| # taz.de -- Rote Hilfe ist doch nicht „gewaltorientiert“: Bremens Innensena… | |
| > Ein Gericht stoppt den Bremer Verfassungsschutz per einstweiliger | |
| > Anordnung. Die Rote Hilfe darf fortan nicht mehr „gewaltorientiert“ | |
| > genannt werden. | |
| Bild: Potentielle Kunden: Kommt es bei Demos, wie hier in 2015 Bremen gegen die… | |
| Genau ein Wort musste der Innensenator aus dem Verfassungsschutzbericht | |
| 2016 streichen. Der Bericht war bereits auf der Internetseite der | |
| Innenbehörde als PDF verfügbar. In diesem ist jetzt nur noch zu lesen: „Die | |
| Rechts- und Hafthilfeorganisation ‚Rote Hilfe e.V.‘ (RH) ist eine | |
| linksextremistische Gruppierung, die ausschließlich im Bereich der | |
| ‚Antirepression‘ tätig ist.“ Zuvor war sie als „linksextremistische | |
| gewaltorientierte Gruppierung“ beschrieben worden. Dass das nicht geht, | |
| entschied das Verwaltungsgericht am 23. Oktober in einer einstweiligen | |
| Anordnung. | |
| Der Verein nannte die einstweilige Anordnung, die drei Monate gilt, einen | |
| Erfolg. „Wir unterstützen Menschen, die von Repressionen betroffen sind. | |
| Was daran gewaltorientiert sein soll, verstehe ich nicht“, sagt Henning von | |
| Stoltzenberg vom Bundesvorstand der Roten Hilfe der taz. Das hatte der | |
| Verein auch in seinem Eilantrag dargelegt. Die Bezeichnung | |
| „gewaltorientiert“ stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines | |
| Persönlichkeitsrecht dar, da sie suggeriere, dass von ihm „militante | |
| Aktionen“ ausgingen, heißt es darin. Seine Ziele und seine Zwecke verfolge | |
| er aber nicht mit den Mitteln der Gewalt, „auch nicht mittels militanter | |
| Aktionen“. | |
| ## Nicht verhältnismäßig | |
| Der Verein kritisiert, dass im Verfassungsschutzbericht weder begründet | |
| würde, inwiefern von ihm „Bestrebungen gegen die freiheitliche | |
| demokratische Grundordnung ausgingen“ noch wie er „eine Gewaltanwendung | |
| unterstützt oder befürwortet“. Somit sei seine Erwähnung im Bericht und die | |
| Bewertung „nicht geeignet, die Öffentlichkeit aufzuklären“ und nicht | |
| verhältnismäßig. Der Bericht sei stigmatisierend und diskreditierend. | |
| Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sieht dies anders. Er schreibt | |
| in seiner Stellungsnahme für das Gericht, dass aus den Erläuterungen zum | |
| Antragsteller deutlich werde, „dass dieser Gewaltanwendung befürwortet und | |
| unterstützt“. | |
| Wo das stehen soll, bleibt allerdings sein Geheimnis: Der Beitrag über die | |
| Rote Hilfe ist im Bericht in der Rubrik „Gruppierungen des | |
| gewaltorientierten Linksextremismus“ mit Abstand der kürzeste. Anders als | |
| bei den anderen Gruppierungen wie „Autonome“ oder „Interventionistische | |
| Linke“ fehlen Hinweise auf ein schriftlich niedergelegtes | |
| Selbstverständnis, aus dem eine Gewaltorientierung oder gar -bereitschaft | |
| hervorgeht. Dort findet sich lediglich der Verweis auf die Satzung des | |
| Vereins: „Die Rote Hilfe ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende | |
| linke Schutz- und Solidaritätsorganisation.“ Dieses Selbstverständnis, sagt | |
| der Bremer Innensenator, schließe den gewalttätigen Teil der | |
| linksextremistischen Szene ein. | |
| ## Verfassungsschutz sieht das anders | |
| Dabei schätzt der Verfassungsschutz die Rolle der Roten Hilfe, die diese in | |
| der Szene einnimmt, selbst offenbar anders ein. „Zu ihren Aufgaben gehören | |
| die Gewährung von Rechtshilfe, die Vermittlung von Anwälten an | |
| Szeneangehörige, die Beihilfe zu Prozesskosten und Geldstrafen sowie die | |
| Betreuung von ‚politischen Gefangenen‘“, heißt es in dem kurzen Absatz. | |
| Das Verwaltungsgericht fand die Ausführungen des Innensenators nicht | |
| nachvollziehbar und gab der Roten Hilfe recht. „Aus dem | |
| Verfassungsschutzbericht geht jedoch nicht einmal ansatzweise hervor, | |
| aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte der Antragsteller der | |
| ‚gewaltorientierten‘ linksextremistischen Szene zuzuordnen wäre“, heißt… | |
| in dem Gerichtsbeschluss. Zudem sei „gewaltorientiert“ nicht definiert. | |
| Das Gericht kommt daher zudem Schluss: „Ein nicht nachvollziehbares | |
| Werturteil über eine (juristische) Person ohne konkrete, belegbare Angaben | |
| zu den Zielen, die diese Person verfolgt, oder den Methoden, derer sie sich | |
| dabei bedient, kann nicht als hinreichende Informationsgrundlage für eine | |
| eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger dienen.“ Ein solches | |
| Werturteil sei als Maßnahme zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen | |
| durch Aufklärung im Sinne eines gesellschaftlichen Frühwarnsystems | |
| ungeeignet, heißt es weiter. | |
| ## Innensenator will Beschwerde einlegen | |
| Der Bremer Innensenator hat angekündigt, Beschwerde gegen den Beschluss | |
| einzulegen. „Wir gehen davon aus, dass wir recht bekommen werden, wenn im | |
| Hauptsacheverfahren entschieden wird“, sagt seine Sprecherin Rose | |
| Gerdts-Schiffler. | |
| Auf den Eilantrag habe man sofort reagiert, auch in den Papier-Exemplaren, | |
| die von der Innenbehörde ausgegeben werden, sei der Begriff geschwärzt. | |
| Auch den Hinweis der taz, dass die Rote Hilfe noch in der Rubrik | |
| „Gruppierungen des gewaltorientierten Linksextremismus“ einsortiert sei, | |
| werde man berücksichtigen. „Wir ändern die Systematik“, so | |
| Gerdts-Schiffler. | |
| Bis 2014 hatte der Verfassungsschutzbericht eine andere Systematik. Darin | |
| tauchte die Rote Hilfe im „Aktionsfeld Antirepression“ auf, in der Rubrik | |
| „Linksextremismus“. | |
| 5 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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