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# taz.de -- Vor Gipfel entzogene Akkreditierungen: Angriff auf Pressefreiheit b…
> Mehrere Journalisten standen im Visier türkischer Behörden. Laut
> Regierung nahmen ausländische Geheimdienste aber keinen Einfluss.
Bild: Im Medienzentrum verfolgen JournalistInnen den Gipfel. Weiter vorgelassen…
Berlin taz | Haben ausländische Sicherheitsdienste Einfluss auf die
Entscheidung genommen, 32 Journalisten die Akkreditierung zum G20-Gipfel
wieder abzunehmen? Diesen Verdacht hat Regierungssprecher Steffen Seibert
am Mittwoch erneut entschieden zurückgewiesen. „Die Sicherheitsbedenken
resultierten ausschließlich aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden“,
sagte er.
Aufgekommen war der Verdacht, weil zahlreiche betroffene Journalisten in
der Vergangenheit ins Visier türkischer Behörden geraten waren – drei waren
bei der Berichterstattung in kurdischem Gebiet festgenommen worden, zwei
weitere hatten mit ihrer Berichterstattung Kritik türkischer Behörden
ausgelöst. Insgesamt lag bei sechs von bisher acht namentlich bekannten
Journalisten ein Türkei-Bezug vor.
Verstärkt wurde der Verdacht durch widersprüchliche Erklärungen des
Bundespresseamts und des Bundeskriminalamts (BKA), die beide am
Akkreditierungsprozess beteiligt sind. Während das von Seibert geleitete
Presseamt am Dienstagnachmittag erklärt hatte, dass die
Sicherheitsbedenken, die die Grundlage für den Ausschluss waren, komplett
„aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden resultierten“, las sich das
beim BKA zunächst anders: Dort hieß es, es „lagen zum Zeitpunkt der
Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher
Sicherheitsbehörden vor“.
Später habe es aber „gewichtige zusätzliche sicherheitsrelevante
Erkenntnisse gegeben“. Woher diese stammten, blieb dabei offen. Erst
nachdem Medien auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht hatten, schob das
BKA die Erklärung nach, auch diese Informationen „stammten ausschließlich
von deutschen Behörden“.
## Angeblich sollen Straftaten ein Grund gewesen sein
Nach Ansicht des Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom folgt aus
dieser Aussage aber nicht zwangsläufig, dass keine Informationen
ausländischer Geheimdienste genutzt wurden. „BND und Verfassungsschutz
machen normalerweise keine Angaben zu ihren Quellen“, sagte er der taz.
„Sie werten alle Informationen aus, die sie erreichen, und geben das
Ergebnis als ‚eigene Erkenntnis‘ weiter.“
Würde die Regierung also gar nichts davon erfahren, wenn der türkische
Geheimdienst eine Warnung an den BND und dieser sie ohne Quelle ans BKA
weiterreichte? Auf diese Frage antwortete ein Sprecher des
Innenministeriums: „Ich kann zur Praxis des Bundesnachrichtendienstes
nichts sagen.“ Den Verdacht, dass die Türkei dahinterstecke, nannte er eine
„abenteuerliche Räuberpistole“.
Eine alternative Erklärung, warum die Journalisten plötzlich als ernstes
Sicherheitsrisiko galten, lieferte die Bundesregierung aber nicht – mit
Verweis auf den Datenschutz. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, dem
das BKA unterstellt ist, sagte lediglich: „Es ging bei verschiedenen
Personen um nicht unerhebliche Straftaten.“ Details würden nur den
Betroffenen selbst mitgeteilt. Viele von ihnen berichten seit Jahren von
Gipfeltreffen, einer durfte sogar am Vortag des G20-Treffens noch bei der
Landung von US-Präsident Donald Trump auf dem Flughafen fotografieren.
Neben dem Ausschluss der Journalisten war auch die Umsetzung der Anordnung
auf scharfe Kritik gestoßen: An diversen Zugangspunkten zum Hamburger
G20-Gelände standen Polizisten mit auf A4-Papier kopierten Listen der
angeblich gefährlichen Journalisten. Diese Listen trugen keinen
Vertraulichkeitsvermerk und waren aufgrund der großen Schrift auch von
Dritten einsehbar. Hier hält die Regierung Versäumnisse zumindest für
denkbar. Ob bei der Prüfung der Datenschutz ausreichend berücksichtigt
wurde, sei „eine Frage, die im Rahmen der Nachbereitung sehr sorgfältig
überprüft wird“, erklärte das Innenministerium.
Auf Kritik stieß das Vorgehen des Bundespresseamts nicht nur bei
Journalistenverbänden sowie Grünen, Linken und FDP. Auch
SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann ging auf Distanz zum
Koalitionspartner. „Schwarze Listen von ‚gefährlichen‘ Journalisten zu
verfassen, ist mit der Presse- und Meinungsfreiheit nicht zu vereinbaren“,
erklärte er. „Wir wollen bei Pressefreiheit definitiv keine türkischen
Verhältnisse in Deutschland.“
12 Jul 2017
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
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