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# taz.de -- Betrugsverdacht bei VW-Tochter Audi: Der Trick mit dem Lenkrad
> Bei 24.000 Oberklasse-Autos soll der Konzern bei den Abgastests betrogen
> haben. Die Lenkwinkelerkennung hat dabei wohl geholfen.
Bild: Der Trick von Audi fußt auf der Lenkwinkelerkennung
Berlin taz | Diese Autos sind nicht nur schnell, groß und so teuer wie ein
einfaches Eigenheim in strukturschwachen Regionen, sondern auch der
Gewinnbringer schlechthin für die VW-Tochter Audi: Die Oberklassewagen der
Typen A7 und A8. Jetzt kam laut Bundesverkehrsministerium heraus: Bei
24.000 Fahrzeugen der Baujahre 2010 bis 2013 mit V6- und V8-Motoren hat der
Konzern bei den offiziellen Abgastests betrogen.
Die erste Konsequenz: Die Münchener Staatsanwaltschaft hat ihre
Ermittlungen beim Autobauer Audi wegen mutmaßlichen Abgas-Betrugs
ausgeweitet. Sie ermittelt jetzt nicht nur wie bisher wegen
Fahrzeugverkäufen in den USA, sondern auch in Deutschland.
Das Bundesverkehrsministerium hatte Audi am Donnerstagabend vorgeworfen, in
den Fahrzeugen eine illegale Software eingesetzt zu haben. Demnach ist der
Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stickoxide (NOx) im realen Betrieb
zweimal höher als auf dem Prüfstand.
Der Trick von Audi fußt auf der Lenkwinkelerkennung. Weil auf dem Prüfstand
die Fahrzeuge nur geradeaus oder mit geringen Winkeln gefahren werden, kann
die Software erkennen, dass sie sich nicht auf einem Prüfststand befindet,
wenn der Lenkwinkel größer wird – so wie es auf der Straße ständig
vorkommt, beispielsweise schon beim Ausparken. In diesem Fall wird die
Abgasreinigung heruntergefahren, um die Motorleistung zu erhöhen und
seltener das Abgasreinigungsmittel Adblue nachfüllen zu müssen. Werde die
Lenkung um mehr 15 Grad eingeschlagen, erhöhten laut Ministerium die
Emissionen.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, VW-Konzernchef
Matthias Müller sei wegen des Falls bereits am Donnerstag im Ministerium
gewesen. Die Aufseher fordern einen Rückruf der Autos und verlangen bis zum
12. Juni Vorschläge, wie der Hersteller weiter vorgehen will.
## Nicht überraschend
Audi erklärte, man habe die Auffälligkeiten bei eigenen Untersuchungen
gefunden. Die betroffenen Dieselfahrzeuge würden zurückgerufen und eine
neue Software erhalten.
Herbert Behrens, Chef des Abgasuntersuchungsausschusses des Bundestages,
kritisierte Dobrindt scharf. „Alexander Dobrindt ist mit seinem Versuch,
aus dem Abgasskandal das Problem einiger weniger zu machen, gescheitert.“
Nicht überraschend sei, dass jetzt Modelle von Audi aufflögen. „Es werden
weitere Fahrzeuge dazukommen.“
Behrens forderte Dobrindt auf, „jetzt alle Fahrzeuge, bei denen Zweifel an
der Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen bestanden, von unabhängigen
Prüfern nachmessen zu lassen.“ Zusätzlich müsse die Software der
Motorsteuerung untersucht werden. „Diese Ergebnisse wie auch die
Messergebnisse der bisher nachgerüsteten Fahrzeuge müssen unverzüglich
offengelegt werden.“
Grünen-Fraktionsschef Anton Hofreiter warf Dobrindt „Kumpanei mit
Konzernbossen“ vor. „Verkehrsminister Dobrindt verkündet nur, was ohnehin
nicht mehr zu vertuschen ist.“ Der Dieselskandal müsse lückenlos und
konsequent aufgearbeitet werden. „Nur dann kann die deutsche Autoindustrie
unbelastet und mit neuer Energie in die Zukunft starten.“
Der Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen und die Debatte um mögliche
Fahrverbote in Großstädten scheint mittlerweile bei der Kundschaft
anzukommen. Der Anteil der Diesel an den Neuzulassungen in Deutschland lag
im Mai bei 40 Prozent, knapp sechs Prozentpunkte weniger als vor einem
Jahr.
2 Jun 2017
## AUTOREN
Richard Rother
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Schwerpunkt Klimawandel
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