# taz.de -- Fortsetzung des Actionfilms „Sicario“: Was bleibt, ist Gewalt | |
> Schmutzige CIA-Strategien im Kampf gegen mexikanische Drogenkartelle. Das | |
> Beste an Stefano Sollimas „Sicario 2“ ist die Filmmusik. | |
Bild: Gute CIA, böse CIA: Der zerknitterte Josh Brolin (r.) mit abgebrühtem S… | |
Schlepper an der mexikanischen Grenze, die von US-Hubschraubern aufgespürt | |
werden, Selbstmordattentäter in Kansas City, die ihre Sprengstoffgürtel in | |
einem Supermarkt zünden, Terroristen in Somalia, die von US-Militärs unter | |
Beschuss genommen werden. Die ersten Minuten von „Sicario 2“, der | |
Fortsetzung [1][des Thrillers „Sicario“ von 2015], zeichnen ein ganz großes | |
Netz an Verbindungen zwischen internationalem Drogenhandel und | |
internationalem Terror in fragmentierten Szenen mit maximaler | |
Durchschlagskraft. | |
Fast überall dabei: Spezialeinheiten der CIA. Und die machen so ziemlich | |
alles, was ihnen geboten scheint, um den Gegner, hier vor allem die | |
mexikanischen Drogenkartelle, zu schwächen. Ein Terrorist in Somalia muss | |
sich etwa im Verhörraum per Drohnenvideo ansehen, wie das Haus seines | |
Bruders von Raketen in die Luft gejagt wird, weil er die Frage des | |
Verhörers Matt Graver (Josh Brolin) nicht beantwortet. | |
Und mit grünem Licht vom Verteidigungsministerium wird in Mexiko gleich ein | |
ganzer Krieg unter den Kartellen angezettelt: Man erschießt den Anwalt der | |
einen Seite, entführt die Tochter vom Boss der anderen und lässt alles so | |
aussehen, als sei stets die kriminelle Konkurrenz dafür verantwortlich. | |
Stefano Sollima hat sich mit Filmen wie [2][dem Mafia-Thriller „Suburra“] | |
und [3][der TV-Serie „Gomorrha“] als Experte für elegant brutal gestaltete | |
Genrearbeiten empfohlen. Er ist also genau der Richtige für die | |
Weiterführung des Erfolgs, den Denis Villeneuve mit „Sicario“ hatte. | |
Allerdings bleibt die Frage, was der Film, der sich durch einige große | |
politische Fragen zappt, selbst für eine politische Haltung transportiert. | |
Die USA werden einerseits von ihrer zwielichtigen Seite gezeigt, effektiv | |
besetzt mit dem maskenhaft zerknitterten Muskelpaket Josh Brolin als Matt | |
und seinem partner in crime Alejandro Gillick (Benicio del Toro) als | |
abgebrühtem Sidekick, und das Drehbuch von Taylor Sheridan, der auch die | |
Story für den ersten Teil schrieb, scheint es sogar besonders auf diese | |
moralisch dubiosen Aspekte abgesehen zu haben. Doch in den zahllosen | |
Feuergefechten, die Sollima mit virtuoser Härte darbietet, behauptet sich | |
andererseits die CIA mit ihren „besseren Argumenten“. | |
Demgegenüber steht ein zweiter Handlungsstrang, der die nötigen Ruhepausen | |
setzt mit der Konzentration auf die Einzelschicksale zweier Jugendlicher. | |
Da ist der Junge Miguel (Elijah Rodriguez), der sich einem Kartell andient, | |
und die entführte Drogenbosstochter Isabela Reyes (Isabela Moner), die von | |
der CIA, nachdem man sie in Texas festgehalten hat, zurück über die | |
mexikanische Grenze gebracht werden soll. Was sich als schwierig erweist. | |
Die Geschichte von Isabela, die irgendwann von Alejandro im Alleingang zur | |
Grenze begleitet wird, und die Komplikationen, die das für die CIA mit sich | |
bringt, sollen dabei veranschaulichen, dass selbst der entschlossenste | |
Geheimdienst-Ausputzer über Reste moralischen Gewissens verfügt. Was nur | |
ansatzweise glückt. Bleibt viel Gewalt, die zunehmend ermüdet. | |
Gelungen ist dafür die Filmmusik der isländischen Cellistin Hildur | |
Guðnadóttir. Sie tritt die Nachfolge des verstorbenen Komponisten Jóhann | |
Jóhannsson an – er lieferte den Soundtrack zum ersten „Sicario“. Ihre | |
sägenden Streicherglissandi im Bassregister unterstreichen die allgemeine | |
Bedrohungslage angemessen. | |
19 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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