# taz.de -- Ultras kritisieren Werder Bremen: Angespanntes Verhältnis | |
> Nach dem Ordner- und Polizeieinsatz beim Pokalspiel von Werder Bremen | |
> gegen Heidenheim haben die Werder-Ultras starken Klärungsbedarf. | |
Bild: Eine Quelle des Ärgers ist die Unbenennung des Stadions: Fan-Protest im … | |
BREMEN taz | Die heile Welt, die der SV Werder Bremen so gern bemüht, hat | |
Risse. Aus Sicht linker Ultras vor allem, weil sich der Verein an windige | |
Sponsoren verkaufe. Seit 2012 prangt das Emblem des umstrittenen | |
Geflügelmästers Wiesenhof auf den Trikots der Spieler. Zu Beginn der | |
laufenden Saison verscherbelte der Klub den Stadionnamen an die | |
Immobilienfirma Wohninvest. | |
Viele Fans wollen sich damit nicht abfinden. Bei den Heimspielen entrollen | |
sie Transparente, auf denen die Beibehaltung des alten Stadionnamens | |
gefordert wird. Ein Banner der Ultragruppe „Wanderers“ mit der Aufschrift | |
„Immobilienhai. Vorsicht. Bissig“ und zwei nach unten zeigenden Pfeilen | |
hängt stets mit Genehmigung des Vereins im Fanblock in der Ostkurve – | |
direkt über der Wohninvest-Loge. | |
Das war auch am Mittwochabend so, als Werder in der zweiten Pokalhauptrunde | |
gegen den 1. FC Heidenheim kickte und den Zweitligisten in der ersten | |
Halbzeit regelrecht zerlegte. Nach einer halben Stunde, die Bremer führten | |
3:0, kam es in der Ostkurve zu Tumulten. | |
Ordner rissen das Transparent ab und entfernten noch ein weiteres. Es gab | |
Rangeleien, behelmte Polizisten drangen in die Blocks vor. | |
Einige Fans berichteten von Schlagstockeinsätzen der Beamten. „Wir wissen | |
von einigen schweren Verletzungen“, sagte ein Mitglied der Ultra-Gruppe | |
„Infamous Youth“ der taz: „Einem Mann wurde der Arm gebrochen, ein anderer | |
erlitt einen Nasenbeinbruch.“ | |
Infolge der Auseinandersetzungen verließen mehrere Hundert Ultras mit | |
Fahnen und allen übrigen Spruchbändern das Stadion, die Stimmung sackte | |
vorübergehend in den Keller. | |
Noch während des Spiels twitterte Werder: „Ein genehmigtes Banner wurde | |
heute entgegen der Absprachen an einem nicht genehmigten Ort aufgehangen. | |
Ordner wollten es entfernen und wurden von Werder-Fans attackiert. Ebenso | |
unbeteiligte Besucher … Die Polizei ist daher eingeschritten und hat das | |
Banner entfernt. Wegen dieses Einsatzes kam es zum Boykott von Ultragruppen | |
und zum Teil zum Verlassen des Stadions.“ Nach Darstellung des Vereins | |
hingen dieses und ein weiteres Pro-Weserstadion-Transparent im Bereich der | |
Nord- beziehungsweise Südtribüne. | |
Die Polizei teilte mit, der Ordnungsdienst des Stadions sei beim Entfernen | |
eines Banners „körperlich angegriffen“ worden. Daraufhin hätten | |
Einsatzkräfte „unterstützend eingegriffen und wurden ebenfalls angegangen�… | |
Im Übrigen seien weder Schlagstöcke noch Pfefferspray zum Einsatz gekommen. | |
Die „Grün-weiße Hilfe“, die Werderfans bei Problemen mit Polizei und Just… | |
berät, beurteilt den Vorfall ganz anders. Das Anbringen der beiden | |
Transparente sei für die Ostkurve genehmigt gewesen. Die Blöcke 1 und 53, | |
unter denen die Stoffstücke hingen, zählten laut Stadionplan eindeutig zur | |
Ostkurve – tatsächlich ist der Plan hier aber nicht eindeutig. Vor diesem | |
Hintergrund sei bereits unverständlich, warum die Banner überhaupt entfernt | |
worden seien. | |
„Es ist keine polizeiliche Aufgabe, das Hausrecht des Vereins oder gar die | |
Interessen eines Stadionsponsors durchzusetzen“, betont die Fan-Hilfe. | |
Entgegen der Darstellung von Polizei und SV Werder sei es zu keinen | |
körperlichen Angriffen gegen Polizei- oder Ordnungskräfte gekommen, | |
„vielmehr wurden einzelne Werder-Fans bei dem Einsatz verletzt und befinden | |
sich teilweise in ärztlicher Behandlung“. Die Reaktion des Vereins, der das | |
Vorgehen der Polizei rechtfertige, sei „sehr enttäuschend“. | |
Die schärfste Kritik kam am Freitag von „Infamous Youth“. „Das brutale | |
Vorgehen der Polizei ist ein direkter Angriff auf das fanpolitische | |
Engagement der Fanszene und die Meinungsfreiheit in unserem Stadion, den | |
wir nicht unbeantwortet lassen konnten“, erklärte die Gruppe: „Für uns gi… | |
es nichts Schöneres, als in der Kurve zu stehen und unseren SV Werder | |
anzufeuern. Gleichzeitig sind wir keine Dienstleister in Sachen | |
Unterstützung der Mannschaft, die sich alles gefallen lassen.“ | |
Von Werder wollen die Ultras nun wissen, wer den Ordner- und | |
Polizeieinsatz veranlasst hat. Habe sich die Polizei über das Hausrecht des | |
Vereins hinweggesetzt oder wolle die Geschäftsführung den Protesten gegen | |
den Verkauf des Stadionnamens ein Ende setzen? | |
Auch die Rolle von Wohninvest müsse geklärt werden. Das angespannte | |
Verhältnis zwischen Ultras, Verein und Polizei bleibt angespannt. Die | |
Ankündigung der Polizei, gegen Fans nun Anzeigen zu fertigen, trägt kaum | |
zur Deeskalation bei. | |
4 Nov 2019 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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