| # taz.de -- Ordnungsamt rehabilitiert Werder-Ultra: Täter und Opfer verwechselt | |
| > Obwohl er von Neonazi-Hooligans zusammengeschlagen wurde, bekam ein | |
| > Werder-Fan ein Aufenthaltsverbot in Bremen. Das zieht das Amt nun zurück. | |
| Bild: Angespanntes Verhältnis: Polizei und Ultras stehen sich im Stadion gegen… | |
| Bremen taz | Wer ein linker Ultra ist, der kann kein Opfer, sondern nur | |
| Täter sein. Nach dieser Devise behandelten Polizei, Ordnungsamt und | |
| Staatsanwaltschaft einen 25-jährigen Fan von Werder Bremen – und mussten | |
| jetzt klein beigeben. Nach einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht | |
| (Aktenzeichen 2V 1990/18) wurde das Aufenthaltsverbot für Frank Müller | |
| (Name geändert) aufgehoben. | |
| Es galt für weite Teile der Stadt und an allen Tagen der laufenden | |
| Fußballsaison, an denen Werder Bremen I oder II ein Heimspiel haben. Für | |
| einen Dauerkartenbesitzer aus Göttingen quasi die Höchststrafe. Dabei war | |
| Müller selbst unvermittelt von Hooligans angegriffen und mehrfach mit | |
| Fäusten geschlagen worden. | |
| [1][Im vergangenen Dezember] war es nach einer Bundesligabegegnung rund um | |
| das Lokal „Die Schänke“ im Steintorviertel zu einer Massenschlägerei | |
| gekommen. Die Polizei berichtete von fünf Leichtverletzten, elf Personen | |
| seien damals festgenommen worden – insgesamt sollen rund 120 Personen an | |
| der Auseinandersetzung beteiligt gewesen sein, die Polizei richtete eine | |
| eigene Ermittlungsgruppe ein. Sowohl die Polizei als auch das Fanprojekt | |
| waren im Vorfeld davon ausgegangen, dass es ein ruhiger Spieltag werden | |
| würde. | |
| [2][Ein nicht an der Schlägerei beteiligter Ultra sagte der taz] nach | |
| Gesprächen mit Augenzeugen, es habe sich bei den Gästen der Kneipe um 30 | |
| bis 40 Nazi-Hooligans, unter anderen aus den angeblich aufgelösten Gruppen | |
| „Standarte Bremen“ und „Nordsturm Brema“ gehandelt. Der Mann widersprach | |
| damit der Darstellung der Polizei, wonach die Ultras die Kneipe angegriffen | |
| hätten. | |
| Nach dem Vorfall ermittelte die Polizei wegen eines besonders schweren | |
| Falles von Landfriedensbruch gegen Frank Müller. Sein Handy wurde | |
| beschlagnahmt, er musste sich erkennungsdienstlich behandeln lassen und | |
| seine Fingerabdrücke abgeben. Dabei sei Müller „vorher polizeilich nie in | |
| Erscheinung“ getreten, sagt sein Anwalt Sven Adam: „Die Ermittlungsakte ist | |
| voll von Hinweisen darauf, dass er von Hooligans angegriffen wurde und er | |
| selbst gerade kein Straftäter war.“ Ihm trotzdem den Aufenthalt in Bremen | |
| zu verbieten, „war absurd“, so Adam. | |
| Nachdem der Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs nicht mehr aufrecht zu | |
| erhalten war, hob das Ordnungsamt den Platzverweis nun Ende August auf, die | |
| Stadt trägt die Kosten des Verfahrens. | |
| Das heißt nicht, dass er jetzt als unschuldig gilt. Denn Frank Müller ist | |
| weiter in der umstrittenen Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ gelistet. | |
| Dagegen geht Adam nun rechtlich vor, auch gegen die Anordnung zur | |
| erkennungsdienstlichen Behandlung. Die Polizei habe sich bisher dazu nicht | |
| geäußert, sagt Adam, und es gebe auch in der Akte keinerlei Hinweise | |
| darauf, warum Müller überhaupt als Straftäter und nicht als Opfer gehandelt | |
| wurde. Auch der Bescheid des Ordnungsamts geht darauf nicht ein. | |
| Um der Polizei als „Gewalttäter Sport“ zu gelten, muss man sich aber auch | |
| nicht schuldig gemacht haben. „Es reicht, wenn ein Beamter sich am Rande | |
| eines Fußballspiels veranlasst fühlt, Ihre Personalien zu kontrollieren | |
| oder Sie sich in einer Gruppe mit verdächtigen Personen befinden“, | |
| [3][sagte der Fan-Anwalt Torsten Kellermann der taz]. | |
| 17 Sep 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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