Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kendrick Lamars Konzert in Berlin: Zur Not auch mit Kung Fu
> Der Ausnahmerapper aus L. A. lässt sich und sein Anliegen eines anderen
> Amerikas zum Abschluss seiner „Damn.“-Tour in Berlin feiern.
Bild: Damn: Kendrick Lamar bei den Brit Awards 2018
Puh, das hat schon was. Sekundenlang bleiben Beats und Bässe aus; die Band,
die Kendrick Lamar in einer Art Orchestergraben neben der Bühne versteckt
hat, verhält sich ruhig. In der Halle ist nichts anderes zu hören als der
Chor der 17.000 Stimmen, die zusammen „[1][Humble]“, Lamars 2017er-Hit,
rappen. Und das ist eben eine andere Disziplin als das schiefe Mitträllern
eines Evergreens. Das hier ist Hochgeschwindigkeitsrap, den seine Fans fast
wie im Schlaf draufhaben. Der Meister mit den geflochtenen Zöpfen tritt
einen Schritt nach vorne, schaut dem Treiben zu. Schließt die Augen. Nickt
zufrieden vor sich hin. Alle im Flow.
Kendrick Lamar, der Ausnahmerapper aus dem kalifornischen Compton, ist zum
Abschluss der „Damn.“-Tour nach Berlin gekommen – und Berlin feiert ihn.
Lamar hat die Bühne fast nur für sich, mal gesellt sich eine Tänzerin, dann
ein Schwertkämpfer zu einer gemeinsamen Choreografie hinzu, sonst bespielt
er die leere Fläche in der Größe eines Volleyballfelds allein.
Als der Superstar um 21.15 Uhr sein Set in der ausverkauften
Mercedes-Benz-Arena beginnt, dauert es geschätzte zehn Sekunden, bis auch
das Publikum auf den Sitzplätzen kollektiv aufsteht. Er eröffnet mit drei
Statements schwarzer Selbstermächtigung: In „[2][DNA]“ bekämpft er mit
Wortsalven das Bild, das von den Black Neighborhoods in US-Medien wie Fox
News oder in Teilen der weißen US-Gesellschaft gezeichnet wird, in
„[3][Element]“ feiert er die schwarze Alltagskultur, und in „[4][King
Kunta]“ vom 2015er-Werk „[5][To Pimp a Butterfly]“ erzählt er vom Nachha…
der Sklavereigeschichte in der afroamerikanischen Community.
Damit ist die Tonlage gesetzt. Die Wortgewalt, mit der Kendrick Lamar
agiert, prägt seine Erscheinung, während die Inszenierung schmuckes Beiwerk
ist. Gehüllt ist der Rapper in einen weißen Kampfsport-Mantel, in dem er
zwischen den Stücken über die Bühne wandelt. Sein Outfit ist durchaus
schlüssig, denn der Abend wird von der Erzählung von „Kung-Fu Kenny“
gerahmt, die zwischendurch auch in Videoanimationen aufgegriffen wird.
Leitmotivisch und gebetsmühlenartig – hier macht dieser Ausdruck mal Sinn –
wird auch das vom „Damn.“-Album bekannte Sample „Ain’t nobody prayin’…
me?“ wiederholt.
## Atmosphäre trotz Entertainmentpark
Und sonst? Einen Michael-Jackson-Moment gibt es, als Lamar in der Mitte der
Halle auf einem Podest in der Mitte der Halle emporgefahren wird. Das
heißt, vielleicht ist es doch eher ein Jesus-Moment, so wie er in seinem
blütenweißen Gewand über der Menge zu schweben scheint. Der Mercedes-Stern
über ihn erinnert einen dann daran, wo man sich befindet.
Dafür aber, dass man sich in einem recht seelenlosen Entertainmentpark
befindet, ist die Atmosphäre außergewöhnlich – was auch daran liegt, dass
Lamar ein mit Hits gespicktes Set spielt (auch ältere Stücke wie „[6][Bitch
Don’t Kill My Vibe]“ fehlen nicht). Zu diesen grooven aufgebrezelte
schwarze Mädels, der Karohemden-Normalo wippt neben dem Zahnspangenmädchen
mit, und auch die Mutter und ihr pubertierender Sohn gehen ganz gut ab.
Insgesamt ist das Publikum international, mit Deutsch kommt man nicht immer
weiter.
Es ist eine 90-minütige Demonstration, der man da beiwohnt – in mehrfacher
Hinsicht. „King Kendrick“ demonstriert sein Können, sein politisches
Anliegen, das das eines „anderen“ Amerika ist, bereit zu kämpfen, zur Not
mit Kung Fu. Dass sich 17.000 begeisterte Teilnehmer dieser Demo
anschlossen, kann hoffnungsfroh stimmen.
6 Mar 2018
## LINKS
[1] https://youtu.be/tvTRZJ-4EyI
[2] https://youtu.be/NLZRYQMLDW4
[3] https://youtu.be/glaG64Ao7sM
[4] https://youtu.be/hRK7PVJFbS8
[5] https://youtu.be/_ZTYgq4EoRo
[6] https://youtu.be/GF8aaTu2kg0
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Kendrick Lamar
HipHop
Konzert
Kendrick Lamar
Black Panther
Kendrick Lamar
Kendrick Lamar
## ARTIKEL ZUM THEMA
Auszeichnung geht an Rapper: Pulitzer-Preis für Kendrick Lamar
Erstmals hat ein Hip-Hopper den Pulitzer-Preis gewonnen. Kendrick Lamar
überzeugte die Jury – vor allem mit seinen sozialkritischen Texten.
Afrofuturistischer Comic „Black Panther“: Unbehelligt von der Sklaverei
Was es bedeutet, heute schwarz zu sein: Im Comic „Black Panther“, dem
gleichnamigen Film und Soundtrack geht es um Aushandlungsprozesse.
Neues Album von Kendrick Lamar: Spiritueller Sprachakrobat
Und mit den Bässen kommt der Bewusstseinsstrom: Kendrick Lamars neues Album
„Damn“ hat einen irren Flow, wenige Längen – und Bono Vox.
Neues Album von Rapper Kendrick Lamar: Er sagt „ich“ statt „die Gesellsch…
Westküsten-Rapper Kendrick Lamar auf der Suche nach Transzendenz und
Erlösung. Sein neues Album „untitled unmastered“ erscheint digital.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.