| # taz.de -- Gespräche mit Orbán und Kurz: Sie lassen Merkel und Co abblitzen | |
| > Ungarn und Österreich wollen keine Flüchtlinge aus Deutschland | |
| > zurücknehmen. Stattdessen soll die „Südroute“ geschlossen werden. | |
| Bild: „Die Seele Europas ist Humanität“: Merkels Überzeugungsversuch hat … | |
| Berlin/Wien taz | Deutschland und Österreich wollen die „Südroute“ für | |
| Flüchtlinge schließen. Im Vorfeld eines Treffens der EU-Innenminister in | |
| Innsbruck wollen die Ressortchefs aus Deutschland, Österreich und Italien | |
| im Dreierpack beraten, wie sie den Migrationsdruck über das Mittelmeer | |
| bremsen können. | |
| Das sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag im | |
| Anschluss an ein Gespräch mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in | |
| Wien. Seehofer fügte hinzu, er wolle die „Südroute“ für Flüchtlinge „… | |
| schließen“. Er erwarte „komplexe Gespräche“. Am Ende würden sich nur d… | |
| jeweiligen Regierungschefs über die Kernpunkte einigen können. | |
| Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedeutet das, dass sie mit den | |
| Regierungschefs von Griechenland und Italien Vereinbarungen treffen müsste. | |
| Dass es mit Österreich zu einer Einigung kommt, war schon vor dem Treffen | |
| alles andere als wahrscheinlich. Zwar liegen die CSU und Österreichs | |
| Rechtsregierung in Asylfragen grundsätzlich auf einer Linie, doch hat | |
| Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bereits im Vorfeld klar gemacht: „Wenn | |
| Deutschland glaubt, dass man einfach Personen nach Österreich zurückbringen | |
| kann, dann werden wir den Deutschen erklären, dass wir ihnen diese Personen | |
| nicht abnehmen.“ | |
| ## Mit breiter Brust | |
| Und weiter: „Wenn sie schon in Deutschland sind, dann werden sie in | |
| Deutschland bleiben.“ Dass es dabei um einstellige Zahlen pro Tag geht und | |
| Österreich jetzt schon monatlich zwischen 500 und 600 Leute, die kein Asyl | |
| beantragen, zurücknimmt, blieb unerwähnt. | |
| Am gleichen Tag war Ungarns Regierungschef Viktor Orbán in Berlin zu Gast | |
| bei Angela Merkel. Und er kam mit breiter Brust. Ungarns | |
| regierungsfreundliche Presse sieht den Premier nämlich als Sieger in der | |
| Asyldebatte, der schon vor drei Jahren die richtigen Entscheidungen traf | |
| und sein Land mit einem wehrhaften Zaun gegen Flüchtlinge abschirmte. | |
| Merkel habe ihren Irrtum inzwischen wohl eingesehen und werde den | |
| ungarischen Regierungschef freundlicher empfangen als zuletzt. | |
| Freundlich war die Tonlage zwar, wie beide bei einer gemeinsamen | |
| Pressekonferenz bekundeten. Allerdings sei klar geworden, was man schon | |
| gewusst habe, sagte Merkel: „Wir sehen die Welt anders.“ | |
| So groß sind die Unterschiede jedoch nicht mehr. Ungarn hat schon vor zwei | |
| Jahren „Transitzonen“ eingerichtet, aus denen Flüchtlinge zwar nicht ins | |
| Land einreisen, aber jederzeit ins Nachbarland zurück können, so dieses sie | |
| aufnimmt. | |
| ## Image der Härte | |
| Ganz ähnlich hat Seehofer am Donnerstag vor dem Bundestag den Vorwurf | |
| zurückgewiesen, er wolle geschlossene Lager einrichten: „Es sind keine | |
| geschlossenen Anstalten“, weil „man zwar nicht einreisen darf in die | |
| Bundesrepublik Deutschland, aber jederzeit einreisen in jedes andere Land, | |
| in das man zurückzureisen wünscht“. | |
| Vorausgesetzt, dass dieses Land den Flüchtling auch aufzunehmen bereit ist. | |
| Weder Ungarn noch Österreich wollen ohne Weiteres ein Rücknahmeabkommen | |
| unterzeichnen, weil das das von Orbán und Kurz aufgebaute Image der Härte | |
| gegenüber Asylbewerbern unterminieren könnte. Kurz hat schon verlauten | |
| lassen, er werde nichts unterzeichnen, was Österreich schaden könnte. | |
| Auf die Frage, ob Ungarn bereit sei, Migranten aus den geplanten deutschen | |
| Transitzentren zurückzunehmen, antwortete Orbán in Berlin: „Wir | |
| registrieren sie, aber wir erkennen sie nicht an. Von Deutschland aus | |
| müssen die Menschen zurück nach Griechenland gebracht werden.“ Gegenüber | |
| der regierungsfreundlichen Zeitung Magyar Idők bot der ungarische | |
| Ministerpräsident an, Ungarn helfe gern dabei, diese Leute abzuschieben. | |
| Mit Orbán und seinem italienischen Amtskollegen Matteo Salvini (Lega) hat | |
| Seehofer bereits am Mittwoch in dieser Angelegenheit telefoniert. Italien | |
| wird am Tiroler Alpenpass Brenner strenger kontrollieren. Seinen Besuch in | |
| Wien am Donnerstagnachmittag musste Seehofer antreten, ohne Konkretes in | |
| der Tasche zu haben. Denn die SPD ist noch nicht bereit, den mit Merkel | |
| ausgekungelten Kompromiss zur Gänze mitzutragen. Nach Redaktionsschluss | |
| besprachen sich Union und SPD im Koalitionsausschuss. | |
| 5 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| Ralf Leonhard | |
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