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# taz.de -- Polizeieinsätze: Repressionen gegen Fußballfans halten an
> Der Dachverband der Fanhilfen protokolliert unverhältnismäßige
> Polizeieinsätze gegen Fußballfans. Kürzlich hat er seinen Saisonbericht
> veröffentlicht.
Bild: Die Zahl unverhältnismäßiger Polizeieinsätze gegen Fußballfans bleib…
Kaum angekommen, treten sie schon wieder die Abreise an. Am 8. Dezember
letzten Jahres treffen Rot-Weiss Essen und der TSV 1860 München in der
dritten Liga aufeinander. Rund 1.500 Münchener Fans begleiteten ihr Team
nach Essen – doch am Stadion machen sie wieder kehrt. Grund sind
Einlasskontrollen, bei denen einzelne bereits im Intimbereich abgetastet
wurden. Zurück am Essener Hauptbahnhof geraten die Münchener Fans dann mit
der Polizei aneinander. Den Fans zufolge setzt die Polizei Schlagstöcke und
Pfefferspray ein. Ärztliche Hilfe konnten die teils verletzten Fans ihrem
Bericht nach erst nach einer Zugfahrt in Duisburg in Anspruch nehmen.
Es sind Ereignisse wie diese, [1][die der Dachverband der Fanhilfen in
seinem Saisonbericht dokumentiert, den er am Mittwochvormittag vorgestellt
hat.] 24 Fälle von „überzogenen, unverhältnismäßigen und gewalttätigen
Polizeieinsätzen gegen Fans“ sind aufgelistet. Eine Zahl, die im
Saisonvergleich „stabil auf hohem Niveau“ bleibe, so der Verband.
## Polizei verhindert Stadionbesuch
Im Rückblick auf die Vorsaison wird im Bericht unter anderem festgestellt,
dass Fans häufiger das Stadion gar nicht erst erreichen. Meist liege das
nicht, wie im Essener Fall, an den Einlasskontrollen, sondern an Einsätzen
der Polizei, sagt Oliver Wiebe von der Fanhilfe Magdeburg bei der
Vorstellung des Berichts. So wurden beispielsweise rund 500 Fans des FC
Schalke 04 vor einem Spiel gegen den 1. FC Magdeburg von der Polizei
festgehalten. Die Polizei habe die Personalien der Fans aufgenommen, sie
gefilmt und schließlich ein Verbot ausgesprochen, das Stadion zu betreten.
Laut Fanhilfe hat die Polizei ihr Vorgehen damit begründet, dass ihr
Hinweise auf eine „Drittortauseinandersetzung“ zwischen den Fans der
Vereine vorlägen.
Nach den Spielen kommt es ebenso immer wieder zu Verzögerungen. Wiebe
berichtet von einer Kontrolle Magdeburger Fans vor der Rückreise nach einem
Spiel bei Holstein Kiel. Er habe den Eindruck, dass die Polizei solche
Einsätze als Versuchslabor nutzt: „Die Polizei trainiert mit solchen
Aktionen für den Ernstfall: Wie schaffen wir es, einen ganzen Zug zu
stoppen und die Personalien zu kontrollieren?“
## Sorge vor zunehmender Überwachung
Auch die Themen Datenschutz und Überwachung werden im Bericht
problematisiert: [2][Vergangenen Oktober hat die Polizei vor einer Partie
des FC Schalke 04 in Hannover beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga
Daten von Gästegruppen aus Gelsenkirchen erfragt.] Die Fanhilfe Hannover
sieht darin einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und hat den
Landesdatenschutzbeauftragten von Niedersachsen informiert.
Der Dachverband der Fanhilfen warnt angesichts wachsender Möglichkeiten bei
der digitalen Überwachung vor Verletzung der Persönlichkeitsrechte von
Fußballfans. Eine solche Praxis digitaler Überwachung von Fußballfans hatte
im Vorfeld der Männerfußball-EM [3][der Bayerische Rundfunks dokumentiert]:
Um das mit der Eintrittskarte verknüpfte ÖPNV-Ticket zu nutzen, mussten
Fans eine App der Uefa verwenden. Die teilte Standortdaten der Nutzenden
mit Polizeibehörden, ohne das kenntlich zu machen.
Für Linda Röttig, Vorstandsmitglied im Dachverband der Fanhilfen, macht
dies eine Haltung gegenüber Fußballfans deutlich, die sich dringend
verändern müsse. „Schon jetzt sind Auswärtsblöcke ein hochüberwachter
Bereich.“ Röttig fürchtet, dass sich das verstärken könnte. Der politische
Wille weist in diese Richtung: Zu Beginn einer [4][Konferenz zum Thema
Sicherheit in den Fußballstadien] hatten die Bundesländer letzten Herbst
unter anderem personalisierte Tickets gefordert.
Der Dachverband fürchtet auch einen verstärkten Einsatz von künstlicher
Intelligenz zur Überwachung. Politiker*innen würden Fußballfans oft
pauschal als gewalttätig abstempeln und dadurch übermäßige Einsätze
rechtfertigen, sagt Röttig. Statt repressiver Maßnahmen bräuchte es
Vermittlung und Moderation, um Konflikte zu lösen.
Der Dachverband hat sich zudem entschieden gegen die Weitergabe der Kosten
für Polizeieinsätze bei sogenannten Hochrisikospielen an die Vereine
positioniert. [5][Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht dies
möglich.] Vereine könnte dies in Existennot stürzen, erklärt Oliver Wiebe.
Es bestünde die Gefahr, dass die Kosten an die Fans weitergegeben werden.
18 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.dachverband-fanhilfen.de/pressemitteilungen/neuer-saisonbericht…
[2] /Polizei-fragt-nach-Gaestedaten/!6043656
[3] https://www.ardmediathek.de/video/kontrovers/risiko-fans-bei-der-euro-2024/…
[4] https://www.dfl.de/de/aktuelles/austausch-zwischen-innen-und-sportpolitik-s…
[5] /Polizeikosten-fuer-Hochrisikospiele/!6058654
## AUTOREN
Marie Gogoll
## TAGS
Fußballfans
Stadionsicherheit
Fankultur
Fußball
Polizei Bremen
Polizei
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