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# taz.de -- Empörung über Polizeieinsatz gegen Fans: „Ohne rechtliche Grund…
> Auf der Suche nach Straftätern hat die Bremer Polizei 179 Werder-Fans
> festgehalten und fotografiert. Die „Grün-Weiße Hilfe“ wehrt sich
> gerichtlich.
Bild: Da ahnten sie noch nicht, was die Polizei mit ihnen vor hatte: Werder Fan…
Bremen taz | Für einige Fans schlug die Freude über den ersten Saisonsieg
des SV Werder am Sonntag in Frust um. Das Bundesligaspiel gegen den FC
Augsburg war gerade eine Stunde vorbei, als es an der Verdener Straße zu
einer groß angelegten polizeilichen Untersuchung kam. Dabei wurden 179 Fans
festgehalten, namentlich identifiziert und einzeln fotografiert.
Mit der Maßnahme sollten die Verantwortlichen für die tätlichen Angriffe
gegen Beamte nach dem Pokalspiel gegen den SV Atlas Delmenhorst am 10.
August gefunden werden. Damals hatten Ultras drei Polizeibeamte mit
Pflastersteinen verletzt. Ein weiterer Beamter hatte durch Schläge mit
einer Stange schwere Verletzungen erlitten.
Die Fanorganisation „Grün-Weiße Hilfe“, die die Rechte von Fußballfans b…
Konfrontationen mit Sicherheitsbehörden verteidigt, zeigt sich über die
Vorgehensweise der Polizei empört. Zwar habe man Verständnis dafür, dass
die Polizei sich für die angegriffenen Kollegen einsetzt. Das Fotografieren
von nichttatverdächtigen Fans entbehre jedoch „jeglicher rechtlichen
Grundlage“, heißt es in einer Pressemitteilung. Es habe sich nicht bloß um
eine Identitätsfeststellung, sondern um eine erkennungsdienstliche
Behandlung gehandelt. Diese sei „nur gegen Personen zulässig, gegen die ein
Strafverfahren als Beschuldigte“ betrieben wird.
Wilko Zicht, Vorstandsmitglied der „Grün-Weißen Hilfe“, hält die Maßnah…
für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hätte die
Polizei bei der vorangegangenen Ausweiskontrolle einzelne Verdächtige, die
dem Täterprofil entsprechen, für eine erkennungsdienstliche Behandlung
herausgepickt, wäre es „eine legitime Maßnahme“ gewesen, so Zicht.
Stattdessen habe man aus „Bequemlichkeit“ und „ins Blaue hinein“ alle
Anwesenden fotografiert und so 179 zumeist unschuldige Fans unter
Generalverdacht gestellt.
Zicht berichtet, die Polizei habe vor Ort Mappen mit Täterfotos dabei
gehabt, mit denen sie betroffene Fans hätte abgleichen können. „Dann wäre
den meisten Fans die Prozedur erspart geblieben“, so Zicht.
Laut Polizeibericht hat die Untersuchung vier Stunden angedauert. Zuvor
seien die betroffenen Fans per Lautsprecherdurchsage über die Maßnahme
informiert worden. Zwischenfälle habe es nicht gegeben. Die Untersuchung
war aus Sicht der Polizei insofern ein Erfolg, als sie laut
Pressemitteilung „mehrere Tatverdächtige“ identifizieren konnte.
Für die „Grün-Weiße Hilfe“ macht das die Sache nicht besser: „Der Zweck
heiligt nicht die Mittel“, heißt es in der Pressemitteilung, „Eine Polizei,
die dies vergisst, ist eine Gefahr für unseren Rechtsstaat.“ Nun hat die
„Grün-Weiße Hilfe“ beim Amtsgericht beantragt, die Rechtswidrigkeit der
polizeilichen Maßnahme festzustellen. Auch fordert sie die Löschung
sämtlicher Fotos – einschließlich jener der Tatverdächtigen. „Auch die
waren unzulässig, da die Personen bei der Aufnahme der Fotos noch nicht als
tatverdächtig eingestuft waren“, so Zicht.
Die Polizei hatte in ihrer Pressemitteilung den Begriff der
erkennungsdienstlichen Behandlung vermieden. Auch auf Nachfrage wurde
versichert, es habe sich bloß um Identitätsfeststellungen gehandelt. Der
Tatbestand des schweren Landfriedensbruch nach dem Spiel gegen Delmenhorst
habe das legitimiert. Auch habe man die Gewissheit gehabt, dass der Täter
aus der betroffenen Fangruppierung stamme.
Die Lichtbilder und Personalien, die für das weitere Verfahren nicht
relevant seien, seien unmittelbar danach gelöscht worden, die Fotos der als
tatverdächtig eingestuften Fans wurden jedoch wegen Relevanz fürs weitere
Verfahren gespeichert.
Warum die Verdächtigen nicht gleich nach den Vorfällen um das
Delmenhorst-Spiel erkennungsdienstlich behandelt wurden, ließ die Polizei
offen. Auch gab sie keine Auskunft darüber, warum sie es für nötig hielt,
alle 179 Personen abzulichten.
5 Sep 2019
## AUTOREN
Florian Fabozzi
## TAGS
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