# taz.de -- Ärzte pro Volksinitiative Pflegenotstand: „Menschenunwürdig ver… | |
> 136 Hamburger Ärzte appellieren an Senatorin, auf die „Volksinitiative | |
> Pflegenotstand“ zuzugehen. SPD und Grüne verweisen auf den Bund, bieten | |
> aber Gespräche an. | |
Bild: Allein gelassen: Patientin auf dem Krankenhausflur | |
HAMBURG taz | Eine Gruppe von 136 Hamburger Ärzten hat sich mit einem | |
offenen Brief an Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) | |
gewandt. Sie möge doch bitte mit der „Volksinitiative Pflegenotstand“ | |
verhandeln und das zur Abstimmung stehende Gesetz übernehmen. „Wir Ärzte | |
kriegen in unseren Praxen die Unzufriedenheit der Patienten mit der Pflege | |
in Kliniken unmittelbar mit“, sagt der Altonaer Hausarzt Kai Uwe Helmers. | |
Die Volksinitiative fordert eine alte Regelung zurück, die es zu Beginn der | |
1990er-Jahre schon mal gab. Demnach müssten die Kliniken regelmäßig den | |
tatsächlichen Bedarf in Arbeitsminuten messen, wie viel eine Pflegekraft | |
pro Patient braucht, und diesen Bedarf auch abdecken. Zudem sollte Hamburg | |
seine Investitionen in die Kliniken erhöhen. Denn es gibt Fallpauschalen, | |
die Investitionen mit abdecken. Fehlt den Krankenhäusern Investitionsgeld, | |
würde dies aus der Pflege genommen. | |
Wie sich der Notstand auswirkt, schilderte Initiativensprecherin Kirsten | |
Rautenstrauch im Juli dem [1][Gesundheitsausschuss] und bezog sich auf | |
Berichte von Patienten, Ärzten und Pflegekräften: „Es ist zur Tagesordnung | |
geworden, dass Patienten stundenlang in ihren Ausscheidungen liegen | |
gelassen werden.“ Oft würden, um Nässe zu vermeiden, unnötigerweise | |
Dauerkatheter gelegt. Doch das sei ein massiver Eingriff in die | |
Selbstbestimmtheit. | |
Patienten bekämen Infusionen, weil die Zeit fehle, ihnen zu trinken zu | |
geben. Und es würden Patienten auf Überwachungsstationen die Hände fixiert, | |
damit sie ihre Atemmaske nicht abreißen. „Zunehmend kommt es vor, dass | |
Kollegen am Ende der Schicht in Tränen ausbrechen“, sagte Rautenstrauch. | |
„Trotz Dauerlaufs sind die Patienten menschenunwürdig und unethisch | |
versorgt worden.“ | |
Diese Lage sei Folge einer 25-jährigen „Verdichtung“, ergänzte Co-Sprecher | |
Christoph Kranich. Es müssen mehr Patienten in kürzerer Zeit intensiver | |
versorgt werden. Und es gebe mehr Ärzte, aber weniger nichtärztliches | |
Personal. | |
Beim Ziel, die Pflege zu verbessern, sei man auf einer Seite, sagen | |
Prüfer-Storcks und auch die Gesundheitsausschussvorsitzende Christiane | |
Blömeke (Grüne). Doch Alleingänge Hamburgs könnten die Kliniken in | |
Schieflage bringen. Beide warnen vor einer „Insellösung“, der sei Bund | |
zuständig. | |
In der Tat wurde just am Mittwoch im Kabinett das | |
„Pflegepersonal-Verstärkungsgesetz“ von Gesundheitsminister Jens Spahn | |
(CDU) beschlossen. Das regelt, dass künftig die Pflegekosten aus den | |
Fallpauschalen ausgegliedert und von den Kassen extra vergütet werden. | |
Hamburg habe das sehr unterstützt, sagt Prüfer-Storcks: „Damit gibt es | |
keinerlei Anreiz für die Krankenhäuser mehr, in der Pflege zu sparen.“ | |
Zudem soll es künftig für jedes Krankenhaus individuell errechnet und | |
publiziert eine Untergrenze an Personal geben, deren Unterschreiten mit | |
Leistungskürzungen bestraft werden soll. | |
Die Initiative ist damit nicht zufrieden. „Es wird sich nach unserer | |
Einschätzung hier wieder nicht am Bedarf der Patienten orientiert“, sagt | |
Sprecher Axel Hopfmann. „Das ist so, als ob man aus einer Note 5 eine 4 | |
minus macht. Wir wollen, dass sie gut ist.“ Immerhin haben SPD und Grüne | |
die Initiative zu Gesprächen eingeladen. | |
3 Aug 2018 | |
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[1] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/63175/protokoll_wortprotok… | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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