# taz.de -- Afrofuturismus-Schau ohne Schwarze: Ignorante Aneignung | |
> Thema verfehlt: Eine Berliner Ausstellung zum Thema Afrofuturismus | |
> beinhaltet keine einzige Arbeit eine_r Schwarzen Künster_in. | |
Bild: Elon Musks Weltall-Spaß als Beginn eines neuen „Kapitels der Menschhei… | |
Es ist nicht allzu überraschend, dass es ausgerechnet in Berlin zu so einer | |
Peinlichkeit kommt. In London oder New York wäre es nicht denkbar, dass | |
eine renommierte Institution eine Ausstellung zum Thema Afrofuturismus | |
plant, mit 22 Künstler_innen – von denen kein_e einzige_r Schwarz ist. In | |
Berlin schon. | |
Denn während überall auf der Welt Fragen von Macht und Teilhabe gerade in | |
den progressiveren Bereichen wie der Kunst das Thema der Stunde sind, | |
schert man sich hierzulande wenig darum, wie die aktuelle Ausstellung | |
„Milchstraßenverkehrsordnung (Space is the Place)“ im Künstlerhaus | |
Bethanien in Berlin-Kreuzberg wieder einmal zeigt. | |
Mehr noch: Es herrscht eine Antihaltung zu allem, was irgendwie nach | |
„Identitätspolitik“ und „politischer Korrektheit“ riecht. Der Erhalt d… | |
verstaubten eurozentrischen Blicks wird selbst von der deutschen Linken als | |
Akt der Rebellion verstanden. Kein Wunder also, dass sich in der Hauptstadt | |
genügend ignorante Kurator_innen und Künstler_innen finden, die nicht | |
zögern, sich völlig weltfremd eine Schwarze Utopie anzueignen – ohne auch | |
nur eine_n der zahlreichen Schwarzen Künstler_innen dieser Stadt | |
miteinzubeziehen. | |
War Afrofuturimus bei Jazzkomponist Sun Ra noch eine queere | |
Weltflucht-Utopie in ein Universum ohne rassistische Strukturen und | |
Ausbeutung, scheint die Philosophie dem Berliner Kurator Christoph Tannert | |
nur noch als hippe Folie zu dienen, vor der einer der mächtigsten weißen | |
Unternehmer unserer Zeit als Visionär zelebriert werden soll: Tesla-CEO | |
Elon Musk. Er schoss im Februar 2018 recht medienwirksam eines seiner Autos | |
ins Weltall. Im Ausstellungstext wird das zum Beginn eines neuen „Kapitels | |
der Menschheitsgeschichte“ verklärt: „Die Kolonisierung des Weltraums (…) | |
verspricht eine avancierte Utopie für den Homo sapiens.“ | |
Ganz abgesehen davon, dass erst im vergangenen Herbst mehrere | |
Mitarbeiter_innen in der kalifornischen Fabrik des Autobauers von | |
rassistischer Behandlung am Arbeitsplatz berichteten – es ist doch sehr | |
verwunderlich, dass jemand wie Musk überhaupt nur mit den | |
Überlebensstrategien Schwarzer Künstler_innen in Verbindung gebracht wird. | |
Denn nichts anderes war Afrofuturismus zu einer Zeit, in der die Black | |
Panther Party zunehmend diskreditiert, alle Schwarzen Führungsfiguren in | |
den USA erschossen und Träume von politischer Selbstverwaltung Schwarzer | |
Communitys desillusioniert wurden. Nun soll diese künstlerische Fiktion | |
also die Kolonialfantasien des weißen Mannes rechtfertigen. Zu Recht fragt | |
sich die Aktivist:innengruppe Soap du Jour nun [1][in einem öffentlichen | |
Brief] an den Berliner Kurator: „Haben wir diesen Film nicht schon einmal | |
gesehen?“ | |
31 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://news.artnet.com/art-world/soap-du-jour-kunstlerhaus-bethanien-16121… | |
## AUTOREN | |
Fatma Aydemir | |
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