# taz.de -- Bosbachs Abgang beim Maischberger-Talk: Aufgeben ist auch keine Lö… | |
> Mit seiner Missbilligung von Jutta Ditfurths Verhalten hat CDU-Politiker | |
> Wolfgang Bosbach recht. Die Talkrunde zu verlassen war allerdings falsch. | |
Bild: „Wie kann ein erwachsener Mann so mimosenhaft sein“, kommentierte Dit… | |
Und der Krawall ist doch noch nicht vorbei. Diesmal kracht es nur im | |
Fernsehstudio und nicht mehr auf den Hamburger Straßen. In der Talkrunde | |
von Sandra Maischberger am Mittwochabend verließ CDU-Bundestagsabgeordneter | |
Wolfgang Bosbach die Livesendung. | |
Grund war das Auftreten der ehemaligen Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth, | |
die ebenfalls zu Gast war. „Frau Ditfurth ist persönlich, vom Verhalten und | |
von ihrer […] Argumentation unerträglich. Das muss ich nicht mitmachen“, | |
sagte Bosbach, stand auf und ging. Maischbergers Versuche, ihn vom Bleiben | |
zu überzeugen, schlugen fehl. Stattdessen forderte sie aus Paritätsgründen | |
Ditfurth auf, es Bosbach gleich zu tun. Die aber blieb sitzen. | |
Ditfurths Verhalten während der Sendung war tatsächlich unverschämt. | |
Ständig fiel sie den anderen Diskutierenden ins Wort und kommentierte | |
ungefragt die übrigen Redebeiträge oder murmelte etwas dagegen. Die | |
Standards, die bei einer Talkshow für gewöhnlich gelten, hat sie maßlos | |
überstrapaziert. Die Rolle des Störenfrieds der Runde nahm man ihr ohne | |
Zweifel ab. | |
Mehrmals versuchte Maischberger die aufbrausende Ditfurth zu bremsen. Diese | |
zeigte sich davon völlig unbeeindruckt und blieb ihrem Krawallkurs treu, | |
redete über Maischbergers Moderationen hinweg und ignorierte auch die | |
Zurechtweisungen der anderen Gäste – nicht nur die von Bosbach. „Frau | |
Ditfurth, Sie wollen ausreden, können Sie mich nicht auch …?“, erboste sich | |
Katarina Barley von der SPD. | |
Gleichzeitig beanspruchte Ditfurth für ihre eigenen Ausführungen unnötig | |
viel Zeit. Fast vier lange ausschweifende Minuten berichtete sie über ihr | |
persönliches Erleben der „Welcome to Hell“-Demo am vergangenen | |
Donnerstagabend, die die Polizei mit hartem Vorgehen abbrach. Für Ditfurth | |
ohne berechtigten Grund. „Auf Vermummung steht nicht die Todesstrafe.“ | |
Entgegen der übrigen Runde sprach sie von einer Polizeigewalt, die vor | |
nichts und niemandem haltzumachen schien. | |
Bosbach stellte schon nach knapp 20 Minuten Sendezeit klar, dass ihm | |
Ditfurth ein Dorn im Auge war. „Es geht nicht, dass Frau Ditfurth so lange | |
[…] sagen kann, was sie will.“ Maischberger hat es nicht geschafft, die | |
Redezeit gleich aufzuteilen und einen respektvollen Umgang ihrer Gäste | |
untereinander einzufordern. Das wäre ihre Aufgabe als Moderatorin gewesen. | |
Deshalb drohte Bosbach bereits zu diesem Zeitpunkt, die Sendung zu | |
verlassen. Er hielt es dann doch noch 40 Minuten weiter auf seinem | |
schwarzen Sessel aus, bevor ihm die Lust am talken ganz verging. „Wie kann | |
ein erwachsener Mann so mimosenhaft sein“, kommentierte das Ditfurth. | |
So sehr es auch ein Graus war, Ditfurths überhebliches Auftreten und | |
Maischbergers enttäuschende Moderation ertragen zu müssen: In ihrem Urteil | |
über Bosbachs Abgang hat Ditfurth recht. Er sollte schon ein bisschen mehr | |
aushalten können, gerade in seiner Funktion als Politiker. | |
Es wird immer Menschen geben, die von einem fairen Austausch von Argumenten | |
nicht sehr viel halten; stattdessen lieber in ausufernde Monologe verfallen | |
