# taz.de -- Experte über Arbeitsmigration: „Kanada macht es besser“ | |
> Das geplante Einwanderungsgesetz hat Mängel, sagt der | |
> SPD-Migrationsexperte Aziz Bozkurt. Er fordert eine wirkliche | |
> Willkommenskultur. | |
Bild: Zuwanderung gegen Fachkräftemangel: Medizinisches Fachpersonal mit Migra… | |
taz: Herr Bozkurt, am Montag hat sich die Koalition auf [1][Eckpunkte für | |
ein Fachkräftezuwanderungsgesetz] geeinigt. Ist das jetzt das glückliche | |
Ende einer glücklosen Debatte? | |
Aziz Bozkurt: Auf der symbolischen Ebene ist erst einmal ein erfolgreicher | |
Endpunkt gesetzt. | |
Das Gesetz bedient Symbolpolitik? | |
Symbolisch meint, dass die SPD die Union nach längerer Diskussion zum | |
Einlenken gebracht hat und jetzt endlich ein Eckpunktepapier vorliegt. Aber | |
inhaltlich reizt das Papier noch nach lange nicht das aus, was es ausreizen | |
könnte. | |
Weil das Gesetz vorrangig Hochschulkader und Facharbeiter*innen mit einer | |
festen Jobzusage einlädt, nach Deutschland zu kommen? | |
Es ist fraglich, ob die hiesige Wirtschaft dadurch jene Fachkräfte bekommt, | |
die sie braucht. Auch frühere Werbeversuche wie mit der Bluecard haben | |
nicht funktioniert. An dieser Stelle geht das Gesetz also nicht weit genug. | |
Jetzt dürfen allerdings Menschen für sechs Monate herkommen und einen Job | |
suchen. | |
Das ist ein Fortschritt, ja. | |
In dieser Zeit dürfen sie allerdings keine Sozialleistungen beziehen. | |
Der permanente Verdacht, dass Menschen einzig wegen Sozialleistungen nach | |
Deutschland kommen, ist alles andere als eine Willkommenskultur. Das | |
Einwanderungsland Kanada macht es besser. Dort werden ausländische | |
Arbeitskräfte als „New Canadian“ willkommen geheißen, nach drei Jahren | |
Leben und Arbeit dort bekommen sie die kanadische Staatsbürgerschaft. Dort | |
ist Einwanderung mehr als nur der Blick auf den Arbeitsmarkt. | |
Kanada steuert die Zuwanderung mit einem Punktesystem: Wer die Sprache | |
beherrscht und einen Ort mit einem großen Fachkräftemangel wählt, erhält | |
bessere Punkte. Sollte das Deutschland das übernehmen? | |
Nein, ich halte ein System, das Menschen nach Punkten bewertet, für | |
fragwürdig. Für Deutschland ist das kein Vorbild. | |
Der umstrittene sogenannte Spurwechsel – gut integrierte Geflüchtete mit | |
Job werden nicht abgeschoben – ist im Eckpunktepapier der Koalition nicht | |
enthalten. Wie kann die SPD, die den Spurwechsel dringend wollte, das | |
Gesetz als Punktsieg verkaufen, wenn sich Innenminister Horst Seehofer und | |
seine CSU wieder einmal durchgesetzt haben? | |
An dieser Stelle haben sich weder Union noch SPD durchgesetzt. Beim | |
„Spurwechsel“ sind die Eckpunkte so schwammig formuliert, dass es | |
Interpretationen zulässt. Jetzt ist zum Beispiel von einem „verlässlichen | |
Status“ die Rede. Das wirft neue Fragen auf. | |
Wie wollen Sie der Bevölkerung vermitteln, dass eine gut integrierte | |
Afghanin mit Job in der Altenpflege abgeschoben wird, während dieselbe | |
Fachkraft aus anderen Ländern angeworben wird? | |
Das ist in der Tat nicht vermittelbar, und das wird die SPD im | |
Gesetzesverfahren im Blick behalten müssen. | |
5 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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