| # taz.de -- Polizei-Novelle: Mehr von allem | |
| > Überwachung bald auch ohne vorherige Straftat? Bremens Innensenator | |
| > stellt den Entwurf fürs neue Polizeigesetz vor. | |
| Bild: Hat Großes vor: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) | |
| Bremen taz | Ein bisschen mehr von allem, und zwar schon bevor eine | |
| Straftat vorliegt: Damit reagiert Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) auf die | |
| gestiegene terroristische Bedrohung. Gestern stellte er den Entwurf eines | |
| überarbeiteten Polizeigesetzes vor, das der Exekutive künftig mehr | |
| Möglichkeiten zur Überwachung geben soll. | |
| „Die Verhältnisse haben sich verändert, das Thema islamistischer | |
| Terrorismus hat uns leider erreicht“, sagte Mäurer zur Begründung dafür, | |
| dass das Bremer Polizeigesetz überarbeitet und inhaltlich jenen der meisten | |
| anderen Bundesländer angeglichen werden soll. | |
| ## Ausgeweitete Befugnisse | |
| Die Befugnisse der Polizei in der Gefahrenabwehr werden dabei deutlich | |
| ausgeweitet. So soll sie künftig die Inhalte von Telefonaten, Mails und | |
| Kurznachrichten von Gefährdern überwachen dürfen, ohne dass bereits eine | |
| Straftat vorliegt. Auch die Gerätenummer eines Mobiltelefons und die | |
| Anschrift der Person dürfen die Behörden beim Telekommunikationsanbieter | |
| abfragen. In besonderen Fällen soll die Polizei außerdem die | |
| Telekommunikation stören dürfen, um etwa eine Fernzündung von Sprengsätzen | |
| zu verhindern. | |
| Senator Mäurer und der Bremer Polizeipräsident Lutz Müller weisen darauf | |
| hin, dass bei allen jetzt geplanten Maßnahmen ein Richtervorbehalt gilt – | |
| die Polizei also nicht ohne richterlichen Beschluss tätig werden darf. „Es | |
| ist nicht so, dass wir willkürlich Maßnahmen ergreifen“, sagte Müller. | |
| Ebenfalls deutlich ausgeweitet werden soll auch die Videoüberwachung: | |
| Zunächst soll die Ausstattung mit Kameras im Bereich des | |
| Bahnhofsvorplatzes, der Diskomeile und in Richtung ZOB ausgebaut werden. | |
| Acht neue MitarbeiterInnen werden eingestellt, um die Kameraübertragung | |
| rund um die Uhr und eins zu eins überwachen und gegebenenfalls sofort | |
| Einsatzkräfte informieren zu können. | |
| ## Kameras und Fußfesseln | |
| Der Innensenator schließt dabei nicht aus, dass die Videoüberwachung später | |
| auch auf weitere Bereiche ausgedehnt werden kann. Auch mobile | |
| Überwachungssysteme sollen künftig bei größeren Menschenansammlungen wie | |
| etwa auf dem Freimarkt oder dem Weihnachtsmarkt zum Einsatz kommen. | |
| Zudem soll die Polizei gefährliche Personen künftig mit einer | |
| elektronischen Fußfessel überwachen können. Bislang geschieht das in Bremen | |
| nur bei aus der Haft entlassenen Sexualstraftätern, denen es untersagt | |
| worden ist, sich bestimmten Orten zu nähern. Die elektronische Fußfessel | |
| war daher bislang ein Instrument der Führungsaufsicht nach einer Straftat, | |
| künftig wird sie jedoch zur Gefahrenabwehr eingesetzt. | |
| Insgesamt erweitern sich durch die geplante Novellierung des | |
| Polizeigesetzes die Befugnisse der Polizei deutlich in Richtung Prävention. | |
| Galt bislang, dass die verstärkten Überwachungsmaßnahmen erst im Laufe | |
| eines Ermittlungsverfahrens im Rahmen der Strafprozessordnung ergriffen | |
| werden durften, geht das jetzt auch unter Rückgriff aufs Polizeigesetz und | |
| ohne dass überhaupt schon eine Straftat begangen wurde. | |
| ## „Verhindern statt aufklären“ | |
| Was unter StrafrechtlerInnen wie der Bremer Professorin Ingeborg Zerbes | |
| umstritten ist (taz berichtete), die eben diese Vorverlagerung der | |
| Strafbarkeit befürchten und vor der Aufweichung rechtsstaatlicher | |
| Prinzipien warnen, freut den Bremer Polizeipräsidenten Lutz Müller: „Ich | |
| bin der Meinung, dass unser Auftrag eher ist, Verbrechen zu verhindern, als | |
| sie hinterher aufzuklären.“ | |
| Innensenator Mäurer allerdings räumt ein: „Eine Fußfessel verhindert keinen | |
| Anschlag.“ Sie eröffne aber Möglichkeiten der Kontrolle angesichts der | |
| gewachsenen terroristischen Bedrohung. „Wir haben immer noch hohe Hürden“, | |
| sagte Mäurer weiter. Aber: „Die Bevölkerung vor Anschlägen zu schützen, i… | |
| unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit.“ | |
| Die Umsetzung der im Entwurf genannten Maßnahmen soll in den kommenden | |
| beiden Jahren rund zwei Millionen Euro kosten. Am 10. Januar wird der | |
| Gesetzesentwurf in der Innendeputation diskutiert. | |
| 15 Dec 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Karolina Meyer-Schilf | |
| ## TAGS | |
| Polizei Bremen | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| Bürgerrechte | |
| Terrorabwehr | |
| Videoüberwachung | |
| Innere Sicherheit | |
| Telekommunikation | |
| Polizei Bremen | |
| Polizei Bremen | |
| Rote Hilfe | |
| Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
| Polizei | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kameraüberwachung am Bremer Bahnhof: Verdrängt durch Glotzen | |
| Nach der Verlagerung der Kriminalität durch Videoüberwachung braucht die | |
| Polizei noch mehr Kameras im Umfeld des Hauptbahnhofs. | |
| Mehr Befugnisse für die Polizei: „Erhebliche Bedenken“ | |
| Am Mittwoch soll die Polizeigesetz-Novelle beschlossen werden. Massive | |
| Kritik an dem Gesetzesentwurf kommt von der Landesdatenschutzbeauftragten. | |
| Rote Hilfe ist doch nicht „gewaltorientiert“: Bremens Innensenator verliert… | |
| Ein Gericht stoppt den Bremer Verfassungsschutz per einstweiliger | |
| Anordnung. Die Rote Hilfe darf fortan nicht mehr „gewaltorientiert“ genannt | |
| werden. | |
| Sicher gegen Islamisten: Mit Technik gegen Terror | |
| Rot-Grün fordert eine Novellierung des Bremischen Polizeigesetzes, das die | |
| quellenunabhängige Telefonüberwachung sowie elektronische Fußfesseln | |
| erlauben soll | |
| Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) über den Spagat zwischen Bürgernähe und Te… | |
| Innensenator Mäurer (SPD) reformiert die Bremer Polizei. Bürgernähe und | |
| Terrorabwehr will er dabei unter einen Hut bringen. Zur Kostenfrage hält er | |
| sich bedeckt. |