und rumstänkern. Das macht eine Diskussion nicht unbedingt angenehm. Ein | |
Thema, eine Frage oder ein Problem zu analysieren, von verschiedenen Seiten | |
mit durchdachten und sachlichen Argumenten zu beleuchten, Pro und Contra | |
gegeneinander sorgfältig abzuwägen, das alles scheint sehr weit weg. | |
## Bosbach hat versagt | |
Reagiert man aber so wie Bosbach, dann sind auch die letzten Überbleibsel | |
an Hoffnung verloren. Klammert man Menschen mit anderen Positionen, erst | |
recht wenn sie diese auf sehr fragwürdige Art und Weise kundtun, einfach | |
aus, lebt es sich freilich leichter. In der eigenen Filterblase ist immer | |
alles schön und angenehm flauschig. Klingt verlockend. Aber es ist auch ein | |
Aufgeben, ein Versagen. | |
Dieser Mensch mit dieser anderen Meinung ist nicht verschwunden, nur weil | |
man die Augen verschließt und laut brüllt: „Ich sehe dich nicht!“ Und er | |
wird auch nicht einfach stumm und trägt seine Ansichten nicht mehr nach | |
außen. Wenn man wirklich mit den Argumenten des Gegenübers nicht | |
einverstanden ist, wenn man die Thesen für falsch oder schlicht gefährlich | |
hält, darf man nie mit dem Versuch aufhören, in einen Diskurs zu treten. | |
Ansonsten entbehrt es jeden Sinn, sich überhaupt erst eine Meinung zu | |
bilden. | |
13 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Johanna Feckl | |
## TAGS | |
Maischberger | |
Wolfgang Bosbach | |
Jutta Ditfurth | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Jutta Ditfurth | |
Jutta Ditfurth | |
ARD | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Krawalle | |
Männlichkeit | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jutta Ditfurth über Antisemitismus: Vermintes Terrain | |
Jutta Ditfurth spricht im SO36 über Antisemitismus von links. In ihrem | |
zweistündigen Vortrag geht es auch um die BDS-Bewegung gegen Israel. | |
Angriff im ICE auf linke Politikerin: Ditfurth mit Metallstange attackiert | |
Ein Mann schlug Jutta Ditfurth von hinten mit einer Metallstange auf den | |
Kopf. Das Zugpersonal zeigte sich wenig hilfsbereit. Die Polizei ermittelt. | |
Sahra Wagenknecht in Talkshows: Palavern im Dauerabo | |
Mit elf Auftritten im Jahr 2017 saß keine andere Politikerin so oft in | |
einer der großen Talkshows wie sie. Herzlichen Glückwunsch! | |
Autonomenzentrum in Hamburg: Klare Kante gegen die Rote Flora | |
Viele Jahre hat Hamburgs Senat die Rote Flora geduldet. Nach G20 ist es | |
damit vorbei. Auch eine gewaltsame Räumung nimmt die SPD in Kauf. | |
Die Wahrheit: Bekenntnis eines blauäugigen Linken | |
Spätlese der Krawalle beim G20-Gipfel: Was ist heute noch links? Das weiß | |
nach den Mordsnächten von Hamburg tatsächlich niemand mehr. | |
Debatte um „toxische Männlichkeit“: Problematische Kerle | |
Ob bei Protesten, Parties oder Fußballspielen: Gewalt geht überwiegend von | |
Typen aus. In Bezug auf Hamburg führt die Diskussion aber auf ein | |
Nebengleis. | |
Presseakkreditierung beim G20-Gipfel: Unter Beobachtung | |
Das BKA wollte in Hamburg 28 Journalist_innen beaufsichtigen. Weil dies | |
nicht möglich war, wurde die Akkreditierung entzogen. | |
Entzogene Akkreditierungen beim G20: Maas fordert Aufklärung | |
Sie waren regulär akkreditiert, dann durften 32 Journalisten doch nicht | |
berichten. Einige wurden offenbar jahrelang beobachtet, wie die „SZ“ | |
berichtet. | |
Kontroverse „Gewalt und die Linke“: Der Anteil der Anteillosen | |
Die politisch-mediale Aufregung um die Krawalle in Hamburg lenkt vom | |
Scheitern des Gipfels ab – und vom politischen Charakter der Riots. |