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# taz.de -- Fußballfans vor Gericht: Werder? Lebenslänglich!
> In Bremen hat sich die Grün-Weiße Hilfe gegründet. Der Rechtshilfe-Verein
> soll Fans von Werder Bremen juristisch den Rücken stärken.
Bild: Sind sich oft nicht grün: Polizisten und Fans in der Nähe des Weser-Sta…
Bremen taz | Die Beziehung von Ultra-Fußballfans und der Polizei ist wohl
nirgendwo besonders innig. Doch in Bremen zumindest, so sagen es viele, war
sie schon mal deutlich besser.
Heute ist das Verhältnis insbesondere der Ultras zur Innenbehörde und
Polizei zerrüttet – und das nicht erst, seit Innensenator Ulrich Mäurer
(SPD) Gefängnisstrafen für den Pyrotechnik-Einsatz forderte. Durch
Transparente mit Aufschriften wie „Mäurer du Arschloch“ drücken Werder-Fa…
in der Ostkurve des Weser-Stadions regelmäßig ihren Unmut über den Bremer
Senator aus. Dieser habe sie zu Wahlkampfzwecken als Feindbild auserkoren,
sagen die Fans. Ein Vorwurf, den die Innenbehörde stets zurückweist.
Unbestreitbar ist: Im Zusammenhang mit Fußballspielen kommt es oft zu
Straftaten, aber wohl noch öfter zu Ermittlungsverfahren. Die damit
begründete Repression überschreitet nach dem Empfinden vieler Fans
allerdings oft jedes Maß und die Grenze zur Willkür: Durchsuchungen,
Videoüberwachung, Betretungsverbote rund um das Stadion, Ausreisesperren
sind nur einige der möglichen Sanktionen gegen die Anhänger des
Fußball-Clubs. Auch deswegen hat sich nun in Bremen ein Verein gegründet,
der Fußball-Fans rechtlich zur Seite stehen will: die „Grün-Weiße Hilfe“
(GWH), benannt nach den Vereinsfarben von Werder.
Gegen Fußballfans würden mit Telefonüberwachung oder dem Einschleusen von
V-Leuten Mittel angewandt, „die die Polizei normalerweise im Bereich der
organisierten Kriminalität oder der Terrorismusbekämpfung einsetzt“, heißt
es in einer Erklärung der GWH. Bei diesen und anderen rechtlichen
Problemen will sie die Fans nun unterstützen. Vorbild seien solidarische
Gemeinschaften, wie sie es in vielen anderen Städten bereits gibt: etwa in
Hamburg mit der Braun-Weissen Hilfe für Fans des FC St. Pauli. In der
Linken ist das Prinzip durch den Verein „Rote Hilfe“ bekannt.
Der GWH geht es nach eigener Darstellung sowohl um Aufklärung als auch um
direkte juristische Beratung und die Vermittlung von Rechtsanwält*innen. An
Spieltagen gibt es eine eigene Rufnummer, an die sich Fans wenden können –
auch Nichtmitglieder und Gästefans, wie es auf der Website heißt. Auch bei
möglichen Prozesskosten will der Verein einspringen, etwa, wenn den Fans
dafür die Mittel fehlen oder, wenn es um Klagen gehe, wollen wir eine
bessere Durchsetzung von Grund- und Menschenrechten von Fußballfans
sicherstellen“, heißt es von der GWH.
Fußballfans seien ein „Experimentierfeld für Polizeistrategien“, so sagt …
etwa Rechtsanwältin Lea Voigt. Sie arbeitet eng mit der GWH Hilfe zusammen
und nennt als ein Beispiel einen Polizeieinsatz gegen Werder-Fans in
Wolfsburg vor knapp zwei Jahren. Wegen Schmierereien an einer Tankstelle
von Unbekannten wurde damals ein ganzer Bus mit Werder-Fans von der Polizei
auf dem Weg zum Auswärtsspiel auf der Autobahn abgefangen, die Fans
stundenlang kontrolliert und schließlich zurück nach Bremen geschickt.
Rechtswidrig, wie das Oberlandesgericht Braunschweig Ende August 2018
feststellte. Solche Verfahren seien es, bei denen die GWH die Fans
unterstützen will, erklärt Voigt.
Dass sich Rechtshilfe-Gemeinschaften für Fans bundesweit immer um einzelne
Fußballvereine herum organisieren, habe pragmatische Gründe, sagt Voigt.
Vor Ort lasse sich nun mal vieles leichter regeln. Sportliche Rivalität
unter den Anhängern spiele wohl eine Rolle, dass sich kein gemeinsamer
Rechtshilfe-Verein von Bremer, Hamburger und Hannoveraner Fans bilde.
Bundesweit allerdings gebe es diese Zusammenarbeit. Von Werder Bremen
selbst allerdings sei die GWH unabhängig.
## Positive Rückmeldungen von den Grünen und der Linkspartei
Unterstützt wird die GWH allerdings vom Fanprojekt. „Wir können es nur gut
finden, wenn junge Erwachsene die rechtsstaalichen Mittel ausschöpfen
wollen, um sich und ihre Anliegen voranzubringen“, erklärte Daniel Behm vom
Fanprojekt. „Gerade, weil es eine Szene ist, über die gesagt wird, dass sie
sich rechtsfreie Räume schaffe, finden wir es gut, wenn die Leute sagen:
Wir nehmen uns Anwälte und lassen uns auf rechtsstaatliche und
demokratische Mittel ein.“
Positive Rückmeldungen zu dem Projekt kommen auch von Grünen und
Linkspartei. Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion,
erklärte: „Gerade in der Ultra-Szene sind auch viele jüngere Fans dabei.“
Es sei „hilfreich, wenn diejenigen, die Rechtsbeistand brauchen, auch
Unterstützung bekommen“. Er wünscht sich indes mehr Bereitschaft zum Dialog
– „und zwar von beiden Seiten“, so Fecker.
Den Wunsch teilt er mit Linken-Fraktionschefin Kristina Vogt. Sie betont,
in ihren 30 Jahren als Dauerkarten-Besitzerin auch schon andere Zeiten
miterlebt zu haben. „Früher war die Kurve rechts und Nazis haben nach dem
Spiel Einrichtungen im Viertel terrorisiert.“ Das sei erst anders, seit
sich AntifaschistInnen in der Kurve engagiert hätten. Die Linken
Ultra-Gruppen in dieser Tradition müssten unterstützt werden, „statt die
Szene allgemein mit Repression zu überziehen“, so Vogt.
5 Feb 2019
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
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Fans
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Fußball
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