| # taz.de -- Studie über die „Deutsche Wohnen“: Wohnen beim Discounter | |
| > Mehr Interesse an hohen Renditen als an guten Wohnungen: Ein Gutachten | |
| > der Linkspartei attestiert dem Konzern maximales Profitinteresse. | |
| Bild: Die deutsche Wohnen hat besonders viele Wohnungen mit einfachem Standard | |
| Berlin taz | Karl Marx wäre sicher zufrieden mit dem Ansatz der | |
| Linkspartei. Um Politik zu gestalten, braucht es Verständnis der Ökonomie | |
| und des Kapitals, war das Credo des Altmeisters. Mit einer Studie über die | |
| wirtschaftlichen Verhältnisse des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen AG | |
| versucht die Linke genau das. Vorgestellt wurde das Papier am Montag durch | |
| Vertreter der Fraktionen in Abgeordnetenhaus und Bundestag sowie | |
| Studienautor Heinz-Josef Bontrup, Wirtschaftswissenschaftler an der | |
| Westfälischen Hochschule. | |
| Die Deutsche Wohnen ist mit etwa 110.000 Wohnungen – 4.000 wurden in diesem | |
| Jahr bereits dazugekauft – Berlins größtes privates Vermietungsunternehmen; | |
| Bontrup attestiert ihr eine „marktmächtige“ Stellung“. Durch Aufkauf des | |
| Bestands der ehemals städtischen Wohnungsgesellschaften Gehag und GSW sind | |
| darunter viele Wohnungen mit einfachem Standard und einkommensschwachen | |
| Mietern. | |
| Und gerade diese beklagen sich massiv über ihre Vermieterin. Steffen | |
| Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Berliner Linksfraktion, spricht | |
| von einer „Ballung“ von Hinweisen auf merkwürdiges Vermietungsgebaren“ �… | |
| Anlass der Studie. Was das konkret bedeutet, etwa für Mieter in der | |
| Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg oder im Falkenhagener Feld in Spandau, | |
| darüber berichtet der Stadtsoziologe Andrej Holm, inzwischen | |
| Fraktionsberater. | |
| So setze das Unternehmen auf systematische Mieterhöhungen, oft über dem | |
| Niveau, das der Mietspiegel erlaubt. Gleichzeitig ist die Politik durch ein | |
| Desinvestment gekennzeichnet: kaputte Heizungen und Schimmel gehen einher | |
| mit mangelndem Service. Holm nennt das „Strategie des Discountwohnens“. | |
| Saniert wird, oft ohne die Wohnqualität zu erhöhen, aber um hohe | |
| Mietsteigerungen durchzusetzen. | |
| ## Interessen der Sharholder | |
| Die „mieterfeindliche Politik“ (Holm) ist durch Betroffene, die immer öfter | |
| den Weg in die Öffentlichkeit suchen, bekannt. Der Konzern selbst ist es | |
| dagegen kaum. Die zweitgrößte Immobiliengesellschaft Deutschlands ist im | |
| Besitz von Shareholdern: Bis Ende vergangenen Monats waren 337 Millionen | |
| Aktien ausgegeben. Und die Anteilseigner erwarten Rendite. 18 Prozent | |
| wurden in den vergangenen Jahren ausgeschüttet – schon ein Drittel davon | |
| nennt Bontrup „unanständig“. | |
| Der Unternehmensgewinn, der das ermöglicht, stehe vor allem auf dem Papier, | |
| analysiert er. Die Bilanzsumme der AG ist seit 2014 durch die Umstellung | |
| von deutschem auf internationalen Standard, der auf einer aktuellen | |
| Bewertung der Marktpreise basiert, enorm gestiegen. Ausgewiesen wurde für | |
| 2015 ein Jahresüberschuss von 1,8 Milliarden Euro, das bereinigte, reale | |
| Ergebnis beträgt dagegen nur 51 Millionen. Der Prüfer kommt zu dem Schluss: | |
| Die ausgeschütteten Renditen gehen auf Kosten der Substanz des | |
| Unternehmens, es werde „ausgeblutet“. | |
| Dies hat Folgen für die Mieter: „Wenn die Deutsche Wohnen diese Strategie | |
| weiterführen will, braucht sie heftige Preissteigerungen im Markt“, so | |
| Bontrup. Hier liege „sozialer Sprengsatz“. Und die Gegenmittel? Der | |
| Wissenschaftler verweist auf den Aufsichtsrat, dem – trotz | |
| Mitbestimmungsgesetz – Arbeitnehmervertreter fehlen. Hier lohne es sich, | |
| eine Klage zu prüfen. | |
| Derweil fordert die Linke eine verschärfte Mietpreisbremse, überarbeite | |
| Mietspiegel, die nicht automatisch zu Preisanstiegen führen, besseren | |
| Kündigungsschutz, das Verbot von Share Deals und den Wiedereinstieg in den | |
| sozialen Wohnungsbau – alles Bundespolitik. In Berlin bleibe der Eingriff | |
| über Milieuschutzgebiete und das Vorkaufsrecht. Eine Enteignung hat die | |
| Deutsche Wohnen also nicht zu befürchten. | |
| 10 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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