| # taz.de -- Abgehörte Telefone: Polizei überwacht Fußballfans | |
| > Hannovers Polizei behauptet, mit Telefonüberwachung von Fußballfans | |
| > Körperverletzungen verhindert zu haben. Fanhilfe sieht Eingriff in die | |
| > Grundrechte. | |
| Bild: Von Beamten eskortiert: Hannover 96-Fans auf dem Weg ins Stadion. | |
| HANNOVER taz | Beim Niedersachsen-Derby im April 2017 hat die | |
| Polizeidirektion Hannover die privaten Telefone von Fußballfans abgehört | |
| und Personen observiert. Fünf Tage rund um das Spiel zwischen Hannover 96 | |
| und Eintracht Braunschweig sammelte sie „zur Abwehr einer gegenwärtigen | |
| Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“ Daten über neun | |
| betroffene Fans und observierte diese auch. Die Fanhilfe Hannover | |
| kritisiert dieses Vorgehen als „massiven Eingriff in die Grundrechte und | |
| die Privatsphäre der Betroffenen“. | |
| Die Fanhilfe veröffentlichte [1][auf ihrer Internetseite ein Schreiben] | |
| der Polizeidirektion Hannover, in dem ein Betroffener darüber informiert | |
| wird, dass er überwacht wurde. Dazu ist die Polizei gesetzlich | |
| verpflichtet. | |
| Als Begründung für die Maßnahme gibt die Polizei an, dass aufgrund ihrer | |
| Erkenntnisse „mit großer Wahrscheinlichkeit“ erwartbar gewesen wäre, dass | |
| der Betroffene „als einer der gewaltsuchenden hannoverschen Ultras in die | |
| konkrete Planung bzw. Verabredung einer Auseinandersetzung mit gegnerischen | |
| Fans“ verwickelt würde. Und weiter: „Ziel der Maßnahme war es, frühzeitig | |
| einen oder mehrere Drittorte zu lokalisieren, um die hier zu erwartenden | |
| Straftaten zu unterbinden.“ | |
| Am Spieltag gab es keine gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den | |
| Fangruppen. Die 96-Fans zogen bewacht von einem Großaufgebot der Polizei in | |
| einem langen Zug vom Küchengarten in Hannover-Linden Richtung Stadion. Die | |
| 96-Fans zündeten zwar Pyrotechnik, blieben aber recht friedlich. | |
| Von den Eintracht-Anhängern dagegen wurden 183 in Gewahrsam genommen, | |
| nachdem sie versucht hatten, vor dem Spiel das Stadiongelände zu stürmen. | |
| Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft noch immer gegen einen Unbekannten, | |
| der einem Polizisten mit einem Brecheisen auf den Helm geschlagen haben | |
| soll. | |
| ## Polizei verteidigt die Überwachung | |
| Die Polizei Hannover verteidigt die Überwachung der hannoverschen | |
| Fußballfans: „Aufgrund der durch die Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse | |
| konnten im Vorfeld des Derbys mehrere Körperverletzungsdelikte verhindert | |
| werden“, sagt Polizeisprecher Andre Puiu. In jedem der Fälle habe das | |
| Amtsgericht die Verhältnismäßigkeit bestätigt und die Überwachung | |
| angeordnet. | |
| „Der Eingriff in solche Rechte muss Ultima Ratio sein“, kritisiert | |
| Christiana Rose von der Fanhilfe Hannover. Zunächst müssten mildere Mittel | |
| eingesetzt werden, um die befürchteten Straftaten zu verhindern. „Es ist | |
| auch die Frage, inwieweit die Annahme überhaupt gestimmt hat, dass etwas | |
| geplant war.“ | |
| Für die Betroffenen sei es ein Schock, „wenn man erfährt, dass eine Woche | |
| lang fremde Menschen bei Privatgesprächen mitgehört haben“, sagt Rose. Es | |
| gehe die Polizei nichts an, wer mit wem befreundet sei, wo jemand wohne | |
| oder mit wem er sich treffe. „Das sind Daten, die die Polizei über | |
| Normalbürger auch nicht erhebt“, sagt Rose. | |
| ## Beschwerde beim Amtsgericht | |
| Die Fanhilfe hat einen Anwalt eingeschaltet. Der will Akteneinsicht | |
| beantragen und Beschwerde bei der Polizei und beim Amtsgericht einlegen. | |
| Danach sei es wahrscheinlich, dass die Betroffenen Klagen vor dem | |
| Verwaltungsgericht einreichten, sagt Rose. Zu klären sei, ob die Polizei | |
| tatsächlich Erkenntnisse hatte, die eine Überwachung aufgrund einer Gefahr | |
| für Leib und Leben nach dem Polizeigesetz rechtfertigen, sagt Fan-Anwalt | |
| Andreas Hüttl. „Das ist eine hohe Anforderung.“ | |
| Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) betonte, dass | |
| Gewaltexzesse nicht toleriert werden könnten und alle Mittel ausgeschöpft | |
| werden müssten, um die Täter einer angemessenen Bestrafung zuzuführen. Die | |
| FDP will nun im Innenausschuss eine Unterrichtung beantragen. | |
| 3 Jan 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andrea Scharpen | |
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