# taz.de -- Kommentar Reform der Mietpreisbremse: Arme Mieter | |
> Ein großer Wurf ist die Mietrechtsnovelle der Justizministerin nicht. Die | |
> Verdrängung aus den Innenstädten kann sie nicht aufhalten. | |
Bild: Wer bei den explodierenden Mieten nicht mithalten kann, wird zwangsgeräu… | |
Die entscheidende Zukunftsfrage Deutschlands scheint derzeit die Aufklärung | |
der Fehler einer Bundesbehörde bei der Erteilung von Asylbescheiden zu | |
sein. Das dürfte die erstmalige [1][Regierungsbefragung am Mittwoch] im | |
Bundestag ergeben. Da fallen „Randprobleme“ wie Wohnungsmangel und | |
explodierende Mieten kaum noch ins Gewicht. | |
Immerhin: Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat geliefert und knapp | |
drei Monate nach ihrem Amtsantritt einen Referentenentwurf für eine | |
Mietrechtsnovelle vorgelegt. Doch selbst wenn diese Vorlage – wovon nicht | |
auszugehen ist – die Mühlen der Großen Koalition weitgehend unverändert | |
überstehen sollte, wäre es keineswegs der „große Wurf“ zur Eindämmung d… | |
Wohnungsnot in den meisten deutschen Großstädten und Ballungsräumen. | |
So sieht die Verschärfung der Mietpreise bei Neuvermietungen zwar eine | |
Auskunftspflicht der Vermieter über den zuvor verlangten Mietzins vor. Die | |
zahlreichen Schlupflöcher für deren Umgehung bleiben aber ausnahmslos | |
bestehen. Vor allem, weil Mieten, die bereits zuvor über der Kappungsgrenze | |
von 10 Prozent oberhalb des Mietspiegelwerts lagen, dauerhaft | |
Bestandsschutz genießen. | |
Auch die Begrenzung der Modernisierungsumlagen auf 8 statt bisher 11 | |
Prozent, nebst einer Obergrenze von maximal 3 Euro pro Quadratmeter, wird | |
der Verdrängung einkommensschwächerer Mieter kaum Einhalt gebieten. | |
Ohnehin ist der dringend notwendige Schutz von Mietern in Bestandswohnungen | |
nur ein Aspekt des in den vergangenen Jahrzehnten neoliberal entfesselten | |
Wohnungsmarkts. Die Bestände des sozialen Wohnungsbaus sind dramatisch | |
geschrumpft, weil es sich dabei eben nicht um dauerhaft preiswerte | |
Wohnungen, sondern um eine temporäre, öffentlich geförderte Mietpreis- und | |
Belegungsbindung für Häuser handelt, die anschließend wieder dem freien | |
Markt zugeführt werden. | |
## Immobilienkonzerne werden gefüttert | |
Bund, Länder und viele Kommunen haben in einer wahren Verkaufsorgie große | |
Teile ihrer Wohnungsbestände an Investoren verkauft, was zur Keimzelle von | |
börsennotierten Immobilienkonzernen wie Deutsche Wohnen und Vonovia wurde. | |
Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist dramatisch. Branchen-, Mieter- und | |
Sozialverbände gehen übereinstimmend von rund einer Million fehlender | |
Wohnungen aus. Zwar wird seit einigen Jahren wieder mehr gebaut, aber | |
hauptsächlich im oberen Preissegment. | |
Lösungsansätze sind hinreichend bekannt: Konzentration der Förderung auf | |
kommunalen und gemeinnützigen Wohnungsbau, durchgreifende gesetzliche | |
Regelungen zur Mietpreisdämpfung, Ausbau der geschützten Segmente für | |
Wohnungslose und Geringverdiener. Das sind Themen, die für die soziale | |
Verfasstheit unserer Gesellschaft von zentraler Bedeutung sind. Doch die | |
meisten Volksvertreter im Bundestag sehen das offenbar anders. | |
6 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Balcerowiak | |
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