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# taz.de -- Afrofuturistischer Comic „Black Panther“: Unbehelligt von der S…
> Was es bedeutet, heute schwarz zu sein: Im Comic „Black Panther“, dem
> gleichnamigen Film und Soundtrack geht es um Aushandlungsprozesse.
Bild: Superstar: der kalifornische Rapper Kendrick Lamar
Für seine Fans ist US-Rapper Kendrick Lamar eine Art Heiland mit
geflochtenen Zöpfen (sogenannten Cornrows), für sein Plattenlabel aber ist
er König Midas. Am Wochenende stieg „Black Panther: The Album“, der
Soundtrack zu Marvels neuem Superhelden-Film, auf Platz eins in den
US-Charts ein. Lamar selbst geht im Video zu [1][„All the Stars]“, seinem
Stück mit R&B-Sängerin SZA, auf die Suche nach seinen Wurzeln in Afrika und
findet sie bei den Sapeurs, den Dandys aus dem Kongo, ebenso wie bei
Science-Fiction-Figuren, die ägyptischen Gottheiten ähneln.
Mit den Gastauftritten von vier Künstlern aus Südafrika geht „Black Panther
– The Album“ aber eher lieblos um. Rapperin Yugen Blakrok bekommt am Ende
eines Stücks mit Vince Staples einen eher zurückhaltenden Vers zugestanden.
Babes Wodumo, die „Queen of Gqom“, darf zwar ein paar Takte auf Xhosa
rappen, muss dies aber über einem Afro-House-Instrumental der beliebigsten
Bauart tun.
Der Black-Panther-Soundtrack ist zuerst eine verpasste Gelegenheit. Denn er
lässt die wichtigste politische Ästhetik, bei der sich der gleichnamige
Kinofilm bedient, aus: Afrofuturismus. Künstler wie die R&B-Sängerin
[2][Janelle Monáe], die sich als Androidin stilisiert, der Sample-Collageur
Flying Lotus, der Ambient-Musiker King Britt und die elektronische
Blues-Produzentin Moor Mother benutzen Technologie, afrikanische Mythologie
und Science-Fiction-Motive, um auszuhandeln, was es heute bedeutet, schwarz
zu sein. Und gerade bei diesen Künstlern sind die Erwartungen an „Black
Panther“ hoch.
## Glücksgefühle in der Masse
„Der Black-Panther-Film löst Glücksgefühle bei einer großen Masse an
Zuschauern aus, die ansonsten einer konstanten Unterdrückung durch den
Staat ausgesetzt sind,“ sagt Ingrid LaFleur, afrofuturistische Künstlerin
aus Detroit. „Die Debatte darf aber nicht mit dem Hype um den Film enden.
Ich will sichergehen, dass wir Zukunftsentwürfe haben, in denen schwarze
Körper sicher sind und Schwarze ihr eigenes Schicksal in die Hand nehmen
können.“
„Black Panther“ ist nur der aktuellste dieser Zukunftsentwürfe in einer
langen afrodiasporischen Tradition. T’Challa – „Black Panther“, der
Superheld – ist der König des fiktiven Staats Wakanda, der technologisch
fortschrittlichsten Nation der Welt.
Sie schottet sich von der Außenwelt ab, damit ihre wichtigste Ressource,
der außerirdische Rohstoff Vibranium, nicht ausgebeutet werden kann.
Wakanda ist nicht nach einem existierenden afrikanischen Staat modelliert,
sondern bedient sich bei einem imaginierten Afrika, in dem Menschen autark
und unbehelligt vor einer Verschleppung in die Sklaverei ihre Fähigkeiten
und Talente entwickeln können.
## Spuren der Imagination
Spuren dieser Imagination finden sich sowohl in der Sklavenrevolution in
Haiti (1793), den Rastafari-Gemeinden in den 1930er Jahren in Jamaika und
auch bei der sozialistischen Black Panther Party. 1966 wurde sie kurz nach
der Publikation des ersten Black-Panther-Comics im kalifornischen Oakland
gegründet. Dort spielt auch der Establishing-Shot des „Black
Panther“-Films: Zwei Menschen bereiten sich auf eine bewaffnete Aktion vor,
ihr Waffenarsenal ist hinter einem afrikanischen Wandschmuck und einem
Poster der Rapcrew Public Enemy versteckt.
Solche Details gehen in der Dramaturgie eines Superhelden-Films mit
Kampfszenen leicht unter, aber nicht in den aktuellen Folgen des
Black-Panther-Comics. Seine Texter, der National-Book-Award-Gewinner
Ta-Nehisi Coates und die US-nigerianische Science-Fiction-Autorin Nnedi
Okorafor, legen ihren Figuren Fragen von mythologischen Staatsbegründungen
in einer hochtechnisierten Gesellschaft in den Mund und rücken dabei
besonders die weiblichen Figuren in den Vordergrund, die in Wakanda die
Funktionseliten bilden.
All das existiert nur, weil es Marvel Entertainment und sein Besitzer, der
Disney-Konzern, für gewinnbringend halten, in Zeiten von Trump und „Black
Lives Matter“ ihren ersten schwarzen Superhelden verstärkt in die
Öffentlichkeit zu rücken. Aber hat es wirklich jemals afroamerikanische
Popkultur außerhalb kommerzieller Verwertung gegeben?
Auch Marvin Gayes Anti-Vietnamkriegs-Album [3][„What’s going on?“] wurde
1970 vom Soul-Label Motown mit der Aussicht auf sichere Einnahmen
veröffentlicht. An die Summe, die es auf die Konten von Motown-Chef Berry
Gordy spielte, erinnert sich heute keiner mehr. Die Antikriegshymnen von
Gaye aber kennt jeder. So wird es auch mit „Black Panther“ sein.
23 Feb 2018
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=GfCqMv--ncA
[2] https://www.youtube.com/watch?v=R9PMrUqMfM4&t=0s&list=PL6B9209162C4…
[3] https://www.youtube.com/watch?v=H-kA3UtBj4M
## AUTOREN
Christian Werthschulte
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