# taz.de -- Abschottung Europas in Libyen: Jetzt wird’s ernst | |
> Ausbildung der Grenzpolizei, Deportationen nach Niger, Präsenz in der | |
> Wüste: Das sind die Maßnahmen der EU zur Flüchtlingsabwehr. | |
Bild: Nassforsch: Libyens Küstenwache im Einsatz | |
BERLIN taz | Nach dem europäisch-afrikanischen Migrationsgipfel in Paris | |
vor einer Woche werden nun Maßnahmen bekannt, mit denen Deutschland, | |
Frankreich und Italien den Ausbau der Grenzkontrollen in Nordafrika und im | |
Sahelraum gegen illegale Migranten vorantreiben wollen. Die Details gehen | |
aus zwei Antworten der Bundesregierung auf parlametarische Anfragen der | |
Linken hervor, die der taz vorliegen. | |
Frankreich und Deutschland wollen demnach im Sahel eine Schule für | |
Grenzpolizisten errichten. Der Beschluss dazu wurde im Juli vom | |
deutsch-französischen Ministerrat gefasst. In welchem Land das | |
Ausbildungszentrum für Führungskräfte angesiedelt sein soll, ist noch | |
offen. Beide Länder wollen bald Experten zur Gründung der Schule entsenden. | |
Die Abstimmungen dazu laufen derzeit, so die Bundesregierung. | |
Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt auf Libyen. Mit Unterstützung der EU | |
hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR demnach einen neuen | |
„Nottransfer-Mechanismus“ mit Niger vereinbart. Der sieht vor, dass | |
schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen nach Niger ausgeflogen werden | |
können. Von dort soll nach Ausreisemöglichkeiten in die EU gesucht werden. | |
Die Bundesregierung hat dem UNHCR für seine neuen Aktivitäten in Libyen 50 | |
Millionen Euro zur Verfügung gestellt. | |
Laut dem Auswärtigen Amt hat Libyen nun offiziell eine Such- und | |
Rettungszone im Mittelmeer benannt. Angaben zu deren Ausmaß macht das Amt | |
nicht. Die libysche Küstenwache hatte im August erklärt, die Zuständigkeit | |
für Seenotfälle in internationalen Gewässern vor ihren Küsten zu | |
übernehmen. Privaten Seerettungsschiffen hatte sie unter Androhung von | |
Gewalt den Zugang verboten. Bislang ist unklar, welchen Umfang das Gebiet | |
hat und ob die libysche Zuständigkeit international anerkannt wird. | |
Die EU-Marinemission „Sophia“, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, | |
soll die libysche Küstenwache künftig auch auf deren eigenen Booten | |
trainieren. Die dafür notwendige Einladung der libyschen Regierung stehe | |
allerdings noch aus, so die Bundesregierung. | |
## Umfangreiches Grenzmanagementprojekt | |
Dies stößt auf Kritik. „Die libysche Küstenwache ist tief in die | |
Schlepperei verstrickt“, sagt der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko. Das | |
hätten sowohl die EU-Grenzschutzagentur Frontex als auch das Auswärtige Amt | |
bestätigt. | |
Frankreich und Italien unterstützen Libyen bei der Ausbildung einer | |
Präsidentengarde für die Regierung in der Hauptstadt Tripolis, und noch im | |
September sollen die Vorbereitungen für ein umfangreiches | |
Grenzmanagementprojekt der EU in Libyen abgeschlossen sein. Das Mandat | |
der Polizeiausbildungsmission EUBAM Libya wird dafür erweitert. | |
Die Mission, an der deutsche Experten und derzeit ein deutscher | |
Polizeibeamter beteiligt sind, ist aus Sicherheitsgründen seit Jahren | |
lediglich in Tunis ansässig. Jetzt mietet die EU Liegenschaften in Tripolis | |
an, damit EUBAM Libya bis Ende des Jahres eine „leichte Präsenz“ in Libyen | |
selbst aufbauen kann. EUBAM Libya soll unter anderem das libysche | |
Innenministerium beim Aufbau von „Modell-Polizeistationen“ beraten und die | |
Küstenpolizei ausbilden. | |
Außerdem baut EUBAM Libya eine Mission für das Grenzmanagement an der | |
Südgrenze des Landes zu Niger und Tschad auf. Hier ist der Einfluss der | |
Zentralregierung bislang extrem schwach. Die Mission soll dort mit der | |
geplanten neuen Sahel-Eingreiftruppe G5 zusammenarbeiten, die derzeit von | |
Mali, Niger, Burkina Faso, Mauretanien und Tschad aufgebaut wird. | |
3 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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