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# taz.de -- Neues Album von Rapper Kendrick Lamar: Er sagt „ich“ statt „d…
> Westküsten-Rapper Kendrick Lamar auf der Suche nach Transzendenz und
> Erlösung. Sein neues Album „untitled unmastered“ erscheint digital.
Bild: Kendrick Lamar exerziert auch auf seinem Album „untitled unmastered“ …
Der US-HipHop-Star Kendrick Lamar schreibt an einem Bildungsroman, und das
auf mittlerweile drei Alben. Er beginnt mit ein paar Schreibübungen im
damals angesagten HipHop-Idiom (“Section 80“), dann entdeckt der 28-jährige
Lamar mit seinem zweiten Werk „Good Kid, M.A.A.D. City“ den Sound von
Compton, seinem angestammten Stadtbezirk in Los Angeles, für sich.
Schließlich entpuppt er sich im vergangenen Jahr mit dem gefeierten „To
Pimp a Butterfly“ als junger Künstler, der sein Verhältnis zur Welt nach
Ruhm und psychischen Konflikten neu bestimmen muss.
Selbstverständlich haben in jedem Kapitel dieser Erzählung
Alltagsrassismus, Armut und Polizeigewalt Gastauftritte. Aber wie in
ähnlichen Geschichten über das Erwachen des Bewusstseins, was es bedeutet,
als Nachkomme von Sklaven in den USA aufzuwachsen, sagt auch Lamar lieber
„ich“ als „die Gesellschaft“.
Was genau dieses „Ich“ bezeichnet, ist dabei längst seiner Kontrolle
entglitten. Für die einen verkörpert Lamar den Soundtrack zu
#blacklivesmatter, die zeitgenössische Verkörperung eines
afroamerikanischen Weltgeistes, der auf seinen Alben Gangsta-Rapper 2Pac
und Afrobeat-Erfinder Fela Kuti als afrozentrische Gespenster in den Dialog
bringt. Andere werfen ihm genau diese Beflissenheit vor und wünschen sich,
dass der Conscious-Rapper aus dem Ghetto wieder mehr über die Straße und
weniger über sein Bewusstsein rappt.
Lamar selbst löst diese Gegensätze im bislang letzten Kapitel seines
Bildungsromans auf: seine Bühnenshow bei den Grammys in Los Angeles. Er
begann den Auftritt als Kettenhäftling in Sträflingskleidung und beendete
ihn mit einer Tanzperformance in afrikanischer Bemalung, die von Fela Kutis
Auftritten in den mittleren Siebzigern inspiriert war. Schließlich
projizierte er eine Karte von Afrika hinter sich, in der Mitte der
Schriftzug „Compton“ – die Diaspora war heimgekehrt.
Dieser Großerzählung hat Lamar nun mit dem bislang nur im Netz
veröffentlichten Album „untitled unmastered“ acht Fußnoten hinzugefügt.
„We’re just jammin’ out“, spricht Lamar an einer Stelle beiläufig ins …
– alle Songs sind Demos, die bei den Aufnahmesessions zu „To Pimp a
Butterfly“ entstanden sind. Kein Wunder, dass sie eine ähnliche
Klangsignatur besitzen: hier ein bisschen P-Funk, da ein wenig
Westküsten-Jazz und immer wieder Soul-Refrains.
## Die Lacher der Studiosessions auf den Aufnahmen gelassen
Lediglich „Untitled 6“ fällt mit seinem gesampleten Vintage-Ostküsten-Beat
ein wenig aus dem Rahmen. Lamar verzichtet weitgehend auf E-Piano-Geklimper
und Saxofon-Soli, mit denen er das Mutteralbum „To Pimp a Butterfly“
überfrachtet hat. Stattdessen lässt der Rapper endlich mal locker und hat
selbst die Lacher während der Studiosessions auf den Aufnahmen gelassen.
Auch in Bezug auf seine Gastmusiker zeigt Lamar Understatement. Einen Beat
auf „Untitled 7“ hat der fünfjährige Sohn von HipHop-Producer Swiss Beatz
und Alicia Keys produziert. Dass Soulstar Cee-Lo Green mitgewirkt hat,
taucht in den Liner Notes erst gar nicht auf. Das alles tut Lamars Musik
gut, denn es zeigt, dass seine Schnellfeuerraps auch dann zünden, wenn die
Produktion nicht auf die großen Auszeichnungen der Musikindustrie aus ist.
Dabei exerziert Lamar auch auf „untitled unmastered“ seine Lebensthemen:
den Konflikt zwischen Ruhm und Glaubwürdigkeit, die Suche nach spiritueller
Heilung – sprich: Sex – und, klar, den Rassismus. Auf „Untitled 3“
karikiert Kendrick Lamar die stereotypen Ratschläge amerikanischer
Ureinwohner, asiatischer Buddhisten und schwarzer Popstars für sein
Seelenheil, weil er weiß, dass sein Schicksal als Künstler ohnehin davon
abhängt, wie ihn der „weiße Mann“ für 10,99 Dollar vermarkten wird.
## Sample eines Pistolenschusses
„Untitled 7“ ist eine achtminütige dreiteilige Miniatur des
Gesamtkunstwerks Kendrick Lamar: ein Rapper auf der Suche nach Transzendenz
und Erlösung, die ihm auch seine Banknoten und BMWs nicht verschaffen
können. „Compton is where I’m from“, wiederholt er und erzählt davon, w…
er dem Stadtteil zurückgegeben hat, bevor doch wieder das Sample eines
Pistolenschusses in der „mörderisches Hauptstadt“ Compton zu hören ist.
Die 34 Minuten von „untitled unmastered“ mögen Fußnoten sein. Aber sie
verleihen dem großen Bildungsroman des Kritikerlieblings „Kendrick Lamar“
wieder neue Glaubwürdigkeit. Und die ist für Rapper aus Compton eine
krisensichere Währung.
11 Mar 2016
## AUTOREN
Christian Werthschulte
## TAGS
Kendrick Lamar
HipHop
Neues Album
Kendrick Lamar
HipHop
Taylor Swift
Los Angeles
Popmusik
Kamasi Washington
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