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# taz.de -- Mehr Befugnisse für die Polizei: „Erhebliche Bedenken“
> Am Mittwoch soll die Polizeigesetz-Novelle beschlossen werden. Massive
> Kritik an dem Gesetzesentwurf kommt von der
> Landesdatenschutzbeauftragten.
Bild: Die Bürgerschaft soll der Bremer Polizei mehr Rechte geben
BREMEN taz | Das novellierte Polizeigesetz soll am Mittwoch in der
Innendeputation beschlossen werden. Noch im Frühjahr soll es auch von der
Bürgerschaft verabschiedet werden. Neu an dem Gesetzesentwurf sind die
stärkeren Befugnisse der Polizei schon im Vorfeld einer Straftat.
So sollen die Inhalte von Telefonaten, Mails und Kurznachrichten von als
„Gefährdern“ eingestuften Personen schon überwacht werden dürfen, noch
bevor eine Straftat vorliegt. Auch eine elektronische Fußfessel kommt dann
als präventive Maßnahme zur Gefahrenabwehr in Betracht – bislang war sie
lediglich ein Instrument zur Führungsaufsicht nach einer Straftat, etwa bei
entlassenen Sexualstraftätern. Auch die Videoüberwachung soll deutlich
ausgeweitet werden.
Massive Kritik an dem Gesetzesentwurf kommt von der
Landesdatenschutzbeauftragten: In ihrer Stellungnahme, die der taz
vorliegt, äußert sie „erhebliche rechtsstaatliche und datenschutzrechtliche
Bedenken“.
Die Kritik entzündet sich vor allem an dem Begriff „terroristische
Straftat“, den der Gesetzesentwurf neu einführt und auf den er sich beruft.
Neue Straftatbestände zu erfinden, gehört aber nicht zu den originären
Aufgaben Bremens: „Straftaten sind im Strafgesetzbuch geregelt. Da ist der
Landesgesetzgeber gar nicht zuständig“, sagt die zuständige Referentin
Melanie Böttger.
Auch, dass die geplanten Überwachungsbefugnisse nicht ausschließlich auf
Straftaten mit terroristischem Hintergrund abzielen, bemängelt die
Datenschutzbeauftragte. Das stehe der Forderung des
Bundesverfassungsgerichts entgegen. Es sei zweifelhaft, ob dies
„verfassungsrechtlich haltbar“ sei.
## Viel mehr Eingriffsmöglichkeiten seitens der Polizei
„Mit den Regelungen des neuen Polizeigesetzes gehen die Befugnisse der
Polizei, zum Beispiel bei der Videoüberwachung, bei der elektronischen
Aufenthaltsüberwachung und bei der Standortermittlung über die Abwehr von
Gefahren des internationalen Terrorismus hinaus“, sagt Böttger. Das
Polizeirecht werde dadurch „total umstrukturiert“, es gebe viel mehr
Eingriffsmöglichkeiten seitens der Polizei.
Kritik kommt auch von der ehemals grünen Bürgerschaftsabgeordneten Susanne
Wendland: „Meiner Meinung geht die geplante Änderung zu Lasten unserer
Grundrechte. Das wird in Bremen kaum diskutiert.“
Dass das Innenressort bei der Novellierung des Polizeigesetzes eher auf
Schnelligkeit als auf Diskussion setzt, zeigt sich auch bei Beteiligung der
Landesdatenschutzbeauftragten: Die hatte im November letzten Jahres nur
sieben Tage Zeit, um ihre gesetzlich vorgeschriebene Stellungsnahme zum
Gesetzesentwurf zu verfassen. In einem Schreiben ans Innenressort bemängelt
die Behörde genau das: „In der Stellungsnahmebitte sehen wir keine
rechtzeitige Unterrichtung.“
Dass die Frist für die Landesdatenschutzbeauftragte knapp war, bestätigt
auch das Innenressort. Das wollte die Novellierung des Polizeigesetzes
ursprünglich schon im Dezember in den Landtag einbringen. „Deswegen war es
für alle Beteiligten zeitlich ambitioniert, nicht nur für die
Datenschutzbeauftragte, sondern auch für die Justizbehörde und die
Senatskanzlei“, sagte Ressortsprecherin Rose Gerdts-Schiffler. „Es hat
dennoch für eine formelle Ressortabstimmung gereicht.“
„Rot-Grün und besonders Herr Mäurer wollen das Gesetz schlicht durchpauken.
Diskussion unerwünscht“, sagt dazu Susanne Wendland.
Die von der Landesdatenschutzbeauftragten geäußerten massiven Bedenken
haben keinen Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden: Sie wurden in
wesentlichen Punkten vom Innenressort nicht berücksichtigt. Von
möglicherweise verfassungswidrigen Überwachungsmaßnahmen betroffenen
BürgerInnen steht aber der Rechtsweg offen. Es könnte also sein, dass eine
Klärung darüber, ob das Gesetz verfassungskonform ist, vor Gericht
entschieden wird.
9 Jan 2018
## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
## TAGS
Polizei Bremen
Datenschutz
Rechtsstaat
Lesestück Interview
Polizei
Polizei Bremen
Polizeigewerkschaft
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