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# taz.de -- Volksentscheid Fahrrad: „Die Zeit rennt uns gerade davon“
> Die Initiative Volksentscheid Fahrrad sucht mit einem Aufruf
> Rechtsanwältinnen und -anwälte. Ist dies ein Hilferuf oder eine
> Provokation?
Bild: Rechtsbeistand dringend gesucht: Volksentscheid Fahrrad bereitet sich auf…
taz: Frau Stark, die Initiative Volksentscheid Fahrrad hat gerade einen
Aufruf gestartet: Sie sucht Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sie im
Rahmen des sogenannten Radgesetz-Dialogs mit der Senatsverkehrsverwaltung
und den Koalitionsfraktionen mit Sachverstand unterstützen. Hat sich auf
Ihren Hilferuf schon jemand gemeldet?
Kerstin Stark: Meines Wissens bisher noch nicht. Ich würde es auch nicht
unbedingt als Hilferuf bezeichnen, eher als Aufruf.
Oder einfach als eine Provokation?
Nein, wir meinen das durchaus ernst, weil wir mit unseren Kapazitäten
mittlerweile an Grenzen stoßen. Aber natürlich ist es auch eine Kritik
daran, dass der ganze Prozess zur Entwicklung eines Mobilitätsgesetzes
nicht gut gemanagt und unzureichend mit Ressourcen ausgestattet ist. Der
Senat will ja etwas Gutes umsetzen, und wir erleben auch in den
Verhandlungen Respekt und gegenseitiges Zuhören. Trotzdem fühlen wir uns
allmählich ausgenutzt. Sowohl der ADFC als auch wir arbeiten schließlich
rein ehrenamtlich mit.
Wie muss man sich denn die Arbeitsweise des Dialogs vorstellen?
Bei den regulären Treffen, von denen bislang sieben stattgefunden haben,
tagen wir jeweils drei bis vier Stunden in den späten Abend hinein mit rund
fünfzehn Leuten, Herr Kirchner als Verkehrsstaatssekretär moderiert das.
Dann gibt es aber auch noch die Ebene der Arbeitsgruppen: Das sind
zusätzliche Termine, die entweder sehr früh oder meistens am Abend
stattfinden, d.h. vor oder nach dem regulären Job. Auch daran nehmen
Vertreter aller beteiligten Gruppen teil, leider nicht alle. Die
Einrichtung dieser Arbeitsgruppen haben wir vorgeschlagen, weil es aus
unserer Sicht sonst nicht realistisch gewesen wäre, im anvisierten Zeitraum
ein neues Gesetz zu formulieren. Aber in den Gruppen fehlt zum Teil
juristische Expertise.
Bei ihrem eigenen Radgesetzentwurf musste die Initiative erleben, dass es
in Teilen von den durch die Senatsverwaltung beauftragten Gutachtern
zerpflückt wurde.
Dazu muss ich bemerken, dass es möglich war, für zigtausende Euro ein
externes Gutachten einzuholen, das nur prüft, was nicht geht. Wenn es jetzt
darum geht, Expertise einzuholen, um ein bestmögliches und wasserdichtes
Gesetz zu formulieren, wird es verwehrt. Wir wollen, dass das neue Gesetz
von vornherein gerichtsfest ist. Auch der ADFC stellt zwar einen
Rechtsexperten, aber die Arbeit in den unterschiedlichen Gruppen kann eine
Person alleine nicht abdecken.
Und der Zeitplan ist ambitioniert: Bis zum 4. April soll der
Referentenentwurf für das Radgesetz fertig sein. Lässt sich das einhalten?
Das versuchen wir, aber wir sind sehr skeptisch, zumal sich manche
Mitarbeiter der Senatsverwaltung mit der Teilnahme an den Arbeitsgruppen
vornehm zurückhalten. Wir brauchen auch mehr Commitment von allen
Beteiligten.
Der fertige Entwurf muss dann vom Senat beschlossen werden und den
parlamentarischen Prozess durchlaufen. Eigentlich soll das Gesetz im
Oktober vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden. Wenn die erste Phase
jetzt länger dauern sollte, lässt sich das wieder aufholen?
Unsere Befürchtung ist, dass sich dann der gesamte Prozess verlängert. Der
Zeitplan ist sehr eng getaktet, die Osterferien und die Sommerferien kommen
uns dazwischen, die Ausschüsse tagen nur zu bestimmten Terminen. Die Zeit
rennt uns gerade davon, und wenn es jetzt mit Anfang April nichts wird,
halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass es mit dem Gesetz in diesem
Jahr noch klappt.
Um einmal auf die inhaltliche Ebene zu kommen: Wo hakt es da und wo geht es
gut voran?
Für eine meiner Arbeitsgruppen, in der es um die Themen Mängelmeldung und
Instandhaltung von Radwegen geht, sind wir sehr gut vorangekommen. Mit
Canan Bayram von der Grünenfraktion haben wir auch eine Abgeordnete in der
Gruppe, die ausgesprochen aktiv mitarbeitet. Als ein Knackpunkt zeichnet
sich dagegen ab, unsere Forderung nach sicheren Radwegen an allen
Hauptstraßen duchzubringen, auf denen gerade auch weniger routinierte
Radfahrende sowie Kinder ausreichend vor dem Autoverkehr geschützt sind.
Noch mal zurück zu Ihrem Aufruf: Beschädigt es nicht die Vertrauensbasis
zwischen Ihnen und der Verwaltung, wenn Sie zu solchen Mitteln greifen?
Das ist sicherlich eine Gratwanderung. Wir sind da hin- und hergerissen,
denn natürlich ist die Senatsverwaltung in vielen Dingen auch auf uns
zugekommen. Es reicht aber eben nicht aus, um unser gemeinsames Ziel zu
erreichen. Ich hoffe, diese Erkenntnis setzt sich bald auch bei den anderen
Beteiligten durch.
21 Mar 2017
## AUTOREN
Claudius Prößer
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