# taz.de -- Presseakkreditierung beim G20-Gipfel: Unter Beobachtung | |
> Das BKA wollte in Hamburg 28 Journalist_innen beaufsichtigen. Weil dies | |
> nicht möglich war, wurde die Akkreditierung entzogen. | |
Bild: Sicherheitszone: das Medienzentrum kurz vorm G20-Gipfel | |
Die Regierung wehrt sich gegen den Verdacht, ausländische Geheimdienste | |
hätten Einfluss auf den Entzug von Akkreditierungen von 32 Journalist_innen | |
beim G20-Gipfel genommen. Mit ihren Erklärungen beschwören sie nun den | |
nächsten Verdacht herauf: die Überwachung von Journalist_innen durch | |
deutsche Polizeibeamte, und zwar über Jahre hinweg. | |
Die beim G20-Gipfel betroffenen Journalist_innen hätten sich in Hamburg | |
ohnehin nur in „Begleitung“ durch BKA-Beamte in Sicherheitsbereichen | |
bewegen dürfen. Das berichtete am Mittwoch die Süddeutsche Zeitung (SZ) | |
unter Berufung auf Regierungssprecher Steffen Seibert und das | |
Bundesinnenministerium sowie Sicherheitskreise. Quellen sind neben der | |
Bundespressekonferenz vom Mittwoch auch Einzelgespräche. | |
Demnach seien die Akkreditierungen entzogen worden, nachdem die | |
BKA-Sicherheitsleute hatten feststellen müssen, dass sie die | |
Beaufsichtigung der verdächtigen Journalist_innen nicht würden leisten | |
können. Solches Vorgehen sei mindestens seit dem G8-Gipfel in Heiligendamm | |
im Jahr 2007 schon öfter vorgekommen. | |
## Keine Überwachung, sagt die Regierung | |
Eine „Räuberpistole“ nannte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums die | |
SZ-Geschichte in der Bundespressekonferenz – betonte aber, den Bericht | |
„weder zu bestätigen noch zu dementieren“. Er und Seibert sagten, die | |
Behörden seien bemüht gewesen, die Sicherheit durch „weniger | |
einschneidende, weniger grundrechtsintensive Maßnahmen“ als den Entzug von | |
Akkreditierungen zu gewährleisten, etwa durch eine „stellenweise erhöhte | |
Sicherheitspräsenz“. Mit Überwachung habe das nichts zu tun. | |
Tatsächlich hätten von den 32 vom Akkreditierungsentzug betroffenen | |
Journalist_innen 28 durch BKA-Beamte begleitet werden sollen, wie die taz | |
aus Sicherheitskreisen erfuhr. Dies hätte aber nur beim Betreten bestimmter | |
Sicherheitsbereiche und nach offener Ansprache der Betroffenen erfolgen | |
sollen. Der Fall sei letztendlich nicht eingetreten, weil keiner der | |
Betroffenen vor Entzug der Akkreditierung einen solchen Bereich betreten | |
hätte. | |
Die Entscheidung, diesen 28 Personen die Akkreditierung zu entziehen, sei | |
tatsächlich gefallen, weil das BKA diese Beaufsichtigung nicht habe | |
sicherstellen können. Dies habe unter anderem an den Räumlichkeiten und an | |
sogenannten Poolkarten etwa für Fototermine gelegen, die unpersonalisiert | |
sind und unter Journalist_innen weitergegeben werden können. | |
## Massive Sicherheitsbedenken | |
Zu den vier weiteren Personen sagten Sicherheitskreise, dass diese sich | |
sehr spät gemeldet hätten und deswegen schnell akkreditiert worden seien. | |
Erst nach der Akkreditierung seien dann „massive Sicherheitsbedenken“, die | |
auf Erkenntnissen des Staatsschutzes beruhten, bekannt geworden. „Wenn das | |
vorher bekannt gewesen wäre, hätten diese Personen gar nicht erst eine | |
Akkreditierung bekommen“, hieß es aus Sicherheitskreisen gegenüber der taz. | |
Deswegen sei diese dann wieder entzogen worden. Die Sicherheitsbedenken | |
gegenüber den anderen 28 Personen hätten nicht nur aus Verfassungsschutz-, | |
sondern auch aus Polizeiquellen gestammt und seien sehr heterogen, darunter | |
seien aber unter anderem Erkenntnisse über Gewaltbereitschaft. | |
Das Bundesinnenministerium wollte sich mit Verweis auf den | |
Persönlichkeitsschutz auch weiterhin nicht dazu äußern, um welche | |
Erkenntnisse es genau geht. Das Bundespresseamt war mit Verweis auf | |
Seiberts Reise nach Paris bis Redaktionsschluss nicht zu einer | |
Stellungnahme bereit. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
verteidigte den Entzug der Akkreditierungen. Alleiniger Grund für die | |
Entscheidungen sei gewesen, „die Sicherheit des Gipfels und seiner | |
Teilnehmer zu gewährleisten.“ | |
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hingegen forderte am Donnerstag eine | |
Aufklärung der Vorwürfe. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte | |
auf die jüngsten Berichte mit Empörung. „Journalisten als Sicherheitsrisiko | |
für Merkel, Trump und Putin? Leidet der Regierungssprecher unter | |
Kontrollwahn?“, fragte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. Er sieht das | |
Grundrecht der Pressefreiheit gefährdet. | |
13 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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