wenig davon, den sogenannten
Spurwechsel stärker zu erlauben. Es gebe schon heute Einzelfälle, in denen
das möglich sei. Eine Ausweitung würde aber „neue Anreize für Menschen
schaffen, es doch zu versuchen, nach Deutschland zu kommen, ohne dass sie
verfolgt sind“.
Trotz massiver Kritik verteidigte Günther seinen Vorstoß. Angesichts der
Debatte über die Zuwanderung von Fachkräften werbe er gerade jetzt dafür,
dass es einen „Spurwechsel“ für abgelehnte, aber gut integrierte
Asylbewerber mit einem Arbeitsplatz gebe, sagte er der „Stuttgarter
Zeitung“ und den Stuttgarter Nachrichten (Freitag).
Auch die SPD drängt auf die Spurwechsel-Option für geduldete und bereits
berufstätige Asylbewerber. „Wir wollen ein Einwanderungsgesetz, das
Menschen, die hier arbeiten und sich integrieren, eine Chance gibt, hier zu
bleiben“, sagte Klingbeil der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post
(Freitag).
## Wirtschaft auf Arbeitskräfte angewiesen
Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) äußerte sich
skeptisch. „Es muss gelten: Wer die Voraussetzungen für Asylgewährung nicht
erfüllt, muss die Ablehnungsentscheidung so schnell wie möglich erhalten
und dann auch so schnell wie möglich Deutschland wieder verlassen“, sagte
BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der Neuen Osnabrücker Zeitung
(Freitag).
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, plädierte für
eine Regelung mit einem einmaligen Stichtag. „Ein solcher einmaliger
Statuswechsel käme den gut integrierten Geduldeten und Flüchtlingen zugute,
vermiede aber gleichzeitig Anreize für den Zuzug von
Wirtschaftsflüchtlingen“, sagte Sager der Deutschen Presse-Agentur. Dies
würde den auf Arbeitskräfte angewiesenen Unternehmen helfen, außerdem
„Planungssicherheit für die Landkreise in Bezug auf die Integration der
Flüchtlinge schaffen und den Verwaltungsaufwand erheblich verringern“.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will die Idee eines
„Spurwechsels“ beim nächsten Treffen der Landesinnenminister unter seinem
Vorsitz besprechen. Asyl sei kein originäres Mittel, um den
Fachkräftemangel zu beheben. Dafür brauche es zügig ein gezieltes
Einwanderungsgesetz, sagte er. „Aber wir müssen alle Möglichkeiten
ausschöpfen.“ Es verstehe kein Mensch, dass kriminelle Ausländer auf
höchstrichterlichen Beschluss zurückgeholt, gut integrierte Flüchtlinge
aber abgeschoben würden, sagte er [3][mit Verweis auf den Fall des
Tunesiers Sami A.]
17 Aug 2018
## LINKS
[1] /Groko-und-Einwanderungsgesetz/!5481341
[2] /Abschiebungen-von-Asylbewerbern/!5525184
[3] /Abgeschobener-Islamist-muss-zurueck/!5528709
## TAGS
Asylrecht
SPD
CDU
Horst Seehofer
CDU/CSU
Einwanderungsgesetz
Schwerpunkt Landtagswahlen
Fachkräftemangel
Migration
Pflege
Zuwanderung
Volker Kauder
Schwerpunkt Angela Merkel
Migration
Daniel Günther
Lesestück Meinung und Analyse
## ARTIKEL ZUM THEMA
Historikerin über Migration: „Sachsen war nicht immer gleich“
Einst war in Sachsen auch der Bayer ein Ausländer, sagt Ira Spieker. Doch
Migration gab es immer, gewisse Metaphern sind geblieben.
FAQ Fachkräftemangel in Deutschland: Wir. Dienen. Deutschland.
Weil Fachkräfte fehlen, will sich die GroKo auf ein neues Gesetz geeinigen,
das Arbeitsmigration künftig erleichtern soll. Was man darüber wissen
sollte.
Experte über Arbeitsmigration: „Kanada macht es besser“
Das geplante Einwanderungsgesetz hat Mängel, sagt der SPD-Migrationsexperte
Aziz Bozkurt. Er fordert eine wirkliche Willkommenskultur.
Zuwanderungsgesetz und Pflege: Hoffnung: Pflegerinnen aus Übersee
Das neue Zuwanderungsgesetz soll Pflegekräfte aus Asien und Afrika leichter
nach Deutschland bringen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Koalition berät über Einwanderungsgesetz: Wer kommen und wer bleiben darf
Die Große Koalition einigt sich auf Eckpunkte für Zuwanderung. Unklar ist,
wie viele Menschen dann tatsächlich kommen dürfen.
Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag: Volker Kauder ist abgewählt
Die Unions-Fraktion im Bundestag wählt den langjährigen Vorsitzenden Volker
Kauder ab. Für die Kanzlerin ist das ein schwerer Rückschlag.
Bleiberecht für gut integrierte Flüchtlinge: Merkel gegen Spurwechsel
Die Kanzlerin findet es falsch, gut integrierten, aber abgelehnten
Asylbewerbern ein Bleiberecht zu ermöglichen.
Kommentar CDU und AsylbewerberInnen: Bemerkenswert gestrig
Behörden schieben AsylbewerberInnen ab, die die Zukunft des Landes sein
könnten. Das sagt viel aus über das konservative Deutschlandbild.
Abschiebungen von Asylbewerbern: Fachkräftemangel – made by Union
Ist es sinnvoll, gut integrierte Asylbewerber abzuschieben? Nein, findet
der CDUler Daniel Günther – und stößt damit eine Debatte an.
Debatte Einwanderungsgesetz: Schluss mit der Obergrenze-Diskussion
Ein Einwanderungsgesetz würde das Leben von vielen Zuwanderern erleichtern.
Es ist aber keine Alternative für Integrations- und Flüchtlingspolitik.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.