| # taz.de -- Hamburg will Pflegekosten deckeln: Pflege macht arm | |
| > Schleswig-Holstein und Bremen schließen sich der Hamburger | |
| > Bundesratsinitiative an. Die Entscheidung soll nächste Woche fallen. | |
| Bild: Für viele die letzte Station: Platz im Pflegeheim | |
| HAMBURG taz | Die Pflegekosten steigen bundesweit – und damit auch der | |
| Eigenanteil von Pflegebedürftigen. Das will Hamburg ändern. Der rot-grüne | |
| Senat hat bereits Ende Februar eine Initiative zur Deckelung der | |
| Eigenanteile von Pflegebedürftigen erarbeitet, die nächste Woche im | |
| Bundesrat präsentiert werden soll. | |
| Begründet wird der Vorschlag damit, dass gerade bei der vollstationären | |
| Betreuung in Pflegeheimen das Geld der Bewohner*innen häufig nicht | |
| ausreiche. Dann müsse im Alter noch Sozialhilfe beantragt werden. „Das | |
| Pflegerisiko wird damit zum Armutsrisiko“, schreibt der Senat. | |
| Eine Obergrenze soll helfen. Dafür soll der Eigenanteil von | |
| Pflegebedürftigen festgelegt und der Rest von der Pflegeversicherung | |
| getragen werden. Die Kosten für medizinische Behandlungen von | |
| Heimbewohner*innen – jährlich etwa drei Milliarden Euro – sollen künftig | |
| die Krankenkassen übernehmen. | |
| Außerdem soll der Bund stärker in die Pflicht genommen werden und den | |
| Beitragsanstieg zunächst mit jährlich 1,5 Milliarden Euro aus Steuergeldern | |
| auffangen. Die Höhe des Zuschusses könne nachträglich angepasst werden, | |
| heißt es vom Senat. | |
| ## Heimbewohner*innen zahlen 618 Euro für Miete und Essen | |
| Momentan funktioniert das System noch genau umgekehrt. So zahlen die | |
| Pflegeversicherungen lediglich einen Festbetrag, der je nach Pflegegrad | |
| bestimmt wird. Für den Rest müssen die Pflegebedürftigen selbst aufkommen. | |
| Im Bundesschnitt zahlen Heimbewohner*innen monatlich rund 618 Euro | |
| stationäre Pflegekosten – Miete und Essen nicht eingerechnet. | |
| Medienberichte sprechen von insgesamt 1.800 Euro monatlich. Wenn der | |
| Vorstoß aus Hamburg erfolgreich ist, könnte der Eigenanteil um etwa 200 | |
| Euro sinken. Die Linke findet das noch zu wenig. „Eine nachhaltige Lösung | |
| erfordert eine Vollversicherung, die alle notwendigen Leistungen | |
| übernimmt“, findet sie. | |
| Unter anderem steigt der Eigenanteil von Pflegebedürftigen durch die | |
| Einstellung zusätzlicher Pflegekräfte und deren bessere Bezahlung. | |
| Gesundheitsministerin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) ist grundsätzlich für | |
| eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften. „Das darf aber | |
| nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen, die dann am Ende ihres Lebens | |
| noch zu Sozialhilfeempfängern werden“, stellt sie klar. | |
| Die Forderung nach der Deckelung von Pflegekosten ist nicht völlig neu. | |
| Aber sie erfährt aktuell viel Zustimmung aus den umliegenden Bundesländern. | |
| Vor Kurzem hat Schleswig-Holstein beschlossen, sich an dem Vorschlag zu | |
| beteiligen. Das Sozialministerium teilte mit, es habe sich bereits im | |
| vergangenen Jahr für eine „Vollkasko“-Pflegeversicherung eingesetzt. | |
| Das FDP-geführte Ressort sieht in der Hamburger Initiative „einen | |
| sinnvollen Vorschlag, wie man pflegebedingte Kosten begrenzt“. Das | |
| Sozialministerium fordert, den Eigenanteil höchstens bei 1.000 Euro | |
| anzusetzen und die restlichen Kosten durch einen Steuerzuschuss zu decken. | |
| ## Bremen macht mit | |
| Auch aus Bremen wird der Vorschlag „voll und ganz“ unterstützt. Das Land | |
| ist der Initiative beigetreten. Hier hatten zuvor mehrere | |
| Wohlfahrtsverbände an den Senat appelliert, die Reform zu unterstützen. | |
| Vor der Verhandlung im Bundesrat zeigt sich die Hamburger | |
| Gesundheitsbehörde dementsprechend positiv gestimmt. Sowohl rot-grüne | |
| Bundesländer als auch das schwarz-grüne Baden-Württemberg hätten | |
| Unterstützung für das Vorhaben signalisiert. Auch die niedersächsische | |
| Sozialministerin Carola Reimann (SPD) begrüßt die Initiative aus Hamburg. | |
| 7 Mar 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Jana Eggemann | |
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