# taz.de -- Forderungen für sozialen Wohnungsbau: Tropfen auf den heißen Stein | |
> Das Bündnis Wohnungsbau fordert 400.000 neue Wohnungen, davon jedoch nur | |
> 80.000 Sozialwohnungen. Man wolle realistisch bleiben. | |
Bild: Residenz in bester Wohnlage. Ein paar davon kommen noch dazu | |
BERLIN taz | In den Ballungsräumen haben inzwischen 35 bis 50 Prozent der | |
privaten Haushalte Anspruch auf eine Sozialwohnung. Zu diesem Ergebnis | |
kommt das Pestel-Institut in einer Studie für das „Verbändebündnis | |
Wohnungsbau“, in dem sich Immobilienverbände, die Industriegewerkschaft | |
Bauen-Agrar-Umwelt und der Deutsche Mieterbund zusammengeschlossen haben. | |
Am Donnerstag stellte das Verbändebündnis die Studie und seine politischen | |
Forderungen in Berlin vor. | |
„Derzeit ist es eine Lotterie, eine Sozialwohnung zu bekommen“, sagte | |
Matthias Günther vom Pestel-Institut. Aktuell sind nur 6 Prozent der | |
Mietwohnungen Sozialwohnungen. Während zu wenige neu gebaut werden, fallen | |
jedes Jahr Zehntausende aus der 20 Jahre dauernden Sozialbindung heraus. | |
Allein in der letzten Legislaturperiode gingen rund 210.000 Sozialwohnungen | |
verloren. Gleichzeitig ist durch den Niedriglohnsektor die Zahl der | |
Berechtigten und Bedürftigen angewachsen. Selbst eine alleinerziehende | |
Kita-Leiterin mit zwei Kindern hat einen Anspruch auf einen | |
Wohnberechtigungsschein. | |
Dennoch sollen nur 80.000 der 400.000 Neubauwohnungen, die das | |
Verbändebündnis fordert, Sozialwohnungen sein. Man habe realistisch bleiben | |
wollen, sagte Axel Gedaschko vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und | |
Immobilienunternehmen (GdW) zur Begründung. Außerdem brauche die | |
„Bauindustrie einen Flow, der sich über Jahre erstreckt, nicht einen | |
kurzfristigen Hype“. | |
Insgesamt zeigte sich das Bündnis mit dem Ergebnis des Koalitionsvertrags | |
von Union und SPD beim Thema Bauen zufrieden. „Der soziale Sprengstoff, der | |
darin liegt, ist endlich erkannt worden“, sagte Stefan Thurn vom | |
Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB). Bei Sozialwohnungen will | |
sich der Bund, anders als bisher geplant, auch nach 2019 an der Förderung | |
beteiligen. Zur Größenordnung heißt es dort allerdings: „Der soziale | |
Wohnungsbau muss mindestens auf heutigem Niveau verstetigt werden.“ 2016 | |
waren 24.550 Sozialwohnungen neu errichtet worden. | |
Der Bund soll öffentliches Bauland preisgünstiger zur Verfügung stellen, | |
Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt, Wohneigentum gefördert und die | |
Innenstädte verdichtet werden, fordert das Verbändebündnis. Interessant ist | |
insbesondere die Position zur sogenannten Sonder-AfA, einer höheren | |
steuerlichen Abschreibungsmöglichkeit für Neubauten. In der letzten | |
Legislaturperiode war dieses Vorhaben an der SPD-Fraktion gescheitert, | |
weil sich Union und Immobilienverbände nicht zugleich auf eine Begrenzung | |
der Miethöhe festlegen wollten. Jetzt befürwortet das Bündnis im Gegenzug | |
für eine steuerliche Förderung regionale Mietobergrenzen beim Neubau. Auf | |
die Höhe der Mieten wollte man sich auf Nachfrage aber nicht festlegen. | |
Noch in der letzten Woche hatte eine Studie eines anderen | |
Immobilienlobbyverbandes, des ZIA, für Aufsehen gesorgt. Darin heißt es, | |
die Zeiten der „stürmischen Entwicklung der Wohnungsnachfrage“ seien in | |
„München, Berlin und Stuttgart zu Ende gegangen“. Schließlich habe sich d… | |
Zuwanderung durch Flüchtlinge und aus dem EU-Ausland in diese drei Städte | |
deutlich vermindert. Dennoch seien die Mieten etwa in Berlin 2017 um 7,6 | |
Prozent gestiegen, die Kaufpreise noch stärker. Diese Entwicklung werde | |
sich aber nicht weiter fortsetzen, prognostiziert die ZIA-Studie. Axel | |
Gedaschko winkte jetzt in Berlin ab: „Die Diskussion um eine | |
Immobilienblase betrifft nur das Hochpreissegment.“ | |
1 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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